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13 Salonièren



Autor: Antje Eske
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Ähnlich dem Austausch im Internet weist die 200 Jahre währende französische Salonkultur des 17. und 18. Jahrhunderts, mit ihren grundlegenden Vorläufern in der Renaissance, die Suche nach neuen Formen menschlichen Umgangs auf, mit sich daraus ergebenden weitreichenden Folgen und kulturellen Auswirkungen. Anhand der folgenden 13 Kurzportraits wird die Rolle, die Frauen in diesem Zusammenhang spielten, verdeutlicht:
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Den Beginn der Salonièren-Runde macht Elisabetta Gonzaga, 1471 als Tochter des Herrschers von Mantua geboren. Sie heiratete 1488 den Herzog von Urbino, Guidobaldo da Montefeltro. Ihre Ehe blieb kinderlos. Die Zeiten waren unruhig, was allein daran deutlich wird, dass zu ihren Lebzeiten fünf mal der Pabst wechselte. Elisabetta
Gonzagas großes Verdienst ist es, mit der Sala delle Veglie in Urbino einen Ort geschaffen zu haben, an dem Frauen und Männer, Adelige und Patrizier ungezwungen miteinander umgehen konnten. Bezugnahme und spielerische Auseinandersetzung, Gedankenfreiheit und Höflichkeit im Palazzo Duccale lassen das Menschenbild der Renaissance, auch durch die Aufzeichnungen Baldesar Castigliones, bis heute lebendig bleiben. In Elisabetta Gonzagas Musenhof entwickelten sich salonière Strukturen zwischen 1503 und 1508, da zu der Zeit ein Verwandter der Montefeltros, Guiliano della Rovere als Julius II. Pabst war und Urbino so zu einem Anziehungspunkt wurde. Ihr Musenhof ist grundlegend für die 200jährige französische Salonkultur. Wegen der vielen Machtverschiebungen zu ihrer Zeit verlief ihr persönliches Leben schwierig und sehr bewegt.

100 Jahre später wird Catherine de Rambouillet durch ihre italienische Mutter und ihren französischen Vater die lebendige Verbindung zwischen den italienischen Musenhöfen der Renaissance und den aufkommenden französichen Salons. Sie wurde, 1589 geboren, 12jährig mit dem doppelt so alten Charles d´Angennes verhei-
ratet und hatte bis zu ihrem 22 Lebensjahr bereits ihre sechs Kinder geboren, als sie 1610 ihren ersten Salon in Paris eröffnete. Ihr Verdienst war es, die nach 35 Jahren Religionskriegen verrohten Männer durch das Lebensideal der Galanterie wieder salonfähig zu machen. Der Umbau ihres Stadtschlosses durch einen für die Geselligkeit geeigneteren Zuschnitt, ihre Empfänge im Bett, in dem sie sich vor der Kälte aufgrund einer Wärmeallergie schützte und ihr Freundschaftskult wurden für zwei Jahrhunderte stilbildend. Ihre Lösungsbestrebungen vom Hof des für sie grobschlächtigen Heinrich IV. deckten sich später mit den Interessen des frondierenden Ritterstandes, der gegen Macht- und Privilegienverluste durch den Hof aufbegehrte. Dem Hotel de Rambouillet waren 42 Jahre Wirkungszeit beschieden.


Madeleine de Scudery wurde 1607 geboren. Italienischer Abstammung, hatte sie früh ihre Eltern verloren und sich ihrem Bruder angeschlossen, mit dem sie bis zu ihrem 50. Lebensjahr zusammenlebte. Er führte sie auch in das Hotel de Rambouillet ein, über das sie den 10bändigen Schlüsselroman „Arta-mène ou le grand Cyrus“
schrieb. 1649 eröffnete sie ihren eigenen Salon, ihre samedis und baute dort das Ideal der Préciosité systematisch und weniger aristokratisch aus. Es ging den beteiligten Frauen um Möglichkeiten eines selbstbestimmten Lebens und Teilhabe an der Bildung. Lebens- und Rollenentwürfe wie „weltliche Ehelosigkeit“ oder „entsagungsvolle Liebe“ wurden diskutiert und gelebt, die Gefühleskala zwischen Männern und Frauen mit Hilfe der „Carte du tendre“ erweitert. Diese emanzipatorischen Bestrebungen riefen die männliche Welt auf den Plan. Mit Hilfe von Propaganda-Spezialisten wie Molière - der „les précieuses ridicules“ schrieb - wurde Madeleine de Scudery nachhaltig lächerlich gemacht. Dennoch ist sie die französische Salonière, die das weitreichendste Potential für emanzipatorische, gesellschaftliche Veränderungen in Gang gesetzt hat.

Anne Marie de Montpensier, Enkelin Maria Medicis und Heinrich IV., Cousine Ludwig XIV., geb.1627, war auch Habitué im Hotel de Rambouillet. Durch die Kultur der Gesprächsspiele wurden ihr dort Lektüre und eigenes Schreiben nahegebracht und sie konnte so ihre geringe Bildung ausgleichen. Durch Be-
teiligung an der Fronde und Zu
sammenarbeit mit dem „Großen Condé“ fiel sie bei Hof in Ungnade und wurde zeitweilig auf ihre Landgüter verbannt. Eine von Ludwig XIV. verweigerte Ehe mit dem Herzog von Lausun, die sie nach 10 Jahren durchsetzte, wurde zum Desaster. In ihrem Salon, im Palais de Luxembourg, machten Gespräche über die „Anatomie des Herzens“, über Literatur und Moral, Dichterlesungen, Autorendispute, Charaden und Theateraufführungen die Unterhaltung aus. Das „Portraitmalen“, die Selbstdarstellung oder Darstellung anderer mit Worten, die schon bei Elisabetta Gonzaga bekannt war, erreichte in ihrem Salon seinen Höhepunkt. In dem Band „Divers portraits“, den sie in einer Auflage von 30 Stück für die Beteiligten drucken lässt, knüpft sich ein Band kreuzender Linien zwischen den 59 Portraitierten.


Ninon de Lenclos, geb. 1616, ist als Mensch hinter dem Mythos, der sich um sie rankt und an dem sie sicher nicht ganz unschuldig ist, schwer zu erkennen. Sie steht als Kurtisane im Lexikon, soll drei Sorten von Liebhabern gehabt haben: Märtyrer, Zahler und Lieblinge, wobei sie es war, die auf diejenigen zuging, die ihr gefielen. Ih-
re Liebschaften währten meistens ein Quartal. Als Mann verkleidet soll sie wie ein Postreiter nach Lyon geritten sein, um dort in ein Kloster zu gehen, wo sich der Kardinal ein wenig in sie verliebt habe. Soll den Abt von Gedoyn ein halbes Jahr vertröstet haben, weil ihr daran gelegen war, ihren achtzigsten Geburtstag in seinen Armen zu feiern. Alterslos, wählerisch, unabhängig, wild. Saint Evremont, ihr lebenslanger Freund preist ihre Freundschaft. Ihr Gelber Salon in der Rue Tournelles war viele Jahre hindurch Schule der Lebenskunst und des guten Benehmens, wobei Galanterie und Preciosité dort vom Esprit abgelöst wurden. Kein ausländischer Monarch auf Paris-Besuch versäumte es, bei ihr vorbeizuschauen. Der junge Ludwig XVI. soll häufig, wenn über etwas geredet wurde, gefragt haben: „Qu´ on dit Ninon?“, was sagt Ninon dazu?

Anne-Louise du Maine, geb. 1676, wurde mit einem Sohn Ludwig XIV. und der Montespan verheiratet. Sie wird als energisch, keck und unbezähmbar beschrieben. Zwar im Barock geboren, sei sie vom Scheitel bis zur Sohle ganz Rokoko-dame gewesen. In einem Schloß in der Champagne
glänzte ihr Salon mit ländlichen
Konzerten, venezianischen Tanzfesten, Frühstück im Freien oder galanten Unterhaltungen bei Lautenklang. Wer in ihren Pavillion d´Aurore aufgenommen werden wollte, musste ein „Examen“ bestehen: erst nach der Unterhaltung über ein Thema entschied sich, ob die Einladung erfolgte. Ihr Salon machte als „Les galères du bel esprit“ Geschichte. In den „Loteries poétiques“ ging dort ein Pompadour mit Losen herum, aus dem ein Buchstabe des Alphabets gezogen wurde: A bedeutete z.B. Arie oder Apotheose, O Ode oder Oper und S ein Sonett. Beim nächsten Zusammentreffen hatte das Werk fertig zu sein. Fünf Jahre wurde du Maine in die Verbannung geschickt, weil sie den Regenten mit Hilfe des spanischen Königs stürzen wollte. Im Anschluss daran feierte sie ihre glanzvollen Nächte in Sceaux weiter bis zu ihrem Tode.


Anne Thérèse de Lambert, geb 1647, schrieb schon als Mädchen ihre Eindrücke über das menschliche Herz nieder, weil sie großes Interesse an der Seelenerkundung hatte. Mit 18 Jahren wurde sie mit dem Marquis de Lambert verheiratet und fügte sich den Erwartungen ihres Mannes. Nach seinem Tod begann sie mit 39 Jahren
ihr zweites Leben. 1710 gründete sie ihr Hôtel Nevers im ehemaligen Palast Mazarin, von seinen Gästen auch „Zweites Rambouillet“ genannt. Sie empfing jeden Dienstag und Mittwoch eine Elite der vornehmen und literarischen Welt. Die in ihrem Salon vorherrschende Freiheit des Geistes wurde als „Lambertinage“ verspottet. Ihr Salon stand Damen aus unterschiedlichsten Kreisen offen. Voltaire mied ihr Haus, weil es ihm zu gelehrt war. Es hieß auch, dass nur ein von ihr protegierter Zeitgenosse Mitglied der Akademie francaise werden konnte. Die Modernität ihres Salons machte ihn zum begehrten Treffpunkt. Sein Ruf erstreckte sich über ganz Europa. Ihr Anliegen galt der Stellung der Frau in der Gesellschaft. Sie schrieb„Reflexi-on nouvelle sur les femmes“ und, für die damalige Zeit sehr tolerante, Texte über Kindererziehung.


weiter bei 13 Salonièren, 2. Teil

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