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4.9.2 Die Intrige

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Die Intrige. So sehr es auf der Suche nach sich ist, so sehr würde sich das Bewegungs- Bild noch immer wie von zwei Seiten umstellt sehen. Auf der einen Seite taucht der Horizont einer Heimkehr auf, in der sich die Bewegung Motiven einer gewissen Romantik zukehrt. Das Ende krümmt sich in einen Anfang zurück, an dem sich, wie in einer Erinnerung an Novalis, sagen ließe, "daß die Welt ein einziger Ort oder ein einziges Dorf wird." Zugleich drückt sich dieses "romantische" Motiv in einer Bewegung der Erinnerung und des Traums aus. Stets gibt es bei Wenders diese doppelte Bewegung, die auf sich ebenso zukommt wie zurückkommt, um im Tod des Kinos, am Ende der Bewegung die Frage nach dem Ort freizulegen...

Aber was schreibt die Grenzen der Bewegung vor? Ist es allein der traumatische Einschlag einer "nicht-erinnerbaren" Zeit, die jede Bewegung zur "falschen Bewegung" macht? Zumindest gibt es in den Filmen Wenders' noch eine andere Instanz, die das Bewegungs-Bild von dem trennt, was es ist. Es ist, als wäre die Kamera einer Intrige ausgesetzt, die ihr unausgesetzt streitig macht, allgemeines Äquivalent zu sein. Und tatsächlich gibt es eine Kehrseite der Bilder, die ihnen diese Grenzen vorschreibt und über ein Ende ihrer Bewegungen verfügen will. "Das Geld ist die Kehrseite all der Bilder, deren Vorderseite das Kino zeigt [montre] und sichtbar in Szene setzt [monte], so daß Filme über das Geld, wenn auch implizit, bereits Filme im Film oder über den Film sind. Genau dies ist der wahre 'Stand der Dinge': er besteht nicht im Ende des Films, wie Wenders sagt, sondern vielmehr, wie er zeigt, in einer konstitutiven Beziehung zwischen der Inszenierung des Films und dem Geld als dem Ganzen des Films. In The State of Things zeigt Wenders das unbewohnte und verwüstete Hotel sowie das Filmteam, von dem jeder in seine Einsamkeit zurückkehrt, als Opfer eines Komplotts, dessen Schlüssel woanders zu suchen ist; dieser Schlüssel wird im zweiten Teil des Films als Kehrseite enthüllt: er liegt bei dem Produzenten, der sich in seinem Wohnwagen auf der Flucht befindet und sich umbringen wird, dabei den Tod des Filmemachers verschuldet, wobei eindringlich gezeigt wird, daß es im wechselseitigen Austausch zwischen Kamera und Geld Äquivalenz oder Gleichheit weder gibt noch jemals geben wird. Es ist genau dies, der alte Fluch, der den Film untergräbt: Geld ist Zeit. Wenn es wahr ist, daß die Bewegung als Invariante eine Gesamtheit von Austauschvorgängen, eine Äquivalenz oder eine Symmetrie stützt, dann ist die Zeit von Natur aus die Verschwörung des ungleichen Austauschs oder die Unmöglichkeit einer Äquivalenz. Gerade deswegen ist sie Geld: von den beiden Marxschen Formeln steht W–G–W für die Äquivalenz, G–W–G' jedoch für die unmögliche Äquivalenz oder den unechten, dissymetrischen Austausch." 53
Kein Film also ohne Geld. Aber diese "Inter-Medialität", in der sich die Abhängigkeit eines Mediums von einem anderen unter Beweis stellt, ist keine nur "äußere" Bedingung des Filmemachens. Denn "Geld ist Zeit". Im gleichen Umfang, in dem sich das Geldmedium der Zeit bemächtigt hat, also die Zeit kontrolliert und determiniert, wird der Film von sich selbst getrennt – und zwar insofern, als er selbst wesentlich in der Frage nach dem Zeit-Bild besteht.

Uploaded Image: pfeil.gif 4.9.3 Der "Autor"

  53 Deleuze II, S.107.






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