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Mitschnitt vom 17.10.10

Autor: Mitschnitt und Fotos Antje Eske

17.10.2010 Konversation 2 im ZKM: Erfahrungen im Social Web: Second Life.

Beteiligte: Kurd Alsleben, Zorah Mari Bauer Tanja Döring, Gert Engel, Antje Eske, Torsten Juckel, Adam Rafinski, Karen Scholz, Roland Schröder-Kroll, Axel Sylvester, Chrisdian Wittenburg

Wir hatten überlegt, dass wir in Second Life gehen und uns dann darüber austauschen, was das mit Konversationskunst zu tun hat. Chrisdian, der Erfahrungen in Second Life hat, hat sich einen Aufbau überlegt, der irgendwo zwischen Vortrag (was er eigentlich nicht soll) und einer Art von Input liegt. Man sagt ja immer so schön, man verortet sich mit seinen Aussagen, meint er. Der runde, viergeteilte Tisch habe ihn dazu gereizt, ihn als kleines Gruppenabbild zu den sozialen Netzwerken zu nutzen. Er habe die Endpunkte dieser Achsen markiert mit: interessant bis uninteressant sowie wenig und viel. Seine Frage ist, wo die an der Konversation Beteiligten sich einordnen würden zum Thema Soziale Netzwerke, Spiele oder so. Ist das interessant oder uninteressant. Werden sie eher wenig oder viel genutzt.
Die Gruppe ordnet sich anschließend - in Bezug auf Second Life - in das Koordinatenkreuz ein. Herauskommt, dass alle Second Life eher wenig nutzen und es ein bisschen interessant finden. Die abschließende Frage Chrisdians ist, was das Ergebnis über die Gruppe aussagt, wobei auch möglich ist, dass dieses Ergebnis mit dem nachlassenden Hype von Second Life zusammenhängt. 2003 war es rausgekommen und 2006 quasi angenommen vonn den deutschen Medien.
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Chrisdian auf dem Weg ins Second Life

Chrisdian berichtet, dass in Second Life nie große Ansammlungen angetroffen worden seien und dass Geschlechtstausch wichtig zu sein scheint. Für Kurd ist die Frage von Bedeutung, ob diese Technik der Konversation hilft. Zorah Mari meint, dass hier nicht die Technik im Vordergrund steht, sondern dass es mehr eine Art virtuelles Leben sei, eine sehr soziale Angelegenheit. Second Life habe eine wichtige Funktion im Social Web gehabt, weil man da zum ersten Mal soziales Leben probieren konnte. Man habe dort Kompetenzen bekommen, die irgendwann mit der realen Dimension der Welt zusammengewachsen seinen. Chrisdian berichtet, dass es sehr mühselig sei, überhaupt ´reinzukommen und dass er es immer noch total langweilig und auf ´ne Art blöde findet. Aber seine Berichte darüber rufen bei anderen große Resonanz hervor, so selten er auch drin sei. ´Reingegangen sei er wegen der Avatare. Da er sich mit Behinderung auseinandersetze, sei ihm aufgefallen, dass in Second Life schöne neue Welt zu finden ist, ohne Leid und ohne Rollstulfahrer z.B. und er wollte einen behinderten Avatar entwickeln. Er schrieb für sich eine Nutzanwendung und nahm sich vor, behinderter Rollstuhlfahrer im Second Life zu werden. Das Programmieren ist ihm schwer gefallen, er hat erst nur ein großes Rollbrett hinbekommen und dachte sich, er sitzt in Second Life darauf und bettelt. Das traute er sich dann aber nicht. Chrisdian kennt behinderte Menschen, die in Second Life die Behinderung abwerfen oder z.B. als Tänzer und im Rollstuhl auftreten. Es gäbe also wohl Menschen, die das als Raum für eine Zweitidentität nutzen können, aber für ihn sei das ein Arbeitsraum. Das Thema Behinderung sei ein Großteil seines Lebens, es fing mit dem Zivildienst an. Er erzählt auch, dass es in Second Life eine ungewohnte Art des Verschwindens gibt. Zack ist der andere auf einmal weg. Roland meint dazu, dass man zumindest sieht, dass die andere Person weg ist. Das störe ihn immer so beim Chat, dass man nicht weiß, was los ist. Diese halbe Aufmerksamkeit, die man dem Gespräch so nur schenkt. Auf die Frage, was der Reiz an dieser Art Chat sei, ist die Antwort: überhaupt in Kontakt zu kommen. Chrisdian meint dazu, dass man aber auch in Second Life nie weiß, ob hinter dem Avatar ein realer Mensch ist, oder ob der sich grade woanders aufhält. Antje erinnert daran, dass im Real Life viel mehr Sinne bei der Wahrnehmung des Anderen beteiligt sind und erfährt darauf, dass es das auch im Second Life gäbe. Für ein Lächeln muss man sich z.B. eine Animation kaufen.

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Der Rollstuhlfahrer

Um 12:00 Uhr wollen wir in Second Life gehen. Vorher für uns noch klären, was Konversationskunst bedeutet. Antje bringt dazu ein: gehobene Problemhöhe gehört dazu, um in andere Assoziationsebenen zu kommen und die Alltagsebene verlassen zu können. Damit nicht nur Smalltalk gemacht wird. Also diese Steigrohre des Unbewussten zu wecken, wie die Surrealisten sagen würden. Wichtig für die Konversation sei außerdem die Anerkennung durch Andere, die bestärke, neue Gedanken oder Ideen überhaupt auszusprechen, weiterzuführen und zu verwirklichen. Die Frage ist, ob diese Form von Anerkennung auch im Second Life möglich sei.
Zorah Mari kann keinen Unterschied zwischen der Anerkennung im realen Leben und im Second Life erkennen, außer dass Second Life sehr klicheehaft sei. Gert fragt, ob es nicht auch so sein könne, dass man in Second Life die tollsten Kontakte knüpft und im realen Leben große Probleme damit hat. Und was dann daran Selbsterfahrung sei. Karen findet, dass z.B. der Aufenthalt in Second Life so viele Energien binden kann, weil man sich lange dort aufhält, dass fürs wirkliche Leben nicht mehr viel bleibt. Chisdian ergänzt, dass es beide Möglichkeiten gibt: sich in Second Life aufhalten, weil man keine Kontakte im wirklichen Leben findet oder über das Kontakte knüpfen in Second Life fürs reale Leben lernen. Antje beschreibt, dass sie im realen Leben über die Gesamtsinneskonstellation andere wahrnimmt: hört oder riecht oder auch von einer Art Aura des anderen Menschen berührt wird. Zorah Mari hält Second Life für eine Zwischenstufe der Verbindung von Wirklichkeit und virtueller Welt. Die Technik verändere sich schrittweise. Das Handy sei schon die Connection der Virtuellen Welt mit der realen Welt gewesen, während Second Life schon gezeigt hat, was virtuelles Leben mit all seiner multimedialen Fülle leisten kann. In Zukunft, in 5 oder 10 Jahren, wird diese virtuelle Welt genauso im realen Leben präsent sein. Dann hast du den Nahbereich des sozialen Handelns wo du jemand riechen oder stupsen kannst, du hast aber auch die Möglichkeit des virtuellen Austauschs. Second Life sei eine totale Mode gewesen, aber die Community qualifiziere sich über Moden. Wenn die beiden Welten mal zusammengewachen sein werden, sei das eine totale Bereicherung. Chrisdian meint, dass man Anerkennung auch in Second Life bekommen kann, weil der Mensch hinter dem Avatar durch alles durchtropft. Er bilde sich ein, mit seinem Avatar Kontakte zu einigen anderen Avatare aufgebaut zu haben, die er als gleichwertig, interessant und anerkennend empfunden habe. Gert meint, dass es ihm so vorkomme, wie Kontakt über Krücken herzustellen und dass er sich Zärtlichkeit über Krücken einfach nicht vorstellen könne. Antje bringt dazu die Überlegung ein, ob wir diese virtuellen Krücken brauchen? Sei nicht auch denkbar, dass diese ganze Entwicklung eine Art Zwischenstufe ist und in 5 Jahren was anderes kommt?

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Gert (links außen) erwähnt den Künstler Stellarc, der davon geträumt hat, sich einen Chip ins Gehirn setzen zu lassen, so dass er direkt vernetzt ist mit allem.
Vielleicht gibt´s schon Wege, die Körperlichkeit mit ´reinzubringen, aber im Allgemeinen ist die Körperlichkeit draußen. Wobei doch körperliche Empfindungen unheimlich wichtig für Konversationszusammenhänge seien. Dieser Zusammenhang fällt im Social web völlig weg und für ihn sei das eine Lücke, die niemals aufgeholt werden könne. Deshalb sei für ihn die Gleichschaltung der beiden Welten eine große Frage.

Zorah Mari meint, wir gingen von falschen Visionen aus. Deshalb habe sie gesagt, dass es eine Logik habe, dass die virtuelle Welt mit der realen zusammen wachse. Zu sehen sei das schon jetzt an ganz vielen Beispielen und in 5 Jahren wäre das absolut selbstverständlich. Genau wie vor 10 oder 15 Jahren sich absolut niemand vorstellen konnte, dass es so etwas wie das Internet geben könnte. In Berlin gibt es eine Gruppe von jungen Leuten, mit denen sie sich getroffen habe, und die nicht so langen warten wollen. Jeder habe soziale Interfaces, Gegenstände z.B. aus der Küche, mitgebracht und wolle daraus Social Interfaces bauen. Also ausgehend von der realen Welt. Antje fragt nach, ob sie das so richtig verstanden habe, dass es Zorahs Meinung nach unbedingt nötig sei, virtuelles und reales Miteinander zu verbinden.

Inzwischen erscheinen Avatare von Menschen, die mit uns um 12 in Second Life verabredet sind, auf den Bildschirm. Chrisdian führt uns in die Handhabung ein. Die Konversation im Netz läuft getippt ab. Wenn Botschaften weitergegeben werden, dann tippen die Hände des Avatars quasi ins Leere. Man sieht die Anderen und muss zur Verständigung tippen. Für Torsten ist seltsam, dass wir uns hier an diesem Ort gvis-à-vis treffen und gleichzeitig mit anderen im Second Life. Für Kurd ist das Ganze eine Verstärkung des Common Sense. Er sagt, dass es in den 60er und 70er Jahren schon Ähnliches gegeben habe: Programme in der Arbeitswelt, mit denen Konferenzen in der Form von Monitor-VR geführt wurden. Wie im Second Life jetzt – saßen Figuren (Avatare) in Konferenzräumen, die die Konferenzteinehmer verkörperten. Das diente der ästhetischen Anregung und lief u.a. unter CSCW, Computer Supported Cooperative Work oder Computer Supported Collaborative Work, dt. computerunterstützte oder rechnergestützte Gruppenarbeit, Darüber hatten wir (Kurd und Antje) 1992 mit Horst Oberquelle von der Informatik der Uni Hamburg u.a. eine Konversation an der hamburger Kunsthochschule.

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Wir haben im ZKM mehrere Computer zur Verfügung und einen größeren Bildschirm für diejenigen Beteiligten ohne Compurer.
Gert meint, dass man immer die grafischen Nebensächlichkeiten wahrnimmt und nicht das, was eigentlich gedacht ist. Chrisdian erklärt, dass das daran liegt, dass er Beobachter sei und dass man das als Steuerer anders wahrnimmt. Zorah meint dazu, dass man mit den technischen Möglichkeiten eine wunderbare Welt aufbauen könne. Dass es so aussieht wie jetzt, wirft sie den Nutzern vor. Und Kurd weist auf den Unterschied zwischen Werkzeug und Medium hin. Wir probieren praktisch die Möglichkeiten aus, sich vorwärts zu bewegen, z.B. fliegend oder Avatare zu verändern.

Wir seien ja nach dem Kunstansatz in der Medienkommunikation auf der Suche,erinnert uns Gert, aber im Moment noch weit davon entfernt. Ihm scheint in Second Life wichtig zu sein, dass man auf kleinsten gemeinsamen Nenner kommt, um überhaupt kommunizieren zu können. Und das seien dann die Buchstaben. Alles andere scheint nicht so wichtig. Kurd gibt zu bedenken, dass wir nicht die visuelle Kunst meinen, sondern das soziale Verhalten. In der Konversation gibt es ja viele Zusammenhänge und die stecken irgendwie auch in Second Life. Chrisdian berichtet aus Erfahrung, dass er auf der Second Life-Plattform schon das Erlebnis hatte, von einem Anderen total angerührt zu sein, ihn aber nie im Leben wieder zu treffen, was im realen Leben auch auf der Straße passieren kann. Zorah Mari stellt klar, dass es einfach nur der Versuch sei, soziales Leben mit den Mitteln des Internet zu visualisieren, also soziales Leben virtuell zu generieren. Natürlich sei der Versuch in den Anfängen unperfekt. Kurd findet, dass im Second Life der Common Sense generiert wird. Es wird nichts deutlicher.

Zorah Mari fragt Antje warum sie jetzt mit den neuen Möglichkeiten ein Problem habe, wo sie schon ganz früh und begeistert damit angefangen habe. Antje erklärt, dass sie, als HyperCard aufkam, neue Möglichkeiten gehabt habe, die es früher nicht gab. Z.B. das Verlinken, oder den Gedanken des Anderen mittels Links nachspringen zu können um so quasi seine Gedanken nachvollziehen zu können bis der Groschen gefallen ist. Das war damals so neu und auch so einfach möglich, dass sie begeistert gewesen sei und es gepflegt habe. Der Austausch habe aber damals nicht nur über Postverschickung oder Diskettenwerfen stattgefunden, sondern auch vis-á-vis und auch schon im Medienwechsel, dem Austausch in Bild und Text. Zorah wirft ein, dass Second life ja auch Bild und Text sei. Antje daraufhin: aber mach mal was am Bild, das ist alles nicht so einfach. Gert glaubt, dass damals Begrifflichkeiten entwickelt wurden, die jetzt durch z.B. Second life, wieder verloren gehen. Die Kommunikationstheorien, und was damals noch alles entwickelt wurde, hatten eine Genauigkeit, die hiermit total kaputt geht. Karen wirft ein, dass es vielleicht eine Frage der Zeit sei, weil man das Problem immer habe, wenn neue Technologien entworfen werden. Sie erinnere sich, als der Computer aufkam, was für eine Bildsprache man vorher schon entwickelt hatte. Und dann, mit dem Computer, habe man das Gefühl gehabt, man fängt bei 0 wieder an. Man musste erstmal sich dieses Medium soweit erarbeiten - auch die Programme mussten verändert werden - bis man sich wieder eine Umgangsweise erkämpft hatte. Zorah kann sich noch erinnern, als das Internet in den 90ern aufkam, dass sich die Künstler total beschwert hätten über die schlechte Qualität der Bilder und die ruckigen Animationen. Das hätten sie in Verkennung der Tatsache gemacht, dass es unser Kommunikationsmedium schlechthin wird, Das Fernsehen sei harmlos dagegen. Internet schließe inzwischen alles ein. Karen weist darauf hin, dass die Frage doch auch sei, wer das einführt und zu welchem Zweck, denn meistens sei das ja wirtschaftlich oder militärisch intendiert. Ja, sagt Zorah darauf, dann können wir uns nur selbst an der Nase nehmen. Denn wir können es nicht ablehnen, müssen aber was Schlaues draus machen.

Grade erscheint ein kleiner Drachenwurm in Second life und alle staunen. Die Frage taucht auf, ob der selbstkonstruiert oder vorgefertigt ist. Es wird an die Musterbücher von früher erinnert, aus denen man sich auch bedienen konnte. Zorah malt ein Zukunftsbild: dass man sich zukünftig 3D-scannen könne und dass dann jeder in seiner individuellen Vielfalt virtuell erscheinen kann. Z.B die Leute, die nicht in Karlsruhe anwesend seien, könnten sich einscannen und könnten so die Spiele mit uns spielen. Wir befanden uns im Moment noch auf der Reise. In 10 Jahren seien wir absolut identisch auch im Netz. Nein, sagt Chrisdian, das wird nicht kommen! Zorah kontert, dass es schon bei der Obama-Wahl 3D-Figuren gab, z,B, eine Redakteurin, die absolut identisch mit sich war. Sie stand zwar noch, aber die Gestik konnte schon nachvollzogen werden. Antje greift jetzt Karens Frage ´Wessen Interessen stehen dahinter´ auf. Es kann ja nicht jeder beliebig mitarbeiten. Das wird ja gezielt bezahlt. Bestimmte Richtungen sind erwünscht. Die Frage ist auch: hat das was mit uns Menschen zu tun, oder was wird damit erreicht. Wichtig sei doch, kritisch darauf zu gucken und aufzupassen, dass wir nicht übergemangelt werden. Zorah meint, diese Frage stelle sich grundsätzlich beim Internet. Da gäbe es Facebook, das wenige machen und Wikipedia, das viele machen.

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Chrisdian erläutert jetzt, dass die Töne. die zu hören sind, der Drache mitgebracht habe.
Man könne also auch Töne einspielen. Zwischendurch kommt die Nachricht, dass ein Foto auf Flickr hochgeladen ist. Gert fragt, wie er die Leute in Second life findet. Antwort: Man braucht eine Adresse oder den Namen des Avatars. Den kann man eingeben und Nachrichten zuschicken. Auf diese Weise hat Chrisdian einen virtuellen Freund gefunden. Man kann auch Messages schicken ohne virtuell in der Nähe zu sein. Chrisdian erlebt Second Life so, dass Leute auf der einen Seite total sozial sind und helfen. Auf der anderen Seite sind sie total asozial, verschwinden oder machen was sie wollen. Das ist einfach die Bandbreite, die sich darin abbildet. Die aber vielleicht in unserem realen Leben genau so da sei. Vielleicht haben wir Codes, hinter denen man unsere asozialen Seiten ein bisschen verbergen kann. Er glaubt, dass sich auf Second life viel von dem abspielt, was sich im realen Leben auch abbildet. Gert fragt, ob es dort auch eine politische Kontrolle gibt. Ja, ist die Antwort, man könne sich gegenseitig melden, z.B. faschistische Inhalte. Es gab ein Problem mit Kinderpornografie, das auch vor Gerichte gegangen sei. Die Frage dabei war, dass wenn ein Kinderavatar vergewaltigt wird, ja real keinem geschadet wird. Trotzdem ist es nach deutschem Recht verboten. Wenn also so was auftaucht, kann man das melden und dann wird Second life aus wirtschaftlichen Interessen dem nachgehen, weil es dem Firmeninteresse schadet.

Gert verabschiedet sich und meint, dass er das schön findet, dass das Thema Konversation hier im ZKM thematisiert wird.
Um 13.00 haben wir einen Termin in FaceBook

Zorah Mari malt aufs Neue die Zukunft aus. Dass man sich nicht nur virtuell wie völlig real wahrnehmen könne, sondern dass es in 20 Jahren Sensoren gäbe, mit denen man sich virtuell auch fühlen könne. Chrisdian wirft ein: das kommt alles nicht! Es würde einen totalen Backlash zum Analogen geben. Tanja führt dazu das Beispiel ´Telefon´ an und meint, dass sich die Menschen, bevor es das Telefon gab, überhaupt nicht vorstellen konnten, dass es mal so kommt. So ähnlich scheint ihr auch, was Zorah Mari anführt. Chrisdian arbeitet bei der Tagesschau und erzählt, dass die keine 3D-Animationen mehr machen, weil das einen tierischen Aufwand bedeutet. Alles, was sich entwickelt, entwickele sich nur dann, wenn irgendein wirtschaftlicher Nutzen dahinter steht, oder eine Erkenntnis.
Zorah Mari erläutert, dass man sich im Scan-Shop für 4.90 € scannen lassen kann. Da gibt sich Chrisdian geschlagen: 4.90 €, o.k., dann wird das doch kommen! Roland erläutert, dass sich der Aufwand verändere und viel geringer würde. Er führt als Beispiel eine koreanische Sendung an, die alle Nachrichten in 3D mit Avataren nachstellt, die ähnlich aussehen. Das ginge stark in eine Klamauk-Richtung und wirke ganz komisch. So eine Art Nachrichten-Veralberung.

Kurd wendet ein, man müsse sich doch fragen, ob das der liebe Gott sei, der das treibt? Zorah Mari meint: ein bisschen schon. Kurd führt die Aufklärung an, wo wir dachten, wir könnten alles verstehen. Dann haben wir alles verstanden und können z.B. zum Mond fliegen. Den lieben Gott gibt´s inzwischen nicht mehr und jetzt sagen wir: die technische Dynamik ist der Gott. Mein Gott! Wir haben immerzu Publikum und Publikum und Publikum und sogar die Künstler. Und die brauchen auch immer Publikum und sagen dann, dass sie das Publikum so einstellen müssen, dass es mitmacht. Duchamp hat ja auch nicht geschafft, dass er sich selbst, als Künster in seiner Rolle wirklich geändert hat. Aber eigentlich ist die Kunst heute gar nicht so weit weg davon, dass sie sagt: Wir lassen das Publikum los.
Zorah Mari bedeutet, dass wir hier ja auch kein Publikum haben und damals, Mitte der 90er bei der ARS Electronica, wo es Roboter, Roboter, Roboter gab, dachte sie sich: jetzt hat man riesige Technik, aber was bringt einem das sozial? Werden die Menschen dadurch glücklicher. Sie fragte sich schon auch, wozu der ganze Aufwand, warum schaffen wir nicht per se erstmal eine analoge sozial ausgeglichene, glückliche Welt. Karen meint dazu, dass es nicht ein Umweg über die Technik sei, sondern ein Irrweg. Kommen wir über die Technik wirklich dahin, dass die Menschen glücklich werden? Roland wirft ein: das hänge nicht von der Technik ab, sondern davon, was wir damit machen. Zorah Mari sieht da schon Erfolge, denn bis jetzt sei Nachrichten machen in der Hand von Wenigen gewesen und so sei die Bedeutungsmacht in der Hand Weniger. Ein Fortschritt sei, dassn das Internet diese Meinungsmacht, diese Definitionsmacht vielen in die Hand gibt. Karen gibt zu bedenken, ob das dort nicht auch wieder kontrolliert und gelenkt werde. Zorah darauf: wirklich frei gäbe es nicht, da sei immer ein Zusammenspiel verschiedener Interessen dahinter. Aber es sei schon ein Unterschied -siehe Blogs - wenn Hunderttausend sagen können, was heute wichtig ist in Deutschland. Und auch z.B. Google kann nicht mehr einfach machen. Da gäbe es inzwischen eine Meinungsöffentlichkeit, die sagt: Hilfe, mein Haus darf nicht abgelichtet werden. Das sei schon ein Aushandlungsprozess geworden, den sie spannender fände als das alte Modell. Torsten erläutert: wenn du Einspruch erheben willst, musst du das gegenüber Google machen und die haben dann auch noch die Daten, wem das Haus gehört. Zorah erklärt dann noch, dass bis jetzt Hausfassaden bildrechtlich öffentlich waren.Und sie definiert den Informationsbegriff der Konsumgesellschaft: hochwertig produzierte Information, um die Welt geschickt um die Massen damit zu bespielen. Das sei ein ganz anderes Informationsmodell, als wenn man partizipativ ran geht. Da produzieren viele mit allen Ungelenkigkeiten. Information sei in dem Zusammenhang etwas, woran man Teil hat, nicht konsumiert und das muss sich dynamisch vernetzen. Da gibt´s keinen Empfänger mehr, keine Sender.

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Karen (ganz links) führt nochmal an den Punkt zurück, dass Menschen glücklich sein sollen und fragt, ob wir diese informationelle Technik brauchen.
Oder ob nicht vor 2 1/2 tausend Jahren die Menschen im Himalaja in der Höhle auch schon glücklich geworden seien? Rolands Einwurf ist: Vielleicht sogar glücklicher! Oder unglücklicher, wird eingeworfen. Roland meint dazu: In der Höhle bist du glücklicher. Unglücklicher bist du, wenn du die Aussenwelt kennst.
Karens These wäre, dass durch die Entwicklung der ganzen Informationstechnologie eine gewisse Beschleunigung stattgefunden hat über die letzten, mehr als 100 Jahre und dass das ´ne Sache ist, die das ´in die Tiefe gehen´ eigentlich verhindert.
Zorah antwortet, dass es unterschiedliche Möglichkeiten für die Suche nach Vielfalt gäbe. Eine davon sei ´in die Tiefe zu gehen´. Karen meint, man könne auch von der Suche nach Einfachheit sprechen. Dabei kommt raus, dass wir die Abwechslung lieben.

Antje fragt nach, was da mit Facebook war. http://de-de.facebook.com/pages/Konversationskunst/146392602048218 Wollten wir da nicht auch noch rein? Chrisdian erläutert, dass er die Leute zuhause in Hamburg damit angetörnt habe, dass sie ein Essen gewinnen könnten, wenn sie eine Zeichnung von ihm machen und reinstellen. Aber noch sei nichts los. Das Ganze ist angekündigt als Veranstaltung, um etwas über Facebook rauszubekommen und andererseits gäbe es diesen Zeichenwettbewerb. Er habe über Facebook gelesen, dass die Entwicklung ziemlich schnell geht, z.B. würden grade die Suchmaschinen von Microsoft und Facebook miteinander verknüpft. Er habe sich gefragt, ob das gut oder schlecht sei, weil er auch schon die Erfahrung gemacht habe, dass Kollegen Informationen über ihn hatten, die aus dem Netz waren. Kann ihm das auch schaden? Facebook in Kombination mit ner Suchmaschine mache es so ganz leicht, dass Informationen, z.B. über ihn, zu finden seien. Der Facebookgründer behaupte, dass es in der Zukunft keine Privatsphäre mehr geben wird. Roland führt das Problem dabei auf das mangelnde Bewusstsein darüber zurück.

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Zorah Mari (links außen) würde jetzt interessieren, was für jeden Einzelnen von uns Glück ist, und zwar, wenn man die Medien außen vor lässt.

Kurd schlägt vor, jeder möge sagen, wie er mit der Privatsphäre umgeht.
Karen meint, dass wir vielleicht sagen sollten, was wir für eine Frage an die Andern haben.
Torstens Vorschlag ist: Oder wir machen ein kleines Cadavre exquis mit privaten Daten. Damit jeder am Tisch was Privates über den andern erfährt.
Darauf einigen wir uns. Entweder gezeichnet oder geschrieben. Spielregel von Torsten: Wir müssen etwas finden, das man in zwei Zeilen schreiben kann, so dass man eine Zeile wegknickt und der Nächste auf der Basis dessen, was er noch lesen oder sehen kann, etwas von sich preisgibt. Wir lassen schließlich offen, ob man abknickt und ein Anschlusswort z.B. zeigt, oder ob man die ganze Kreation, Text oder Bild, weitergibt.
Nebenbei läuft Facebook, wo grade eine Zeichnung geschickt wird.
Nachdem die Blätter gemeinschaftlich vollgeschrieben oder -gezeichnet sind, liest oder zeigt jedeR das Blatt den Anderen vor, das zuletzt bei ihr oder ihm gelandet ist.

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Tanja erläutert das Beispiel, das hier im ZKM an der Wand gezeigt wird:
„Ich bereue es, nie einen Irokesenhaarschnitt gehabt zu haben. Dann ist da eine Irokesenhaarschnitt-Zeichnung zu sehen, die übergeht in einen bauchförmigen Körper mit Auge als Nabel, weiter in einen Oberkörper mit Armen und Bauch und dann in eine Art Extremitäten: Beine mit Händen am Ende, die auch durchaus eine Geste machen. Die eine Hand hat hier Daumen und Zeigefinger zusammen: Netzkunstaffairen. Vielleicht versucht die, Affairen zu greifen. - Kurd wirft ein: zu lassen. - Tanja: oder raus zu lassen. Dann folgt wieder Text: Die Diktatur der Glücklichen, was ist ihr Preis? Darunter dann: preiswert, preisgeben preisleistung, preisen, Saupreis, der Preis ist heiß. Darunter wieder: Knight Rider ist meine Lieblingsserie. Und das endet mit: Emotionalen Geheimnissen. Vom Irokesenhaarschnitt zu den emotionalen Geheimnissen über alle Stationen des Körpers, die Diktatur. Da sind also einige verschiedene Ebenen drin.“

Zum Abschluss spielen die Letzten noch: wie wär´s denn schön?:
ROLAND: schön würde für mich immer außerhalb der Medien liegen. KAREN: mein Glück außerhalb der Medien? Still sein! TORSTEN: ´ne innere Ruhe, dachte ich. TANJA: Freundschaft. ZORAH MARI: dass Dinge, dass Wünsche, die man hat, auch wirklich in nicht zu ferner Zeit realisierbar sind. KURD: na ja, ich will kein Programm. Ich kann nicht sagen, was sein wird, wenn nicht der nächste Schritt getan ist. ANTJE: ja also, so´n bisschen ähnlich denke ich auch: die Möglichkeit zu haben, dass ich mich immer wieder offen auf alles, was so auf mich zukommt, neu einlassen kann. Das wär´ das Schönste. AXEL: ist doch aber so. ANTJE lacht: ja aber du kannst doch auch mit deinen vorgefertigten Geschichten da ´rangehen und dann prallt alles ab. AXEL: machst du das immer? ANTJE: das möcht´ ich nicht! AXEL: tust du ja auch nicht. ANTJE: danke.
ROLAND: ich glaube, diese Erkenntnis ist ne sehr gute Voraussetzung zum glücklich werden. ALLE: sehr gut, super, jetzt aber Schluss!

Wir begeben uns zum Bahnhof und fahren zurück nach Hamburg.

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