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Mitschnitt vom 16.10.10

Autor: Mitschnitt und Fotos Antje Eske

16.10.2010 Konversation 1 im ZKM. Anregung: Konversationeller Austausch – historisch und aktuell.


Beteiligte: Kurd Alsleben, Zorah Mari Bauer, Steffi Beckhaus, Tanja Döring, Antje Eske, Torsten Juckel, Heiko Idensen, Margit Rosen, Roland Schröder-Kroll, Axel Sylvester, Chrisdian Wittenburg, 3 Besucherinnen, 1 Besucher

Antje eröffnet die Konversation und schlägt das Konversationsspiel ´Ein Satz reihum´ vor: der Reihe nach sagt jedeR einen Satz, der lang oder kurz sein kann. Der Nächste knüpft mit seinem Satz an. Wer nichts zu sagen hat, gibt an den Nächsten weiter.
ZORAH MARI fängt an mit: "Aller Anfang ist schwer." HEIKO: "Leicht wird es dann, wenn man zusammenkommt, an einem Tisch zum Beispiel." ANTJE: "Schön, dass wir hier zusammengekommen sind!" CHRISDIAN: "Ja, find ich auch!" (Alle lachen.) 1. BESUCHERIN: "Ach, was soll ich nur sagen?" ZORAH MARI: "Das Sein und das Nichts." 2. BESUCHERIN: "Ich bin so neugierig". BESUCHER: "Ich muss sagen, es ist nicht so einfach mit den Sätzen." 3. BESUCHERIN: "Ich find´s sehr bedauerlich, dass man in Museumsräumen nichts trinken darf." 1. BESUCHERIN: "Ich würd´ mal sagen, ne ratlose Runde." ZORAH MARI: Und ich würd mir noch mehr Tempo wünschen. So lange, bis es immer schneller geht." KURD: "Aber dann kann man nichts mehr behalten, was die Anderenn gesagt haben, und man kann nicht mehr auf sie reagieren." HEIKO: "Vielleicht ganz interessant, wenn sich die Gedanken der Verschiedenen vermischen." ...

Das geht noch eine Weile so weiter. Dann sprechen alle durcheinander. Wir forcieren das Durcheinander, um auszuprobieren, was dabei herauskommt. Danach wird geschwiegen. Weil auch Schweigen gut ist. Daraus entwickelt sich: Pscht, pst, pst, pst, pschschschschschscht ... ein rhythmisches Aufeinander eingehen.

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Wir spielen das surrealistische Cadavre exquis-Spiel

Jemand bringt die Spiele, die auf dem Tisch vorbereitet liegen, ins Spiel. Wir fangen mit Cadavre exquis an. Zorah Mari schlägt als Anregung das Thema ´Wörtersee´ vor. Alle machen begeistert mit. Abschließend werden die Gemeinschaftszeichnungen in der Runde gemeinsam angesehen.
Bewusst wird uns bei dem thematischen Springen von einem konversationellen Spiel zum anderen, dass immer wieder aufs Neue in der Runde abgestimmt werden muss, weil das Besondere ist, dass hier niemand die Runde anführt.

Steffi bringt als Nächstes das neuzeitliche Spiel ´SoundVision´ ein, im Gegensatz zu den historischeren Spielen, wie das surrealistische Cadavre exquis z.B. Dabei hätten wir uns sprachlich unterhalten, auch bildlich, jetzt sollten wir Kommunikation mit der Maschine auseinander nehmen. SoundVision sei wie eine Jazz-Combo, wo Spieler musikalisch zusammenspielen. Auf den kleinen Monitoren kann jeder sein eigenes Bild vertonen, indem er sich ein Instrument auswählt, das dann das Bild musikalisch interpretiert. Diese individuelle Kreation lässt sich auf die große Wandprojektion schicken, wo dann das Gemeinschaftsbild vertont wird. Die Gefühle, das was ich ausdrücken möchten, erscheinen bei dieser Art Kommunikation als Symbol.
Steffi stellt die Frage, was der Unterschied zwischen unserer normalen und der elektronischen Konversation sei? Kurd fragt, wo z.B. der Unterschied zwischen Guitarre und E-Guitarre liegt oder dem Ansehen eines Fotos auf Papier oder Monitor. Antwort aus der Gruppe: der Unterschied in der Lautstärke von Guitarre und E-Guitarre mache nicht qualifizierter, aber man könne mehr Leute erreichen. Andererseits, je lauter, desto mehr Leute laufen weg.

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Chrisdian Wittenburg und Steffi Beckhaus

Sollte man, als eine Möglichkeit für die Konversation, ein anderes Medienformat erfinden? Oder nimmt man die Medienformate, die man hat und verwandelt sie etwas? Steffi meint, dass man mit SoundVision nicht unbedingt ein neues Format hätte, aber ein kombiniertes. Kombination zwischen Bild, Wort und Ton. Eine der Besucherinnen meint, dass dabei die Ästhetik ein bisschen auf der Strecke bliebe. Steffi sagt, dass man das Bedienen lernen müsse und dann funktioniere es. Der Besucher meint, dass es nicht so einfach sei, die Parameter, die dahinter liegen, zu erkennen. Man einigt sich darauf, dass man step-by-step die Sprache lernen müsse. Mit einfachen Symbolen anfangen und dann komplexer werden.

Eine SoundVision-Station hat als Eingabemedium einen Stift zum zeichnen, die zweite eine Videokamera. Man kann sich auch über das Internet einloggen. Die Ursprungsidee war, Kurds gezeichnete Computerkurven von 1960 zu vertonen. Vor die Videokamera kann man alles Mögliche halten. Kurd fragt, wie es früher gelaufen wäre, wenn z.B. ein Instrumentenbauer ein neues Instrument baut? Dann müsse er Musiker finden, die begeistert davon sind. Der Besucher meint, das noch ein anderer Faktor interessant sei, nämlich dass eine statische Sache in eine dynamische übersetzt wird. Z.B. steht die Grafik und wird dann in eine Zeitabfolge übersetzt.

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Vor der großen Sound Vision-Projektionsfläche
Steffi bringt nochmal die frühere und die heutige Konversation ins Spiel und stellt die Frage, wie wir durch soziale Netze die Konversation erweitern können. SoundVision sei ein Angebot, das helfe, einmal darüber nachzudenken. Kann das auch die Konversation inspirieren, wie vorhin, als wir am Tisch die Bilder gemalt haben? Zorah Mari meint, dass beide Voraussetzungen die Möglichkeit bieten, unterschiedliche Sinne mit einzubeziehen. Eine andere Meinung dazu ist, der Unterschied sei, dass wir uns beim Zeichnen persönlich gesehen und empfunden haben. Zorah Mari glaubt, dass Bildschirme später auch so sein werden, dass sie den Sozialitätssinn ansprechen. Entsetzter Ausruf: Oh nein! Man überlegt, ob es wohl einerseits eine Frage sei, wie man aufgewachsen ist und andererseits eine Frage der eigenen Wertung.
Klänge z.B. würden, wenn sie mit persönlichen Zusammenhängen kombiniert werden, Emotionen hervorrufen. Ursprünglich habe es auch eine SoundVision-Station gegeben, wo man über ein Klavier Eingaben machen konnte. Das müsste dann umgekehrt funktionieren, vom Ton zum Bild.

Unser nächster Schritt soll sein, zu überlegen, was wir daraus machen können. Darauf folgt die Frage: "Können wir nicht ein paar Spiele machen?" Unsere heute konversationelle Gruppe übersteigt mit 16 Beteiligten den offiziösen Rahmen (maximal 10 Personen). So ergibt es sich von selber, dass wir uns jetzt in Untergruppen zusammenfinden, wobei fünf der Anwesenden das Spiel ´Carte de Tendre´ spielen wollen.
Madeleine de Scudéry, eine der Salonièren im Barock, schrieb in ihrem umfangreichen Romanwerk Clélie eine über das damalige Verständnis hinausgehende, große Bandbreite von zärtlichen Empfindungen zwischen Frauen und Männern fest, die dann, nach Diskussion und Erprobung, real wurden. Dabei sollte ein zärtlicher Umgang kultiviert werden.
Auf der in ihrem Buch veröffentlichten Phantasie-Landkarte, die hier als Spielbrett ausliegt, sind diese neuen, zwischenmenschlichen Umgangsmöglichkeiten zu finden. Es gibt Ansätze für eine Spielregel, die aber jeweils gemeinsam weiterentwickelt wird. Eines der drei Dörfer der Zärtlichkeit (durch Dankbarkeit, Wertschätzung und Zuneigung) muss genau mit der gewürfelten Augenzahl über die Stationen, die unterschiedliche Verhaltensweisen benennen, erreicht werden. Ein paar Hindernisse sind beim Würfeln eingebaut, so dass die Erreichung des Ziels nicht ganz leicht ist.
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Beim Carte de Tendre-Würfelspiel

Wir entschließen uns, einfach anzufangen und beim Machen auf neue Spielideen zu kommen. Ungrade Würfelaugen werden von graden abgezogen. So häuft sich leicht ein Schuldenkonto an. Eine angeregte Unterhaltung entspannt sich in der Gruppe. Anfangs über die Spielregel, dann mehr und mehr über die zwischenmenschlichen Eigenschaften, die auf dem Spielbrett zu lesen sind. Wir führen ein, dass jedeR in einem Satz beschreibt, was die Eigenschaft, auf die er oder sie mit dem jeweiligen Spielzug kommt, bedeutet und kommen darüber in eine angeregte Konversation über den zwischenmenschlichen Umgang. Uns wird bewusst, dass die nur in Ansätzen festgelegte Spielregel den Austausch befördert. Eine Besucherin würde das Spiel gerne für ihre Enkeltochter kaufen, weil sie der Meinung ist, dass auch Kinder mit den Begriffen umgehen sollten. Noch ist das hier vorliegende das einzige Exemplar. Es kommen noch ein paar Spielanregungen aus der Gruppe, die wir aber wieder verwerfen. Die restliche TeilnehmerInnen tauschen sich in kleinsten Gruppen aus oder schauen beim Spiel zu.

Während wir konversieren und spielen twittert Heiko den Ablauf ins Netz:

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Auszug aus dem Twitter-Protokoll:
• HI Das Twitter-Protokoll der 1. Konversation: Samstag, 16.10.10 15.00-17:00 auf der Konversationen-Facebook-Seite: http://on.fb.me/aXSQ1V
• Konversaqtionsspiel: "Aller Anfang ist schwer" ... ( Ein Satz reihum) Vermischen und Verwischen ... Hören wir uns zu? EIn Ziel anstreben?
• Zielvolle Konversation? Mit Stress? Die Konversation passieren lassen
• Über den Tisch hinweg zu verstehen. Bauchredner. Wer redet von wo? Es ist einfacher durcheinander zu sprechen. Ohne Reihenfolge!durcheinander
• Ohne Sound- direkt hier am Tisch. Was spielen wir? Als erstes Cadavre Exquis: haben die Surrealisten gespielt Thema Wörtersee Anschlüsse ..
• BEIM ZEICHNEN. PLÖTZLICH IST ALLES GANZ RUHIG ::::
• Wie können wir noch anders konversieren? Wir haben ... mit Sprache und Bildern ... die wir wieder in Sprache übersetzt haben, jetzt Sound
• Wir spielen jetzt mit Sound-Vision: http://imve.informatik.uni-hamburg.de/projects/SoundVision
• Wer ist Publikum -wer ist beteiligt? ("Das Publikum loslassen"... steht gerade auf dem Screen ...
• Bleibt die Ästhetik auf der Strecke? Lernen, es zu bedienen? Üben mit den neuen Medienformaten?
• Oder surrealistische Schmetterlinge: "Schreibt eine Notiz zu einem seltsamen Abenteuer,einem eindrucksvollen Zusammentreffen. Ideen zur Welt
• Jetzt spielen wir "Carte de Tendre", inspiriert von Madeleine de Scudery (1607-1701) 3 Dörfer der Zärtlichkeit ... Stufen von Gefühlsskalen
• Das Schöne am Spiel: Wir tauschen uns über die Begriffe und Bilder aus. Und entwickeln das Spiel beim Spielen weiter ...


Zum Abschluss setzen wir uns in kleiner Untergruppe zusammen. Wir lassen die Konversation Revue passieren und kommen überein, dass das Einführungsspiel: Ein Satz reihum eine gute Aufwärmphase war. Stockend fing es an, weil jeder dachte, er müsse Bedeutung produzieren, dann brachte uns aber in einen Rhythmus hinein. Deutlich wurde, dass gerne Spiele miteinander gespielt werden. Die Buntstifte müssen ausgetauscht werden,weil sie kaum Farbe abgeben. Ein Anspitzer fehlte. In der retrospettiva hatten wir die Cadavre-exquis- Zeichnungen vor versammelter Mannschaft von 2 Beteiligten präsentiert, finden aber, dass jedeR Beteiligte die Chance haben soll, die Zeichnung, die er oder sie zum Abschluss bringt, zu präsentieren und zu interpretieren. Es sollte auch jeweils deutlich gemacht werden, dass alles Tradition hat. Vielleicht bevor es in die retrospettiva geht, eine kurze Erläuterung der historischen Zusammenhänge einschieben. - Damit ist die erste Konversation im ZKM beendet.

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