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5.9.3 Die Differenz der Zeit

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Und dies siedelt das Problem auf einer anderen Ebene an. Das Außen des reinen Einschnitts durchquert alle Module gleichermaßen, die aus ihm hervorgehen – das "Analoge" ebenso wie das "Digitale", von denen Semiologie und Medientechnologie sprechen. Doch eben dies ist auch die Nahtstelle, an der sich ein anderer Begriff des Digitalen zu erkennen gibt. Das Digitale verweist eben nicht auf eine spezifische Materialität, in der es sich niederläßt; wenn es in elektronischen Schaltkreisen zirkuliert, dann gehorcht dieser einer Ökonomie der Zeit, nicht ihrer kristallinen AChronologie. Aber insofern manifestiert sich in ihnen auch, was bei Bergson "reine Dauer" heißt: "Die reine Dauer erweist sich als ein rein innerliches Nacheinander [succession] ohne Äußerlichkeit..." 88 Damit stellt sich nicht nur die Frage nach "innen" und "außen" anders; vor allem legt eine Taxonomie des Bewegungs- und Zeit- Bilds den nicht-adressierbaren Ort frei, an dem mit den neuen Bilder auch neue Zeichen auftauchen werden. Ganz so, wie die reine Dauer keine Äußerlichkeit mehr hat, hält Deleuze auch für die "neuen" Bilder fest: "Die neuen Bilder haben nichts Äußeres (kein hors-champ) mehr und gehen in kein Ganzes mehr ein; vielmehr haben sie eine Vorderseite und eine Rückseite, die sich umkehren, aber nicht übereinander legen lassen; sie verfügen gleichsam über die Fähigkeit, sich um sich selbst zu drehen. Sie sind Gegenstand einer fortlaufenden Reorganisation, bei der ein neues Bild aus einem beliebigen Punkt des vorhergehenden Bildes entstehen kann. Die Raumorganisation verliert damit ihre privilegierten Richtungen – allen voran das Privileg der Vertikalen, von dem nach wie vor die Position der Leinwand zeugt – zugunsten eines ungerichteten [omnidirectionnel] Raums, der unaufhörlich seine Winkel und Koordinaten verändert, seine Vertikalen und Horizontalen austauscht. Und selbst die Leinwand, auch wenn sie immer noch vertikal aufgehängt ist, scheint nicht mehr auf die Position des Betrachters zu verweisen, wie dies bei einem Fenster oder auch bei einem Bild der Fall ist, sondern stellt eher eine Informationstafel dar, eine undurchsichtige Oberfläche, auf der die 'Daten' verzeichnet sind. Information tritt an die Stelle der Natur, und die Überwachungszentrale, das dritte Auge, ersetzt das Auge der Natur. (...) In jeder Hinsicht verweist der geistige Automatismus auf neue psychische Automaten." 89

Uploaded Image: pfeil.gif 5.9.4 Automaten

  88 Gilles Deleuze: Bergson zur Einführung, ebd., S.53.
89 Deleuze II, S.338f.






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