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Kreuzwege der Information


Kreuzwege der Information Kreuzwege der Information

Stanislaw Lem   08.06.1998

Totale Überwachung oder Anarchie?

Ich will hier kurz einige kritische Anmerkungen zu einem Artikel des beim französischen Centre National de Recherche Scientifique (CNRS) arbeitenden Forschers Philip Breton machen, der in einer der letzten Ausgaben der populärwissenschaftlichen Monatsschrift SCIENCE ET VIE unter dem Titel "Die Kommunikation zwischen Gut und Böse" veröffentlicht wurde.

Dieser Wissenschaftler zeigt zunächst rein technologische Trends auf, die heute in der Entwicklung der Netz- und Computertechnik anzutreffen sind. Er beruft sich, wie ich früher, auf den Dominikaner Dominik Dubarle und seinen Artikel über "Die Wienersche Maschine zum Regieren eines Staates" aus dem Jahre 1948 in Le Monde) und stellt einerseits Maschinen zur Datenverarbeitung vor, deren "elektronischer Urgroßvater" vor einem halben Jahrhundert ENIAC war (also immer schnellere Computer, die ihre Daten "terabytisch" zerkauen), sowie andererseits Mikrocomputer, die teilweise von Laptops abstammen, gegenwärtig aber so in ihrer "lokalen Anwesenheit" reduziert werden, daß dem Benutzer eigentlich fast nur noch die Tastatur bleibt. Die Arbeitsleistung wird dagegen einem Computernetz mit "elektroneuronalen" Knoten (die Server, die Prozessoren, die Betriebssysteme zum Downloaden etc.) übertragen. So sieht also das "Informations-Extrem" aus: entweder riesige Maschinen, die sich auf zentralistische Weisen der Daten und ihrer Verarbeitung bemächtigen, oder räumlich verstreute Geräte, deren Plazenta Netze werden.

Aus dieser von Breton ausführlicher geleisteten rein technischen Beschreibung leitet er die "Kreuzwege" der zukünftigen Möglichkeiten ab, die nicht nur einen ideologischen und wirtschaftlichen, sondern sogar einen politischen Charakter haben, da sie - nach seiner Auffassung - auf eine erschütternd radikale Veränderung der ganzen menschlichen Welt zulaufen. Wenn ich seine Vision vorstelle, muß ich aber von vornherein betonen, daß keine der von ihm progostizierten Extreme meiner Ansicht nach wirklich werden wird. Das ist nicht nur deswegen so, weil die "Bewaffnung" oder eher die "technische Ausrüstung", die zur Verwirklichung dieser oder jener extremen Alternative notwendig ist, kein allgemeines Gut aller die Erde bewohnenden Wesen (also einfach der Menschheit) sein kann. Der "Zivilisationszug", wie ich ihn zu nennen pflege, wird nämlich entsprechend der Beschleunigung der technischen und kommunikativen Errungenschaften immer größer, und der Gedanke, daß die Chinesen, die Inder, die Beduinen und der Rest der Dritten Welt überhaupt wirklich imstande sein werden, in die (nach Breton) auseinandergehende Infoschere einzutreten, stellt eine Utopie (oder eine Dystopie, also eine Anti-Utopie) dar. Weder das Bretonsche extreme "Böse" noch das "Gute" kann auf Grund einer trivialen Ursache verwirklicht werden: etwa Dreiviertel der Menschheit werden es sich einfach nicht leisten können, auf diesem vorhergesehenen Informationskreuzweg zu stehen und einen der Wege, die sich gegenseitig auszuschließen scheinen, zu beschreiten.

Die Faszination an diesem Bretonschen "Kreuzweg" ergibt sich daraus, daß er selbst in den Tiefen der Netz- und Computerproblematik lebt und die beschleunigte Expansion des Internets und anderer Netze sieht, deren zunächst spontane "Selbstorganisation", also Ausbreitung, jetzt aber durch das interessierte Kapital gesteuert wird. Er gerät in den seit langem bekannten Stil des verengten utopischen Denkens hinein. Und ähnlich wie diejenigen, die jeder der aufeinander folgenden Innovationsrevolutionen der Technik den Glauben schenkten und seit über einem Jahrhundert in der Dampf- oder Luftfahrt oder in der Astronautik die Zukunft der ganzen Erde sahen (wodurch sie in einer Gruppe von instrumentellen Handlungen die ganze Zukunft der Welt sahen), setzt er gewissermaßen "alle Hoffnungen und Befürchtungen" auf ein einziges Feld des futurologischen Weltroulettes. Diese Menschen irrten sich immer, da es einfach weder "ein einziges Feld" noch "einen einzigen Weg" für die ganze Menschheit gibt und geben kann. Dennoch lohnt es sich, über die vorhergesehene sozialpolitischen "Ideologisierung" der Informatikpotentiale zu sprechen.

Da haben wir einerseits eine Art ANARCHIE: eine totale Ausbreitung potentieller Verbindungen "aller mit allen" und in ihren "Innereien" die Ausbildung, die Ökonomie, das Gesundheitswesen mitsamt dem "Zusammenprall der Werte", der den Charakter des von Samuel Huntington prognostizierten "Clash of Civilizations" annehmen könnte. Diese Gleichstellung "aller Gleichen" dank der Interkommunikation kann bis zur Liquidierung jeglicher Zentralmächte und Regierungen führen und eine Erosion der Mono- oder Oligopolen sowie eine "Verschmierung" der Konzentration der Staats- oder Wirtschaftsmächte mit sich bringen, so daß schließlich ein vollständig "vernetzter" und computerisierter Planet in Erscheinung tritt. Einzelpersonen sitzen in ihren "Knoten" wie in Kokons und leben gleichzeitig gemeinsam und getrennt, weil jeder die Anwesenheit eines jeden oder einer jeden überall erleben kann. Aus der Zusammenfassung einer solchen Entwicklungsversion ergibt sich ein Bild des Verschwindens der "realen Realität" als einem Gegensatz zur "virtuellen Realität", wenn ersteres das Gleiche wie letzteres sein wird. Der Unterschied, um es so kurz wie möglich zu sagen, zwischen dem Realen und Virtuellen, dem Natürlichen und Künstlichen beginnt zu verschwinden - und das soll ein extremer Weg des Kreuzweges sein.

Während dieser Weg "superliberal" bis hin zum Anarchismus ist, scheint der entgegengesetzte Ausweg aus der entstandenen Alternative völlig anders zu sein. Statt zur Gleichstellung sollen wir, wieder kurz gesagt, zu einem hierachischen Zentralismus gelangen, statt einer Zerstreuung in einer globalen Anarchie begeben wir uns in einen "INFOMOLOCH", der zur Herrschaft kommt, weil er die die Verbindungen aller mit allen kontrollieren kann - nicht nur informativ als ein Ultrapostmann oder Bote und All-Sinnen-Medium, denn er wird letztlich nicht nur der Herrscher, sondern auch der Demiurg sein, wenn er selbst durch die Kontrolle der GENOME darüber entscheiden kann, welche Menschen in Zukunft geboren werden sollen.

Dieser Weg ermöglicht die Entstehung eines riesigen Orwellschen "Big Brother": eines Herren des Planeten, eines allgegenwärtigen Beobachters, Belauschers, Senders oder Aufsehers, obwohl er nicht unbedingt "nur das Böse" sein muß, das der französische Forscher wie einen Teufel an die Wand malte, um eine vereinfachende Veranschaulichung der Alternative zu geben.

Wir haben also ein Panorama vor uns: entweder eine "Gesellschaft der Allkommunikation", in der alle dank ihres potentiellen Zugangs gleichwertig sind - merkwürdigerweise geht damit die Träumerei von Norbert Wiener aus seinem in den fünfziger Jahren geschriebenen Buch "Human Use of Human Beings" in Erfüllung, die den anarchistischen Theorien von Bakunin aus der Zeit vor dem Ende des 19. Jahrhunderts ähnelt. Es ist eine sich "selbstregulierende" Gesellschaft ohne Staatsform, zerstückelt in kleinere, "sozialkompatiblere" Gruppierungen, verbunden durch ein globales Kommunikationsnetz. Oder es ist umgekehrt eine zentralisierte "allwissende" MACHT.

Diese beiden gegensätzlichen Versionen scheint mir gleichermaßen unwahrscheinlich zu sein - nicht nur aufgrund der obigen Anmerkung über die "Nichtausrüstung" aller Menschen, mit der ich die Hypothese der Zweiteilung eingeleitet habe. Es ist wahr, daß sich die Geschichte der modernen Kommunikationstechniken aus den Konflikten und Allianzen ergibt, die zwischen den genannten Tendenzen entstehen (Dispersion versus Konzentration). Große "Urcomputer" aus der Jahrhundertmitte sind durch den Antagonismus des Kalten Krieges, durch Tendenzen zur einseitigen Suprematie, entstanden und waren sowohl von den Zentren der militärischen Macht wie auch vom zivilen Großkapital erwünscht, das als Waffenproduzent nicht zivil sein mußte. Das war die Epoche des Pentagons, das mit International Business Machines (IBM) zusammenarbeitete. Als Reaktion auf diesen Trend die "Mikroinformatik" auf, die sogar eine Tendenz zur - noch nicht existierenden - NANOINFORMATIK hat. Dieses Phänomen war jedoch ein nicht sehr "erwünschtes Kind" des Kalten Krieges, weil das NETZ in seinen Grundlagen als ein Nachrichtenübermittlungssystem vorgesehen war, das ohne ein Zentrum (eine Zentrale) den Schlägen eines Atomkrieges standhalten sollte, weil, da es keinen KOPF besitzt, der Feind das Nichtexistierende auch nicht treffen und zerstören kann.

Aber das "anarchistische Potential" gab es bereits in diesem Projekt selbst, weil man gegenwärtig sieht, daß das Internet nicht sehr gut solchen Interventionen der Aufsicht oder auch der ZENSUR zu unterwerfen ist, die es der eigenen Prädisposition wegen ja erfolgreich abwehren sollte. Auf dieser "Abwehr" begründen die "Informatikanarchisten" ihre Konzeptionen. Bill Gates hingegen wünscht, da alle Informationen vor allem zu "aren" werden. Die Kommerzialisierung hatte ihn zum Milliardär gemacht, was jedoch mit Sicherheit nicht allen Menschen des Planeten passieren kann. Man sollte beachten, daß die Steuerung und die Bearbeitung des menschlichen Verstandes mittels Information bereits selbstverständlich geschieht. Eine "allgegenwärtige Propaganda" ist also bereits möglich.

Man muß auch sehen, daß das Kapital an einer kostenlosen Zugänglichkeit von egal welchen Informationen mit Sicherheit nicht interessiert ist und sich die Tendenz, die menschlichen Informationsressourcen zu Waren zu machen, bereits in der Welt manifestiert. Vergessen sollte man aber nicht, daß für die Menschen außer den Informationsträgern auch die "Träger" der Nahrung, der Energie, der Produktionsmitteln, der Rohstoffe: einfach der unbedingt notwendigen Materialien, die aus dem Planeten und seiner Umgebung gewonnen werden, unentbehrlich sind. Eine feste Beherrschung des Informationsmarktes durch auf verschiedene Weise erfolgreiche MICROSOFTS stellt eine Seite der Medaille dar.

Die andere Seite, die bisher zum Glück lediglich potentiell, obwohl bereits vorhergesehen ist, wären, wie sie Breton nennt, "Informations-Tschernobyle". Es geht darum, daß zukünftige Netze der globalen Nachrichtenübermittlung, die ohne Anzeichen des Chaos und der "Labyrinthartigkeit", wie sie durch die BESCHLEUNIGUNG ihrer Ausdehnung verursacht wurden (eine rationale Planung von Lösungen kommt hier nicht immer mit und ähnelt oft der "Feuerwehr" oder den Notfallhilfeeinsätzen eines Rettungsdienstes, der immer dorthin eilt, wo unvorhersehbare Defekte entstehen), sich als zerbrechlicher als das Internet erweisen könnten. Paradoxerweise könnten sie für Störungen um so anfälliger sein, je größere "Informationsmengen" sie übertragen, übermitteln und bearbeiten. Das ist eine noch etwas metaphorische Bezeichnung, aber ich habe bereits auch über die "INFORMATIONSMASSE" im wörtlichen Sinn geschrieben, weil sie sehr kostbare Dinge trägt. Deswegen kann auch nicht nur ein "Infoterrorismus" zu diesen neuen "Tschernobyls" führen: Eine weit größere Bedrohung kann proportional zum Ausmaß der wirtschaftlichen und politischen Macht entstehen, die zwecks Verfügung oder Lagerung den Netzen übertragen wird. Netze sollen nicht (zusammen mit ihren "Computerknoten") z.B. einfach öffentliche oder wissenschaftliche Bibliotheken ersetzen, sondern sie sollen alle Informationslager auf eine ausschließliche Weise ersetzen. Eine monopolisierende Konzentration kann auch in Netzen weder gesund noch völlig sicher sein.

So haben wir also ein Bild vor uns, das in seinen Extremen eher paradox erscheint. Entweder kommt es einer "kommunikationsdichten" und gleichzeitig stark individualistischen Gesellschaft, in der eine umfassende "Befriedung" eintritt, weil keiner jemandem "physisch" etwas Schlechtes antun kann und der Preis dafür eine tatsächliche Einsamkeit in einem elektronischen Kokon ist. Das Leben wird "virtuell", "phantomisiert", sein. Man kann im Louvre, im Himalaja, überall sein; man kann sogar "jeder" sein (es gibt "Computer- und Netzsüchtige", die über das Netz ihre eigenen fiktiven Persönlichkeiten - als Tarzan, Mädchen, Kaninchen ... - versenden), aber "tatsächlich" ist man ständig am gleichen Ort. Meines Erachtens ist das eine eher schlechte Science Fiction. Oder aber das Netz verbindet die Menschen nicht, sondern ist in der Macht irgendeines Monopolisten, steht über den Menschen und kann sie von allen Seiten steuern.

Mein Kritiker Andrzej Stoff bemerkte treffend, daß ich in der "Rückkehr von den Sternen" einen ziemlich gütigen "Großen Bruder" geschaffen habe, vielleicht einen elektronischen Moloch, der die Gesellschaft des Vaters Dubarle regiert. Er ist ein unsichtbarer "Elektrokrat", der im Roman "persönlich" überhaupt nicht anwesend zu sein scheint und sogar von den Romanhelden nirgendwo vermutet wird. Seine Existenz scheint sich jedoch logisch daraus zu ergeben, daß bestimmte Institutionen, z.B. das sogenannte "Adapt", kleinste Bewegungen oder Handlungen einer Person (des Helden, aber vielleicht nicht nur seine) - scheinbar ohne einzugreifen - unaufhörlich überwachen und kontrollieren können. Alles im Roman Beschriebene kann sich aus Zufall ergeben, alles kann lediglich schicksalhaft stattfinden, aber es gibt aber Stellen, an denen sich das Unbekannte, das Allwissen oder vielleicht sogar die Allmacht von jemandem, den man nicht kennt, fast unmerklich zu manifestieren scheint. ... Das geschieht übrigens schon als eine einzige deutlichere Vermutung des Helden gleich am Anfang der Erzählung passiert, als er von den Sternen auf die Erde zurückgekehrt, ohne sich zuerst in der Weltraumstation "Adapt" aufzuhalten. wie ihm vorgeschlagen wurde. Er kann zwar sofort auf der Erde landen, jedoch muß er deshalb in den Mäandern der technologisch für ihn völlig unverständlichen neuen Zivilisation umherirren, bevor er in einem Hotel landet - und die Behörden sehr gut über sein Umherirren Bescheid wissen...

Es ist lustig, daß ich mir diese unsichtbare, allgegenwärtige Kontrolle ausgedacht habe, die durch eine "Elektrokratie", also durch eine Maschine zum scheinbar sehr milden Regieren, verwirklicht wird, obwohl ich an sie nicht dachte. Das bedeutet, daß mir die Möglichkeit der von Andrzej Stoff dargestellten Interpretation der Romanhandlung nicht in den Sinn gekommen ist. "Es hat sich irgendwie selbst so geschrieben", und ich erinnere daran nicht deswegen, weil ich mich als einen guten Prognostiker zitieren wollte, sondern lediglich, weil die Fabel der "Rückkehr von den Sternen" zeigt, daß die "allgegenwärtige Elektrokratie" nicht von vornherein eine Orwellsche Tyrannei- oder Diktaturform sein muß. Sie kann mild, sie kann freundlich, sie könnte sogar unsichtbar sein - mit der Ausnahme von eschatologischen Situationen, in denen es sich gehören würde, zumindest für einen Augenblick als "elektronischer Schutzengel" zu erscheinen. Normalerweise aber würde niemand ihre Intervention merken. Und so ist aus dem Vorangegangenen zu schließen, daß wir uns nicht unbedingt zwischen den Extremen der von dem französischen Theoretiker genannten Alternative befinden. Wie es auch immer sein mag, so wird es jedenfalls anders sein, als er es sich vorgestellt hatte, weil wir uns zwischen dem Guten und dem Bösen in einer mehrdimensionalen Welt befinden, in der das Zufällige mit dem Unvermeidlichen völlig vermischt ist.

Auf jeden Fall sollte man den erfahrenen Spezialisten, die bis über beide Ohren im Dickicht der Informatik stecken, mißtrauen. Man sollte sich eher bewußt machen, daß jeder der uns aus der Geschichte bekannten Anfänge einer neuen, radikal grenzenlosen Möglichkeit, einer vielversprechenden technologischen Innovation, gleichzeitig Hoffnungen erweckte, daß gerade ihr die Rolle eines Erneuerers, eines Erweckers und sogar eines Erlösers der Menschheit aufgrund der völligen Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, also dank einer wunderbaren Vervollkommnung der so stark von sich selbst geplagten menschlichen Zivilisation, zufiele. Früher oder später werden die zu einseitig und zu heftig erweckten Begeisterungen und Erwartungen verblassen, Milliardengewinne werden sich verflüssigen, vielleicht auch der uns im bekannten Abschnitt der Geschichte so außerordentlich erfolgreiche Kapitalismus mit seinem Markt, mit dem Spiel von Angebot, der Schaffung von Waren und der Nachfrage. Er ist im Einspannen der Innovationen vor dem Kampfwagen der finanziellen und wirtschaftlichen Gewinne effizient und wird vielleicht auch diese nächste "Netz- und Informatikrevolution" überstehen und sogar einen großen Teil in die eigene Mühlen umlenken können.

Die Ausrufung einer neuer Epoche, eines New Age, ist jedoch eine zu einseitige, monokausale Übertreibung. Mindestens drei Viertel, wenn nicht vier Fünftel der Menschheit wird fast vollständig außerhalb des Bereichs der "Vernetzung" bleiben, und der wachsende Abstand zwischen dieser verarmenden und verhungernden Mehrheit und der scheinbaren "Netzwelt" (Worldweb) wird seine Folgen zeigen. Und doch soll und kann eine solche Kluft nicht die Bewohner der Erde definitiv in zwei Teile aufspalten! Datenverarbeitung sollte nicht eine Monomanie der Unterhaltung und der Arbeit, der Wirklichkeit und der Träume werden.

Wir dürfen nicht zulassen, daß sich alle menschlichen Angelegenheiten restlos den Informationsmächten unterwerfen, weil das auch entweder die Agonie oder das Ende der ständigen Umwandlung der Zivilisation mit ihren vielen Religionen, Traditionen und Kulturen bedeuten könnte. Träumereien der "digitalen Schwärmer" stellen weder das Ende der Geschichte noch den Anfang derart neuen Geschichte dar, daß alle Werte der nicht vernetzten Kulturen beim "Surfen" untergehen, alle Werte sich in den Providern verstecken müssen und jeder vom Server bedient werden soll. Man kann als Einzelperson die riesigen Mengen von Informationen, die Menschen bereits gesammelt haben, weder aufnehmen noch sie verdauen. Eher mit einer Dosis Skeptizismus, wenn auch nicht ohne eine Prise Vorsicht, sollte man die weitere Entwicklung dieses gerade auf die Welt gekommenen Wunderdings beobachten, das für unsere Großväter und Väter sicherlich das "Zeitalter der Herrschaft der Totalkommunikation" und des Netzes sein würde, das uns alle einfangen will.

Aus dem Polnischen von Ryszard Krolicki


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