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3.2 Krise des Aktionsbilds

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Krise des Aktionsbilds. Diese Frage nach Bewegung, Intervall, Affekt und Aktion ist nämlich keineswegs marginal, und auch das Problem, inwiefern der Affekt zum Ausdruck wird, um die Bewegung wiederherzustellen, nicht gerade nebensächlich. Es wird sich erneut stellen, wo sich Fragen an Wim Wenders und Beziehungen von Bewegung und Affekt richten lassen, die sich in seinen Filmen zeigen. Ebenso wird dieses Problem eine Rolle spielen, wo es um die Beziehungen von "analogen" und "digitalen" Zeichen geht. Und doch setzt es früher ein – nämlich dort, wo sich die Krise des Aktionsbildes im Hollywood-Film zuträgt.

In bestimmter Hinsicht beschreibt diese "Krise" den Horizont vieler Begriffe, die Deleuze vorschlägt, und seine Taxonomie stellt nicht zuletzt den Versuch dar, dieser "Krise" eine andere Wendung zu geben. Doch auch, wenn es überraschend klingt, so stellt Deleuze zunächst die Frage, ob diese "Krise" den Aktions-Film nicht von Anfang an befallen hatte. Ist es überhaupt möglich, einen Film zu machen, der alle anderen Bildtypen aus sich ausschließt oder sie in reine Aktionsbilder übergehen läßt? "Wäre denn eine Krise des Aktionsbildes überhaupt etwas Neues? War sie nicht für den Film ein Dauerzustand? Außerhalb der Handlung stehende Episoden, tote Zeiten zwischen den einzelnen Handlungen, ja ein ganzes Ensemble von hinzukommenden oder eingeschobenen Aktionen, die durch die Montage nicht weggeschnitten werden konnten, ohne den Film zu entstellen (daher die zweifelhafte Macht der Produzenten), waren zu allen Zeiten integraler Bestandteil auch des reinen Aktionsfilms." 28 Deshalb besteht die Aufgabe zunächst nicht darin, zu zeigen, daß dem Aktionsfilm etwas "fehlt", was ihm zurückgegeben werden müßte: die "Menschlichkeit" etwa oder die "Kunst". Noch weniger geht es darum, ihn anzuklagen, sozusagen in fremdem Auftrag hergestellt zu werden – etwa im Namen politischer, ökonomischer oder militärischer Interessen. So viele Belege sich gewiß dafür finden ließen, so sehr müßte all dies auf eine Ideologiekritik hinauslaufen und überdies die Frage provozieren, in wessen "Auftrag" der Film statt dessen zu stehen habe. Eine Ideologiekritik würde die Ordnung der Bilder jedenfalls ebenso wenig erreichen wie Postulate "der Kunst" oder eines "künstlerischen Films"; schon gar nicht hilft die Berufung auf den "Autorenfilm" aus der Sackgasse heraus. Denn ist es nicht von Anfang an ein bestimmter "Autor", der die Welt zum Binom eines Duells verdichtet?


Uploaded Image: pfeil.gif 3.3 Krise des Aktionsbilds

  28 Deleuze I, S.275.






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