View this PageEdit this PageAttachments to this PageHistory of this PageTop of the SwikiRecent ChangesSearch the SwikiHelp Guide

Mutualitaet g



Autor:
Gespraech in Frankfurt am Main am 20. Jan 04 unter
Stefan Beck, Sascha Buettner, K.A. und A.E.

Mutualitaet
S.Bü.: Das Mutuale. Da kenne ich Leute - es gibt ne kleine Liste, die nennt sich „Netzmagazin“, weil ein Armin Medosch über die Liste Rohrpost gefragt hat, ob man nicht - weil diese Telepolis sich so verändert hat - ein neues Netzmagazin machen will. ...
In diese Liste habe ich mich eingebracht, weil ich gedacht hab, wenn man dann auch nicht mitarbeitet, weil sie sich vielleicht doch nicht ganz dahin entwickelt, wie man möchte, hat man aber doch Impulse reingegeben.
Und da hat dann einer von der „kollaborativen Plattform“ geschrieben. Da hab ich dann erwidert, dass wir eigentlich davon weggekommen sind, weil es eigentlich ein militärischer Begriff ist und dass das Moment der Solidarität fehlt. Den hast du in der Kollaboration nicht. Da gibt es keine Solidarität. Aber im Mutualen ist der Begriff der Solidarität mit inbegriffen. Um nochmal klarzumachen warum man, wenn man von ner Plattform redet, wo man gemeinsam was arbeit, davon wegkommen sollte, von diesem Kollaborationskram. ....

K.A.: entweder gibts im Englischen oder Amerikanischen diesen Unterschied nicht, oder man empfindet einen Reiz da drin, (mit dem Ökonomismus) zu kollaborieren.

S.Bü.: ... selbst dann wenn man es weniger militärisch betrachtet , geht es ja nur um ne Zusammenarbeit, die aber ja auch jegliches missgünstige Verhalten nicht ausschliesst, ne Konkurrenz nicht ausschließt.

K.A.: ... Medosch, hat gerade Schgwierigkeiten, wir waren ja mit in St. Petersburg - auf seiner Baltic-Tour mit der MS Stubnitz q#. Um das Schiff zu bekommen, so beschreibt er es, habe man ihm gesagt: „und hier müssen Sie unterschreiben, dass Sie auch mit 100 000 DM haften, aber das ist nur ne Formsache“ - Nun will die Regierung das Geld von ihm haben.

S.Bü.: zu St.Be.: erzähl doch noch mal ein bisschen zur Ästhetik der Teilnahme.

K.A.: War das das Hauptthema? Es gab doch noch ander Themen in ‘multi.trudi‘ q#.

St.Be.: Ja, ja, das war ja vom letzten Jahr. Da war ich ja auch nicht mehr in meinem Pförtnerhäuschen, sondern hier in der Stadt hat ich einen Raum. Der hatte auch ein Schaufenster. Aber das war noch ein anderer Raum.
Also ich hatte zuerst so einen ganz kleinen mit Schaufenster in Sachsenhausen und dann hat ich einen ziemlich großen Raum in der Innenstadt., der hatte auch Schaufenster. Aber da hab ich nie was mit dem Schaufenster gemacht., weil der Raum eigentlich nicht wirklich mir gehörte. Das war auch so eine Künstleretage und das war ihr gemeinsamer Austsellungsraum. Den hab ich quasi nur so benutzt für meine Seminare. Und ich wollte mich mit denen da nicht anlegen, dass ich deren Schaufenster da belege. ...
Das hat eigentlich nur den Punkt deutlich gemacht, worum es eigentlich immer ging: ich hatte, als ich das multi.trudi gegründet hatte, gleich den Gedanken, dass ich da nicht noch ne Art von Galerie machen würde. Es hat ja hier ne Menge dieser Räume gegeben, die unter dem Namen Ausstellungsraum firmieren und damit ganz klar gezeigt haben, was sie eigentlich wollten. Also da haben Leute ihre eigene Kunst oder Kunst von Freunden eben galerienmäßig ausgestellt. Mir war ganz klar, dass ich das nicht leisten wollte. Auch gar kein Interesse daran hatte. Es hat ab und zu mal Ausstellungen im schlichten Sinne gegeben, wenn mal jemand sagt, ich würde es gern machen und ich den Eindruch hatte, das ist o.k. so. ... aber das was bei multi.trudi passierte, das war nie in dem Sinne Galeriekunst. Die so was an die Wand gehängt hat oder als Objekt, das quasi ästhetische Achtung oder Rezeption verlangt. Sondern mein Gedanke war ja immer der, dass ich zusammen mit dem Publikum die Arbeiten schaffen wollte und das wir das gemeinsam produzieren auf ne Art und Weise.

K.A.: war das jetzt so gemeint, dass ihr jetzt gemeinsam auch ein Objekt oder etwas, was man in die Ausstellung tun könnte, produziert? Wenn wir so denken ‘Mutualität‘, dann würde das ja auch nicht gemeint sein.

A.E.: ... das was bestimmtes dabei rauskommt. Die Vorstellung ist, wenn man jetzt so mutuell oder konversationell miteinander umgeht, dass man sich trifft, aber nicht schon den Vorsatz hat, jetzt was produzieren zu wollen unbedingt, sondern es kann auch erstmal lange Phasen geben, wo es einfach nur hin und her geht und sich so ne Art „moralischer Humus“ oder was auch immer ansammelt auf dem dann was entstehen kann oder auch nicht.

St.Be.: ja, also sicherlich. Das war jetzt nicht so: also hier ist die Bastelanleitung und

A.E.: ... wir basteln uns unsere Region

K.A.: da gabs doch von Karl Gerstner in den 60ern das Buch ‘Programme entwerfen‘. Er gibt dem Publikum Programme in die Hand und dann machen sie Kunst - das waren natürlich noch keine Computerprogramme, so etwas wäre erst 20 Jahre später praktikabel gewesen - dann wird das Programm erfüllt.

St.Be.: ja so war das natürlich nicht gedacht. Ich hab versucht, immer so Themen vorzugeben, als so einen gewissen Anreiz, aber es konnte auch durchaus sein, dass das Gespräch, was die Leute eingebracht haben, das Ding war. Ich hab immer gesagt: der Abend ist meine Skulptur an der wir arbeiten wollen. Das ist nicht festgelegt, das ich was bestimmtes sehe. Ich hab ja auch nie gewusst, wer kommt. Da war je nie ne feste Gruppe. Es konnte ja kommen, wer wollte. Es hat sich mit der Zeit so ein Stammpublikum eingefunden. Das ist sone Stammgruppe. Und natürlich gabs auch unvorhergesehe Besucher. So: „was ist heut abend? Ich hab gehört, da passiert was.“ Da musste man das erstmal erklären.... Es gab gewisse Themenkomplexe. Z.B. ein Komplex hieß „Dein Nachbar ist das Medium“. Da haben wir über Nachbarschaft gesprochen. In verschiedenstem Sinne. Von den realen Nachbarn die im Haus wohnen bis zu dem, was hier am nächsten liegt, als Nachbarschaft. Ich hab zur Unterstützung auch mal so Fragebögen eingesetzt, weil das soon Objekt ist, der Fragebogen. Da kommen immer so Assoziationen. „Was soll ich denn da schreiben?“ Dann sagt jemand anders „Ja schreib doch das und das!“ Und dann sagt der andere: „Nee, das hat doch schon meine Oma ...“ Ich hab immer gerne Fragebögen verwendet, um so einen Grundstock an Wörtern zu bilden, damit die Leute anfangen einfach ihre Geschichten zu erzählen. ...

A.E.: ich finde ja deine Vorgabeform irgendwie bekannt. Also dass man zur Anregung irgendwas eingibt, was aber irgendwann dann auch vergessen werden kann. Nur um überhaupt irgend einen Anfang zu kriegen. Was wären Fragebogen? Das ist doch auch irgend ein Prinzip? Das man was einsetzt, an dem man sich so langhangeln kann.

S.Bü.: einen Fragebogen machst du ja um zu erheben, statistisch was auszuwerten im klassischen Sinne. Um Kundenzufriedenheit festzustellen. Sind sie mit multi.trudi zufrieden? Wie hat ihnen der Abend gefallen? Nehme ich ihn als Input, um was einzugeben oder nehme ich ihn um „herauszubekommen“, wie die Leute den Abend fanden. Je nachdem ist ja der Fragebogen formuliert und wird eingesetzt. So wie ich es bei dir verstanden habe, war es eher so, dass du ihn am Anfang verteilt hast und er war eigentlich ein Mittel zum Zweck. Ein Mittel um ne Atmosphäre, ne Ebene der Auseinandersetzung „was schreibst du denn da“ zu schaffen.
Dass dadurch ne Kommunikation zustande kam. Er war auch kein „Fake“, so dass die Leute sich bemüssigt fühlten, ihn auch auszufüllen. Oder hast du ihn am gleichen Abend auch ausgewertet? Oder war das was für später?

St.Be.: für später

A.E.: hast du ihn jemals ausgewertet? Nee, ne. Ich hab dich auch so verstanden, dass er mehr als Anregung gedacht war.

St.B.: der war als Anregung gedacht. Wenn ich mal Zeit hab, würde ich ihn auswerten. Z.B. habé ich gefragt: neben wem würden sie gerne oder nicht gerne wohnen? Polizist/Lehrer/Priester/Sozialarbeiter. Und dann kam sowas wie: Würdst du gern neben einem Polizisten wohnen? Nee! Oder so. Oder: Beobachten sie alleinstehende Frauen oder Männer ihrer Nachbarschaft mit besonderer Aufmerksamkeit? ...Ich hab ja immer auch die Unfertigkeit dieser Abende deklariert. Einmal hieß der Themenkomplex „Kurhaus“. Und dann kamen die Leute an und sagte: das soll ein Kurhaus sein? Also ein Kurhaus, das muss auch Postkarten anbieten. Und dann hab ich für die nächste Sitzung halt Postkarten gemalt und die verkauft. Oder: Kurhaus, das muss irgendwie auch Wassertherapie anbieten. Also hab ich fürs nächste Mal ne Schüssel gekauft und die Leute konnten dann die Füsse reintun. Also ich hab nie, wen ich soon Thema gemacht hab, gedacht, ich mach das komplett fertig, sondern ich fang mal damit an, mit dem Thema, und mal sehen, wie sich das über die Abende entwickelt. Weil es oftmals war, dass die Leute dann mit Ideen kamen, die das Thema dann fortgetrieben haben. Das könnt man ja noch machen oder dieses könnt man ja noch machen ...

A.E.: wie oft habt ihr euch, oder wie oft hast Du das veranstaltet?

St.Be.: also das war ganz unterschiedlich. Ich hab angefangen mit „jeden Samstag“. Also angefangen hab ich September 97 und bis März 98 hab ich jeden Samstag gemacht. Und dann hatte ich ja diesen Lehrauftrag in Leipzig. Dan wars sehr unregelmäßig. Wenn ich Ferien hatte mehrmals hintereinander, wenn ich keine Ferien hatte wars nur einmal so zwischendrin. Und als ich da fertig war in Leipzig, dann hab ich wieder angefangen das wöchentlich zu machen. Aber da kamen nicht mehr so viel Leute. Und dann hab ich das eigentlich immer mehr ausgedünnt. Also zuletzt habe ich alle drei Wochen gemacht.

A.E.: das ist ja immer noch mindestens einmal im Monat!

St.Be.: ich weiß gar nicht, wie ich das damals gepackt hab. Ich hab ja Flyer gemacht und das alles vorbereitet. Also es war nicht jeden Samstag was komplett Neues, aber immerhin musste der Flyer gemacht werden und das beworben werden. Also gut,
jetzt im Sommer hab ich ja auch von Mai, Juni, Juli, hab ich jeden Sonntag gemacht. Die ersten vier Wochen war ja „Theorie der Langeweile“ und der Rest war ja „Ästhetik der Teilnahme“. Das war jetzt nicht so, dass ich ständig so‘n neues Thema angeworfen habe. Aber am Anfang hab ich da so richtig .... Gut, das war ja auch wie so‘n Labor. Mir gings ja auch darum, so viel Facetten wie nur möglich an so einem Ding auszuprobieren.

A.E.: wie kamst Du auf ‘Theorie der Langeweile‘? Das war ja im 18. Jahrhundert so was Hervorstechendes. Hat es damit was zu tun? Oder gar nicht?

St.Be.: nee - wie kam ich denn da drauf? Das ging über die mailing-Liste, wo ich diesen Vortrag erwähnte, der sich hier mal zugetragen haben soll in Adornos Vorlesung. Es war so 68 oder 69. Während der Vorlesung sollen also Studentinnen sich ausgezogen haben und Adorno ihre Brüste präsentiert haben. Und Adorno soll daraufhin vollkommen verwirrt die Vorlesung abgebrochen haben. Jedenfalls schrieb da die Anni: „wahrscheinlich aus Langeweile“. Wobei sie wohl meinte, die Studentinnen haben sich so gelangweilt, dass sie sich ausgezogen haben. Aber jedenfalls kam mir da mit dem Wort ‘Langeweile‘ das Stichwort. Wobei das ja ein enorm spannender Themenkomplex ist, wenn man sich mal überlegt, was da so alles dahintersteckt. Kurioserweise haben ja die Leute, die dort hinkamen, steif und fest behauptet, sich nie zu langweilen. Das war kurios. ...
A.E.: vielleicht ist das auch immer ein Zeitphänomen, weil unsere Zeit leidet doch so an Überhektik, es ist immer was los, ... man hat vielleicht auch das Gefühl, man langweilt sich heute nicht.

St.Be.: ich mein ja, diese Langeweile ist derart präsent, dass sie nur nicht wahrgenommen wird. Sonst müsste es doch nicht diese dauernde Zerstreuung, das ständige sich ablenken geben. Zu was soll man zerstreut werden, von was soll man denn bloß abgelenkt werden? Dies ständige unterhalten werden. Halten, da steckts ja auch drinn. Man muss gehalten werden. Wo würd man denn hinfallen, wenn man nicht gehalten würde durch die Unrterhaltung. Da drückt sich ja immer sone Leere aus, sowas, was partout abgewendet werden muss. Zerstreut! Unterhalten! ... Na ja, das letzte war dann auch einfach zu fragen, wie ist denn das überhaupt, dieses Teilnehmen? Das wird dann ja so als selbstverständlich angesehen. Ich hab das ja auch erstmal so angenommen. Ich mach irgendwas und die Leute machen da mit. Die nehmen einfach dran teil. Aber was ist das denn eigentlich, dieses Teilnehmen? Man wird überall aufgefordert. An Aktionen - da teilnehmen, dort mitmachen, komm hier vorbei. Was bringt man denn mit? Was ist denn das eigentlich? In dem Raum da war ja nun nichts. Der Tisch, die Stühle, paar Zeitschriften. Also man dort da hin und sagte: nimmst du jetzt hier teil? An was denn nun?

S.Bü.: Teilnahme wird ja auch sehr einseitig vorgegeben. Eigentlich heisst es ja: komm zum Abfüllen.
Weil Teilnahme heisst ja eigentlich, dass du auch was mitbringst. Ne Vorstellung zumindest, von dem, was du dort hinträgst. Woran andere wieder teilnehmen. Teilnahme geht nur eigentlich auf ne Art Gegenseitigkeit. Wenn jeder an etwas teilnimmt und auch der Gastgeber Teilnehmer ist, dann kann es ja nur sein, wenn jeder was gibt und auch - nimmt. Sonst gibts Teilnahme als solches ja gar nicht, sondern Unterhaltung, Langeweile ...

K.A.: teilnehmen ist ja nehmen. Dann haben wir gedachten ja, wir müssen ja auch was geben - und dann haben wir ‘Teilgabe‘ gesagt.

St.Be.: Teilgeber - wobei das ja die leichtere Frage ist. Die gibts andauernd. Städig wird einem was vorgegeben. Was mir ja immer als Problem erscheint ist z.B., dass im Museum die Kunstwerke sozusagen dauernd existent sind. Ob das Museum offen oder nicht, die sind immer da. Mein Gedanke war ja der, dass Kunstwerke dann nur sozusagen gemeinsam gehalten werden - ich sagte „der Abend, das ist die Skulptur - und wenn die Leute nach Hause gehen, ist nicht mehr. Ist nix, was als solches bleibt, während man im Museum fraglos davon ausgeht, dass am nächsten Tag der van Gogh noch immer so da hängt, wie er am vorigen Tag verlasssen wurde. Wobei, was ich ja ganz spannend finde und eigentlich noch immer nicht so ganz verstehe ist, der Pierre Bourdieu spricht ja von der kulturellen Konsumtion. Der geht ja davon aus, dass Kultur verbraucht wird durch Konsum. Also ich stell mir das ja so vor, dass tatsächlich gewissermaßen - es kommt was Neues auf den Markt, z.B. diese Freitagtaschen, dann werden die alle gekauft und irgendwann sind sie nicht mehr en vogue und verschwinden wieder. Die sind konsumiert worden, aber genauso kann man sagen: in den Museen, was weiß ich, waren die Museen voll von Hundertwassern und die sieht man heut auch nicht mehr. Die müssen ja noch irgendwo sein, weil weggeschmissen worden können sie ja nicht sein. Die sind im Depot. Aber letztlich sind sie konsumiert worden, in dem Sinne: man hat ihre Wirkung einfach aufgebraucht. Das ist doch erstmal was, was so in der normalen Ästhetik nicht vorkommt.

A.E.: es gibt bei den Journalisten ja auch sowas: wenn ein Thema schon verbraucht ist, dann heisst es „das ist abgefrühstückt!“ Es ist wirklich konsumiert worden, es ist weg.

St.Be.: das Interessante ist ja, dass erstmal so was von ewigen Werken geredet wird, ob Goethe oder Schiller oder Leonardo da Vinci - und die interessante Frage, worauf ich dann der Bourdieuxabzielt, ist ja die Frage, wo kommt der Nachschub her. Wenn man davon ausgeht, auch der Goethe oder Schiller werden permanent verbraucht, wo kommt das her, dass das nicht aufhört? Denn eigentlich kann man ja so sagen, wenn sich niemand mehr für Leonardo da Vinci interessieren würde, dann würde er einfach vergessen werden, die Werke würden verfallen, verstauben. Es muss irgendwo ein beständiger Nachschub in Gang kommen um diese Dinger zu füttern, damit sie auch weiterhin konsumierte werden. Dieses Konsumieren - man denkt ja erstmal, das ist jetzt sowas Immaterielles, wenn ich mir jetzt einen van Gogh angucke, da ist ja nix dabei. Aber nach der Idee von Bordieux verbrauche ich ihn in ner gewissen Weise durch mein Gucken. ... Das war eben der Gedanke: im Museum tut man so, als wär nix mit den Dingern. Die können heut so sein, wie sie morgen sind. Und ich hab immer auch den Gedanken gehabt. dass Kunstwerke dann nur solange existieren, wie die Leute zusammen sind und sagen, wir wollen dieses Kunstwerk so. Es ist zwar ne Microzeit, aber im Prinzip ist das das Modell, was letzendlich überall der Fall ist. Ich sag ja immer, unsere Politiker hier in Frankfurt haben mehr zur Zerstörung der Kultur beigetragen, als sämtliche Bilderstürmer und Protestler irgendwie je zustande gebracht haben. Das sind die eigentlichen Unwissenden, aber effektiven Niederreisser von ... die haben mehr institutional critic betrieben, als es je diese gesamte Bewegung geschafft hat. Die haben ja das Institut für Neue Medien geschlossen, die haben das TAT geschlossen, jetzt sind sie dabei das Ballett zu schließen. Die haben zwar keine Theorie dazu im Hintergrund, aber sie sind ungemein effektiv, während die anderen, die faseln sich was von institution critic ab, aber kriegen nix hin. Im Prinzip müsste man ja schreien: Bravo! Es ist großartig! Mehr davon! Bitte schließen sie auch noch das Museum für Moderne Kunst, bitte schließen sie noch die Schirn-Kunsthalle. Eigentlich, wenn es nicht so traurig wäre, müsste man ja immer nur Bravo rufen. ...

A.E.: aber ich fand das ganz interessant, was Du gesagt hast mit dem ‘Verbrauchen‘, also Kunst verbrauchen, das kommt das wieder mit dem ‘Teilnehmen‘ und ‘Teilgeben‘ rein. Ich glaube, dass vielleicht diese Energie, die man darauf richtet, das Kunstwerk zu verbrauchen auch die gleiche Energie ist, mit der man es wieder füllt. Also wenn ein Interesse da ist, dann vergeht es nicht. Ich glaube, so komisch es klingt. es ist beides.

K.A.: oder auch, es wechseln ja immer wieder die Paradigmen - die Bilder stehen im Depot und sie sind, zu teuer, um sie tatsächlich zu vernichten. Dann kommen jüngere Paradigmen: begeistertes „ach!“ Dann kann es wieder rausgeholt werden und entdeckt werden.

A.E.: wär ne andere Möglichkeit. Die Dinge rotieren immer von unten nach oben.

St.B.: das ist ja das, was der Boris Groys so verbreitet in seiner Theorie: die Dinge sinken in den Alltag in den Alltag zurück und neue Dinge des Alltags werden kulturell valeurisiert, irgend ein Künstler holt Dinge vom Müll ... das Gute bei dem Kreus ist, dass er nicht das spezifische des Müll meint, sondern der Alltag, das Profane ist immer bloss Müll. Und die Hochkultur ist eine andere Ebene und zwischen den beiden besteht ein beständiger Austausch. Deswegen kann man immer wieder Beispiele sehen wie draussen diese Plakate: Jonathan Neese ... par exellence, man schmiert rum, man suhlt, man produziert in dem Sinne Scheiße und diese Scheiße wird dann wieder als Hochkultur aufgenommen: „Das hab ich ja noch nie gesehen!“ „Großartig!“
Und gleichzeitig sinken dann wieder andere Dinge, Dubuffet oder sonstige Leute, die man mal ne ganze Zeit hatte, die sinken jetzt wieder runter. In ein paar Provinz-Museen da hängt dann noch mal so ein Dubuffet, oder Abstrakter Expressionismus ist im Moment ziemlich out und das geht so lange, bis einer es wieder neu findet. - Das wär ja auch sowas wie auf Gegenseitigkeit.

K.A.: ich will mal etwas jetzt von mir sagen: für mich fing das an mit dem „ich weiss allein nicht weiter“. Und zwar (lacht) - ich bin Dir sehr dankbar! Stefan: guck mal in den swiki! Da sind jetzt zwei Bilder q#...

St.B.: ... mein Diskomäuschen ...

K.A.: natürlich: so vielschichtig-hintergründige Qualität! Dann kam Jonas, mein Sohn, und sagte: Das ist ja gruselig! Er weiss, was die Worte für mich bedeuten … ich hätte es so treffend gar nicht sagen können ...

St.B.: ja, ich hab da irgendwo aus dem Internet so ein Diskomäuschen rausgegriffen und hab ihr das Schild anmontiert

K.A.: ehrlich? Das ist montiert? Ich hab immer schon geguckt und gedacht: die Hand, eigenartig! Aber es wird schon stimmen.

St.Be.: ich hab mich ja selber fotografiert, so ... und dann hab ich das montiert. Natürlich ist die Hand anders, die ist genau spiegelverkehrt ...

S.Bü. muss nach Wiesbaden, geht ab.
...
K.A.: Der Künstler, der weiß ja auch nicht weiter. Wieso soll der weiterwissen. Es ist so, dass jeder Mensch den andern braucht, und nicht nur zum applaudieren. Natürlich, da kriegt er ja auch was, aber es ist auch Inhaltliches, was man vom anderen Menschen braucht. Das ist ein zentraler Punkt, dass der Künstler einer ist, wie jeder Mensch, der vom andern Bedeutungen auch haben will. Er kann ja nicht der sein, der bloss gibt. Auch die Idee Publikum kann es bei ‘auf Gegenseitigkeit‘ nicht geben.

St.Be.: das würde ich auch so sehen. Das hat auch der - ich war ja jetzt in Kassel auf diesem Kongress, wie hieß der denn: „Austausch und Utopie unter Netzbedingungen“ oder so. Vordergründig gings um dieses filesharing, aber es gab auch dort so andere Punkte. Ich hab eben dort auch über diese „Ästhetik der Teilnahme“ gesprochen und da war so ein israelischer Künstler, der mich ganz harsch unterbrach und sagte „Bourriaud! Du musst doch Bourriaud gelesen haben! Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass du das alles hier vorträgst ohne den Namen Nicolas Bourriaud zu erwähnen. Und ich: wer bitte? Ich weiß nicht, wer Bourriaud ist. Ja, das musst du unbedingt ... der ist soo wichtig! Na und jetzt hab ich mir endlich dieses Buch gekauft. Ein Franzose, der hat dieses Buch geschrieben, das heisst „Postproduktion“, was jetzt nicht so gewaltig ist, wie das jetzt am Anfang klingt, aber der nochmal so ganz schön diese Thematik zusammenbringt und quasi sagt: die vormals getrennten Sphären von Produktion und Konsumtion schieben sich immer mehr zusammen. Man kann nicht mehr sagen, das sind konsumenten und das sind Produzenten ...

K.A.: meint der das jetzt speziell auf Kunst bezogen?

St.Be.: speziell auf Kunst bezogen. Also er meint es in einem allgemeineren Sinne und sagt, diese allgemeine Situation schlägt sich auch in der Kunst nieder insofern es immer mehr Künstler gibt, die die Werke anderer Künstler benutzen und weitertragen oder Arbeiten schaffen, die das Publikum mit einbeziehen, z.B. dieser Tiravanija, den ich eigentlich gar nicht so mag. ...

Bandwechsel

Natürlich, weil die Werkzeuge das immer stärker ermöglichen, das man einfach hergehen kann und mit relativ einfachen Mitteln was aufnehmen, kopieren, verfremden kann. Ich war jetzt grade in Malmö und da hab ich z.B. über das Scratchen gesprochen, Plattenscretchen - das ist ja auch ne Möglichkeit, was Eigenes zu schaffen, was vorher schon produziert worden ist.

A.E.: was ist das, scratchen?

St.Be.: Scratchen ist, was die HipHopper erfunden haben. Die haben angefangen, zwei identische Platten zu benutzen und haben da ein Element des Rhythmus rausgenommen. Der eine hat gespielt „tschak, tschak, tschak, tschak, tschak!“ und dann haben sie den anderen ganz schnell zurückgezogen und dann hat er wieder „tschak, tschak, tschak ...“ und dadurch haben sie es, durch eine unglaubliche Fingerfertigkeit, so einen kontinuierlichen Sound, also Beat zu erzeugen. Die haben irgendwelche Soul- oder Funk-Platten genommen, so eine Stelle vom Schlagzeug: „tschickedebumm bumm bumm - bumm bumm“ und dann kam wieder ein ganz anderer Rhythmus. Aber die fanbden genau dieses „tschickedebumm bumm bumm“ gut.Da es ja nichts gab - das wurde Anfang der 70er erfunden - wo man das hatte samplen und isolieren und loopen können, haben die das mit der Hand gemacht und dadurch haben die dann quasi aus den Platten was Neues geschaffen. Das ist ne Art von Meta-Musik. In einem andern Artikel las ich, dass wenn man ein Instrument benutzt, dann ist das Instrument zuerst tot, und man muss was tun, damit das lebendig wird. also reinblasen oder hämmern. Während der Plattenspieler, in seiner eigentlichen Funktion lebendig ist - er will ja die Platte abspielen, er tut was - und um ihn zum Instrument zu machen, muss man ihn stoppen. ... Das, was man eigentlich nicht machen soll. Das ist quasi der Unterschied zwischen Plattenspieler und Klarinette, oder so. ... Die Leute konsumieren diese Platten um daraus neu zu produzieren. Natürlich kaufen viele Leute die Platten bloß um sie anzuhören, aber jetzt gehen die Leute hin, kopieren die, spielen die auf den Rechner und stellen die wieder andern zur Verfügung und sind da am tauschen. ... Mir fiel auch ein: Deleuze/Guatari im Anti-Ödipus steht sowas wie: ja, Produktion, Konsumtion, usw., das sind alles irgendwie alte Vokabeln, was uns interessiert, ist die Produktion der Produktion und die Konsumtion der Konsumtion. Und dann dacht ich, ja, das ist genau vielleicht der Punkt: sozusagen das Produkt eines Produktes. Das ist eine neue Kategorie, die man schafft. Also wenn man hergehr und kauft ne CD, dann hat man ein Produkt. Und wenn aber dann das kopiert und was in einem MP3 macht und das im Netz veröffentlicht, hat man ein Produkt des Produktes geschaffen. ...Man ist sozusagen auf ner ganz anderen Ebene. Und die Industrie glaubt, das sie einfach das Recht hat, den Leuten vorzuschreiben, was sie denn nun alles mit dem Produkt machen können sollen. Aber das betrifft die CD, aber das, was jemand mit der CD macht, gehört nicht mehr der Industrie. Das ist dann nur noch ne Rechtsfrage. ... Das Produkt des Produktes oder der Verbrauch des Verbrauchs, das sind neue Kategorien, die sich da schaffen. Was ich auch immer wieder gerne so sehe - wahrscheinlich kennt ihr das auch, von Senett: Der Verfall der öfffentlichen Ordnung“, kennt ihr nicht? - also das ist sehr spannend, weil der nämlich zeigt, vor allen Dingen am Theater, ne ganz interessante Entwicklung ist. Nämlich im 18. Jahrhundert noch war das Theater wesentlich wilder und aktiver als zuvor. A war es z.B. so, dass sich die Leute entweder gar nicht darum gekümmert haben was auf der Bühne passiert ist, sondern irgendiwie haben die gegessen, getrunken, sich unterhalten oder sie haben das lautstark kommentiert oder bei guten oder schlechten Passagen eine Wiederholung verlangt: „Nochmal, komm brings nochmal!“ ... Die Schauspieler wurden gnadenlos ausgepfiffen oder eben auch wurde das Publikum zu Tränen gerührt. alle fingen an zu weinen oder haben geschrien und gelacht. Und dann erst trat sukzessive im 19 Jahrhundert diese strenge Form des Theaters auf. „Das stille Publikum“ nennt er das. Gleichzeitig auch Veränderung der Künstlerrolle. Aslo während im 18. Jahrhundert der Künstler noch so unter dem Dienstboten rangierte, dem man auch mal einen Tritt geben durfte, wurde das im 19. Jahrhundert immmer stärker zu ner exemplarischen Figur, die das auszudrücken hatte, was sich die andern nicht getraut haben. Da wären wir eigentlich an dem Punkt, wo Du sagst: musste der Künstler weiter wissen?
Im Theater des 19. Jahrhunderts hat man verlangt, der Künstler muss emphatischer, ekstatischer, tiefsinniger etc. sein als das Publikum.

A.E.: da gibts ja noch ne Vorstufe. Bevor dieses aktive Publikum war, gabs ja gar kein Publikum. Da haben sie ja mit sich selber Theater gespielt. Also wirklich für sich und mit sich Theater gespielt. Dann hat sich das sicher daraus entwickelt, dann kam das artige Publikum, wo der Akteur wusste wo längs geht, was Du jetzt erzählt hast ... und jetzt „ich weiß allein nicht weiter“ ...

St.Be.: ja, das sind immer wieder Versuche, diese starren ..., das Konfrontative aufzubrechen. Ob das jetzt im Theater ist oder in der bildenden Kunst, grade diese Form, dass der Künstler die exemplarische Leidensfigur ist, der christushaft das Leiden der Welt auf sich nimmt und erlöst ...

K.A.: da gibt´s doch das ‘Barlach-Haus‘ in Hamburg, im Jenisch-Park. Da war gerade eine Ausstellung von Hodler ... der hat genau diese Rolle übernommen ...

A.E.: aber irgendwie liegt auch da das Problem. Also jetzt geht der Link wieder in dieses Restaurant, wo wir vorhin gesessen haben: ich weiß allein nicht weiter - und diese Künstlerrolle verändert sich, es wird eben nichts mehr produziert. Aber wir leben im Spätkapitalismus oder auf welcher Stufe des Kapitalismus auch immer, und da gehts immer nur um Ware: wo ist die Ware und wo kommt das Geld her. Da beisst sich das irgendwie ... ?

St.Be.: das versteh ich nicht. Wo genau, denkst Du, beisst sich das?

A.E.: der Künstler produziert nichts mehr. Was ist denn dann überhaupt. Jetzt mit diesem Kapitalismusverständnis gemessen. Wo ist die Ware, die man verkaufen kann? Ich will das nicht propagieren. Ich meine nur, das ist das Dilemma.

K.A.: das hatte Sascha auch geschildert, oder Detlef Fischer. Wenn wir zusammenkommen, dann ist immer das ein wesentliches Problem.

A.E.: davon kann ich doch nicht leben ...

St.Be.: ja klar. Es ist sicherlich so, dass es gewisse Sachen gibt ... Dieser Tiravanija? ist jemand, der sehr geschickt solche patizipativen Modelle im Kunstbetrieb plazieren kann. Wir hatten den ja auch mal hier, vor zwei Jahren. Da hat er vier Wochen Porticus gemacht...

K.A. und A.E. kennen den Künstler nicht

St.Be.: das ist ein thailändischer Künstler, der derzeit im Kunstbetrieb, weniger auf dem Kunstmarkt, immer dabei ist. In Köln hat er mal seine Wohnung nachbauen lassen und Leute konnten wirklich drin wohnen und in Basel hat er ein Musikstudio einrichten lassen und Leute konnten dann in die Kunsthalle gehen und tatsächlich dort Musik machen oder Musik üben ...

A.E.: aber er hat immer gemacht, das waren immer seine Konzepte?

St.Be.: das waren immer seine Konzepte

A.E.: das passt aber auch, das ist Partizipationskunst. Du richtest irgendeinen Spielraum her für das Publikum und da kann es sich eben, innerhalb eines bestimmten Rahmens, tummeln. Das passt aber auch noch.

St.Be.: Der stellt in dem Sinne aber auch kein Werk her. Es kauft niemand einen Tiravanija. Ich sag das als Beispiel dafür, was der Kunstmarkt aufnimmt.

A.E.: aber da fehlt die Veränderung der Künstlerrolle: „ich weiß allein nicht weiter“, „ich hab auch nicht das gelbe vom Ei in der Tasche“! Er weiß es ja genau. Er gibt ja die Voraussetzungen vor. Er stellt ja die Bedingungen.

St.Be.: das ist richtig. Wobei im Grunde das auf ne zynische Art immer wieder propagiert wird. Erstmal ist es ja so, wenn man hier an die Städel-Schule geht: „ja, ich weiss ja auch nicht“, „wo solls denn lang gehen“, ... Das wird leicht zu so einem existentiellen Habitus, der sich so ...

A.E.: das ist es aber nicht ...

St.Be.: nee, nee, das ist schon klar ... also mich hat das ja vollkommen beeindruckt. Ich hab das ja nur vom Hörensagen: „Jetzt ist er vollkommen ausgeflippt. Der Alte, der spinnt“, „Das passt“ So wurde mir das vorgetragen. „Der Alsleben, der ist ja vollkommen bekloppt. Jetzt hat er sich da mit diesem Schild vor die Schule gestellt.“

K.A.: das weiß doch gar kein Mensch. Ich wunderte mich sehr, dass Du danach fragtest.

St.Be.: ja sicher, das wurde mir damals zugetragen ...Mir hat das immer so im Kopf rumgespukt, als Problematik. Ich war ja dann beim Blume in Hamburg. Der hat immer das herkömmliche Künstlermodell als Idealismus kritisiert. So: hier Idee - da Objekt. Hier denkendes, vorstellendes Subjekt, dort Welt, die mein Objekt ist. Auf die ich mich sozusagen schaffend, produzierend draufwerfe. Das hat er immer so als Idealismus kritisiert. Diese einseitige Ursache-Wirkung-Struktur, dass die irgendwie daneben ist. Das war ja quasi sozusagen auch die Grundidee seiner Fotos: Kartoffeln werden lebendig. Der Salat verweigert die Zubereitung, die Hausfrau spielt nicht mehr mit, ... Das ist immer die Idee, das die Welt überschauende, produzierende Subjekt ist quasi eine Illusion. Und stattdessen ist man in einem konstanten Hin und Her. Die Objekte werden genauso zu Subjekten ...Da war auch so eine parallele oder ergänzende Sicht drin. Bloß nicht so: ich krieg das alles gebacken. Ich bin sozusagen derjenige, der den Überblick hat. ...

K.A.: das ist ganz schön. Man kennt sich gut, man redet gern miteinander. Aber wir haben es nie richtig verstanden.

St.Be.: Zuerst, als Student war es auch so: Idealismus? Man denkt denn ja man wäre so voller hoher Ideale. Aber er meint das wirklich so in nem ganz nüchternen Sinne. ...
Es gibt ja mitlerweile eine Arbeit, die in gewissem Sinne gerade das Gegenteil darstellt. Das kann ich Euch gleich mal zeigen. Ich hab ja erzählt, ich hab ja dieses Kaffeehaus-Seminar gemacht, wo wir auch so gemeinsam gesprochen haben: was geht jetzt durch den Kopf.

K.A.: wo hast Du das gemacht?

St.Be.: das hab ich hier in Frankfurt gemacht.

A.E.: Kaffeehaus-Seminar? Habt ihr Euch im Kaffehaus getroffen?

St.Be.: wir haben uns einmal in der Woche im Café getroffen. Anfangs haben wir noch überlegt, wir lesen gemeinsam was und dann fiel uns aber irgendwann auf, dass im Grunde die einfache Frage: „Wie gehts dir?“ oder „Wo biste grade dran?“ soviel Stoff liefert, dass wir da zwei Stunden - das war immer so der Rahmen, von vier bis sechs - Das war genug. Na ja und dann kam eben 97 dieses Lokalradio und da haben wir gesagt, wir setzen uns einmal im Monat einfach ins Radio und machen genau das, was wir auch sonst machen. Na ja, und irgendwann bröckelte das ab und es kamen immer weniger und weniger und irgendwann saß ich allein da im Radio. Und dann hab ich gedacht: Was machste denn jetzt? Sollste jetzt Musik spielen? So Art Ausfallsendung machen? Und da hab ich mir gesagt: Nö, ich red einfach so! Und da hab ich mir einfach vorgenommen, du hast diese dreiviertel Stunde und jetzt redeste einfach, was dir so durch den Kopf geht. Da ist jetzt mittlerweile ne feste Sendestunde draus geworden. Einmal im Monat geh ich da allein ins Radio und dreh den Regler hoch und fang einfach an zu reden. Ich zeig Euch das mal ... Da ist nämlich genau: ich weiß alleine weiter! Das ist die umgekehrte Form.

Stefan zeigt eine Aufzeichnung seiner Sendung.

K.A.: Ich bin äusserst entzückt von Deiner Radio-Sendung, ‘alleine weiter zu wissen‘.
Ich muss sagen, die Mutualität allein als Grundgedanke, das trifft auch nicht, was wir uns vorstellen, auch nicht das, was wir machen. Man müsste sie mit dem Wort Konversation zusammenbringen. Das ist nötig. An dem Wort Mutualität ist das Angenehme, dass via des Mutualismus da was Utopisches drinsteckt. Wenn man nur sagt, wechselseitig, das ist formal und
hat nun noch nichts mit Kunst zu tun. Vielleicht ist deshalb nötig, es mit Konversation zu verknüpfen. „Ich weiß allein nicht weiter“, das heisst, ich will Respekt haben vor den Andern, vor der Anderweite, vor der Abhängigkeit mit den Andern. Das muss ich ja erstmal respektieren und nicht sagen: komm, da geht‘s längs, für oder gegen mich.

[liebe Stefan und Sascha, ich habe im Kopf, diesen Turn von mir nachher zu streichen…]

Was könnte denn die Konversation bringen? Da könnte man sagen ja, sie bahnt mehr oder weniger interesselos Bedeutungen an. Keine Utopieformulierungen, keine Vereinbarungen, aber doch ne Basis, das irgendwas Gemeinsames da ist, als Möglichkeit. Mit dem Wort Konversation ist nicht besonders Rede gemeint ist, sondern sie ist gesamtsensorisch zu verstehen. In der Salonkunst: die haben ja auch getanzt, gegessen, Theater gespielt für sich, Conversationsspiele gespielt, ...

Ich hab in der Zeitung gelesen, im Zug hierher, in der europäischen Verfassung ist zum Beispiel das Wirtsschaftssystem vorgeschrieben. Es ist nicht so wie in der bundesrepublikanischen Verfassung, ein Rahmen war angegeben, nein, in der europäischen Verfassung ist ein “ultraliberales Wirtschaftssystem“ vorgeschrieben. ...
Also, was macht man jetzt in dieser Situation? Wie lebe ich jetzt damit? Ich erlebe es jetzt ja täglich-nächtlich. Am Jungfernstieg ..., Obdachlose. Erlebe Sachen, die ich nicht will. Ich weiß, es ist ja auch nicht sachlich nötig. Steht überall in der Zeitung, wir müssen sparen, gleichzeitig beobachte ich, dass längst mehr Kapital herausgezogen ist, als Anlagemöglichkeiten gesehen werden, leerstehende Bürohausneubauten, Privatisierungssucht. Das heißt, es ist soviel Geld da, dass es keine Investitionsmöglichkeiten sieht. Es werden immer Leute entlassen, das Geld wird uns abgezogen ... oder die Hochschule in Hamburg hat jetzt einen Vormund. Wir sind entmündigt. Die Universität auch. Die haben einen Vormund bekommen. Eine Gruppe hochschulexterner Leute, die können über die Wahl der Präsidenten, ich weiß nicht wie weit, bestimmen. Dann können sie in den Lehrbetrieb eingreifen. Der eine, als sie sich neulich vorgestellt haben, sagte, was die Studenten lesen sollten, was für ein Buch. Die Fachhochschule für angewandte Wissenschaften hat das auch. Dass das geht. Innerhalb von einer Generation. Ja - nun weiss ich ja da nicht weiter. Nun dachten wir, mit der Konversation, dass ist ja so schlecht gar nicht. ... Man kann ja da gar nichts gegen machen. Jetzt nun protestieren? Die Regierung kann ja da gar nichts gegen machen. Es müssten alle Unionmitgliedstaaten müssten einstimmig ... dann könnten sie die Verfassung ändern. Also diese europäische Komission. Naja, die Verfassung ist ja noch nicht durch. Aber da steht z.B. auch drin: “Liberalisierung des Bildungswesens“. So wie die Post z.B. so soll auch das Bildungswesen “liberalisiert“ werden. Ja, es ist ja kaum was direkt zu machen. Die Regierung in Berlin, ja die können gegen die in Brüssel ... sie habens ja unterschrieben und müssen jetzt durchsetzen, was dort gemeinsam beschlossen wurde. Tja. Zu ändern wäre es ja, wenn ein Paradigma gewechselt hat. Dann würden alle sagen, was soll denn das. Dann braucht man wahrscheinlich kaum noch abstimmen in Brüssel, dann wird es geändert! Wenn man gar nicht mehr versteht, was das soll.
So dachte ich also in der Bahn auf dem Weg hier her: die Konversation ist vielleicht eines unter anderen wichtigen - gut man soll nicht sagen. dass die Kunst ne Funktion hat - aber doch, hat ne Fuktion, das kann man doch sagen -
Wenn die Leute untereinander sich erzählen können, was denn wirklich los ist: das geht doch nicht! Damit sie sich von den Medieneinflüssen,m den Medienindoktrinationen sich ein bisschen lockern können. Ein bisschen von los können. Natürlich gehört denn auch dazu, dass jemand ein kluges Buch schreibt, was dann einen Schub gibt. Damit der das Buch schreiben kann, das geht ja auch nicht ohne, braucht es eine gemeinsame Bedeutungsbasis. Dass so die Konversation vielleicht eine Wichtigkeit hat als Kunst.

St.Be.: ich mein, wir hatten ja hier in Frankfurt - das war eigentlich erstmal einer der Auslöser für verschiedene Arbeiten - diese extrem polarisierte Situation, dass im Grunde sehr wenige Figuren sagen konnten was sie für Kunst halten und alle anderen sind hinterhergedackelt. Wir hatten ja jahrelang hier diesen Kaspar König als Rektor der Städelschule und als Portikus, und wir hatten diesen Amman am Museum für moderne Kunst, die natürlich noch in x Kommissionen sitzen und das war ja hier sozusagen eine Monokultur der Meinungen. Man hatte im Prinzip mal diese Meinung oder man hatte gefälligst keine Meinung. Das war ja der Punkt, das wir mit dem „Thing“ angefangen haben um überhaupt eine Plazzform für alternative Meinungen zu etablieren. Das man irgendwo einen Raum entwickelt, der das sein kann. Z.B. hier mein Kollege Achim Wollscheid, der ist ja sechs Jahre älter als ich, der hat das ja noch früher erlebt an der Städelschule, da stand dann ein Student auf: ja aber ich dachte, wir könnten doch vielleicht mal .. und der König: „Setz dich, Manfred!“ Der setzt sich dann wieder und dann wars gut. Das heißt ja auch, damit wirklich einen Raum zu schaffen, wo man nicht bestraft wird. Wo wir auch mit ner mailing-Liste an die Grenzen stoßen. Ich wollte heute den Sascha mal fragen, wie er so seine Situation sieht, weil ich ihn als extrem aggressiv empfinde in seinem Verhalten. Wo er sagt: ja, das wird dann an alle mailing-Listen geschickt. Mir war es immer sehr wichtig, z.B. in dieser Caféhaus-Runde, dass man möglich unzensoriert sprechen konnte: das ist Scheiße, das kannste nicht sagen, das find ich gut, sowas soll nicht sein .... es soll jedem möglichst viel Raum gewähren, dass man so gleich sagt: dass ist wie ne eins. Ohh, eins.
Man muss eben so einen Schutzraum erstmal ermöglichen, dass solche Sachen jetzt nicht direkt bewertet oder abgestraft werden. ... Z.B. im Internet hat man auch immer wieder Barrieren. Z.B. bei dem Content(?)Management-System gibts wiederum sone Art Benutzerordnung und es ist extrem schwierig, die zu umgehen. Da ist natürlich so ein „wiki“ wesentlich günstiger. Das eröffnet auch die Möglichkeit, dass man jetzt ohne so eine Zugangsbarriere ...

K.A.: das war für uns immer wichtig. Es ist eigentlich nie Vandalismus passiert. Wir haben für unseren Swiki nun auch nicht so viel Werbung gemacht, es ist also nicht so, dass er viele Menschen anlockt.

A.E.: ... wir haben aber auch ne kleine Schwelle. Da hat mal jemand mehrere Filme hochgeladen auf den swiki. Wenn du jetzt Bilder hochladen willst, dann musst du ein Passwort haben, aber einfach reineditieren kannst du immer noch.

St.Be.: also jetzt z.B. bei multi.trudi war ja Vieles sehr beiläufig. Da konnten auch Leute - obwohl es ja ein sehr kleieber Raum war - irgendwo so in der Ecke rumsitzen und was miteinander quatschen, ohne dass das jetzt irgendwie so in die ganze Runde getragen wurde. Wir haben da z.B. einen anderen Raum in der Allerheiligenstraße, da gabs ja den Tisch. Alle saßen um den Tisch rum. Also das war schon ne Situation, die eine ganz bestimmte Vorgabe war. Da hat sich allerdings auch rausgestellt, dass eben diese Konversation oder die Idee, dass die natürlich auch nicht ohne Vorgaben geht. Also wie oft saß ich da - z.B. hab ich einen Menschen, der war zwar sehr sehr positiv - der kam so: „Ja ich bin jetzt nur Handwerksmeister, also ich will jetzt mal sehen, was ihr so macht.“ Und der kam immer wieder aber auf ne Weise blieb er auch dabei oder fing mit nem Thema an, was sich immer wiederholte: „Diese Gesellschaft ist total krank!“ oder „Wir sind vollkommen degeneriert!“ Und hab dann immer versucht: „Siegmund, aber jetzt überleg doch. Wir müssen versuchen, das irgendwie weiter zu verstehen.“ ... Das waren wie so Knoten. Da kamen schon gleich die nächsten an: „Heutzutage ist alles nur uniformiert!“ „Alles ist nur Mode!“ „Alle sind gleich!“ „Es gibt keine echten Individuen mehr“ ... Ich sag mir, das ist natürlich auch so: wo sollen sie es denn hintragen? Diese Unsicherheit, diese Fragen. Das sind dann so Leute, die kommen dann zu mir und sagen: das ist ja nun ein Thema. Da gehts dann um das Museum oder es ist ne Ausstellung. Das wird ja irgendwo dann scheinbar nicht befriedigt. Das Museum bietet halt Führungen an, aber letztendlich bleiben dann doch sehr viele Leute für sich alleine und dann gibts so ein Angebot wie meines und dann sind sie da und jammern: „Ach Gott, es ist so furchtbar“ und „Die Kunst ist ja nicht mehr die, die sie mal war“. Und dann denk ich immer: bin ich hier jetzt der Psychotherapeut? ... Wir reden jetzt hier miteinander, aber es wird zuerst mal alles konfus. ... man redet sich halt mal so aus: ach Gott ja, es ist alles so schlimm. Und wenn es nur früher besser gewesen wäre.
Ich hab mir immer gesagt: O.K. es ist hart. Aber es zeigt auch das Defizit, das eben dieser Kunstbetrieb oder Kulturbetrieb auf ne Weise erzeugt. Dass es eben kein feed back gibt. Ich seh die Sache ja auch immer so: ich bring mich ja damit ein. Ich bin nicht so wie dieser Tiravanija, der irgendwas installieren lässt - der hat hier den Porticus gemacht und da hat er schon in Mönchen Gladbach das nächste Ding gehabt.
Also ich leide in dem Sinne da mit. Ich trage diese Aktionen, auch wenn ich denke: mein Gott, das saugt mich aus. Das macht mich total leer, diese Gerede.

A.E.: für uns ist auch immer die Frage dabei gewesen: wie kommt man auf ne bestimmte Problemhöhe? Ich finde, das wär da auch das Problem.

K.A.: ihr (an Antje gewandt) habt immer Bilder oder ihr habt gereimt ...

A.E.: das wir so ein bisschen die Alltagsgeschichten verlassen haben. Wir haben versucht mit poetischen Formen zu arbeiten: entweder Reime, Haikai renga oder Limericks und dann an Bilder anzuknüpfen. Dann kommst du auch in andere Link-Ebenen oder in andere Assoziationsmöglichkeiten. Dieser Wechsel zwischen Bild und Wort, diesen Medienwechsel, den finde ich ganz wichtig weil du aus diesen Schleifen kommst, die Du, Stefan, da beschreibst.

Bandwechsel (inzwischen geht es um automatische Übersetzungen)

St.Be.: ... ich frag mich was die da machen? Selbst sowas wie: „morgen geht die Sonne auf“ die Semantik oder Sytaktik des Satzes müsste eigentlich vollkommen klar sein. Da ist nix, was man in irgend ner Weise missverstehen kann ...

A.E.: Steffi hat uns doch auch mal eine automatische, Übersetzung aus dem Chinesischen gegeben. Total poetisch. Das muss genauso gewesen sein. Wir konnten nicht vergleichen, aber es war einfach so treffend und so umwerfen poetisch.

St.Be.: das Seltsame ist, dass eben das Koreanische im Gegensatz zum Chinesischen ja keine Bilderschrift ist. Das ist tatsächlich so, wenn man nun Japanisch als auch Chinesisch liest, dann sind das ja keine Buchstaben, sondern das sind ja Bilder. Dadurch kann man natürlich ne gewisse Bandbreite an Bedeutungen aus der Sache ziehen. Aber das Koreanische ist nun, was die Schrift angeht, da ist das ne Silbenschrift und funktioniert, soweit ich sehe, wie unsere Silbenschrift. Im Chinesischen ist es so, dass das Zeichen für Sonne nicht unbedingt Sonne sein muss, sondern das kann auch „hell“, „licht“ ... das Zeichen für Wasser kann genauso „flüssig“ oder „beweglich“ oder „nass“ bedeuten. Aber wenn man jetzt sagt, übersetz doch bitte „nass“ ins Koreanische, da kann man sich doch nicht so groß missverstehen. Vielleicht haben die die Maschine irgendwie falsch konnektiert? Das das gar nicht ins Koreanische geht, sondern irgendwo anders hin.

A.E.: oder es hat sich alles um ein Wort verschoben

St.Be.: sozusagen transponiert. Wahrscheinlich ist es sone Art Fehler ...

A.E.: so wie „verrückt“, sozusagen um eins verrückt. Und dann übersetzt es immer daneben.
....
St.Be.: Diese Arbeitsteilung in der Gesellschaft scheint irgendwie so gängig zu sein. Ich denk grade: die einen machen ne Bar und stehen hinter der Bar und schenken Getränke aus und die anderen sind Publikum und trinken diese Getränke. Was hieße jetzt Wechselseitigkeit? Diese zehn Leute beschließen zusammen einen Kasten Bier zu kaufen, sich ans Mainufer zu setzten und den auszutrinken. Wer das jetzt sone Art Wechselseitigkeit?

K.A.: jetzt kommt noch dazu: wer bezahlt? (lacht) ... wird es nach Umlage bezahlt. ... Spendenbüchse, der eine gibt mehr, der andere weniger

St.Be.: alle sind gleichermaßen beteiligt. Keiner steht vor oder hinter dem Tresen

K.A.: wenn jatzt Leute zu einem sagen, wir wollen ne Party machen, bring uns Bier, wir bezahlen, das wär ja dann nicht wechselseitig. Wie jetzt bei ner Krankenkasse, die ja Gewinn daraus ziehen. Genossenschaft wäre ein anderes Beispiel. Die Verwaltung muss natürlich bezahlt werden, aber die ziehen ja keinen Gewinn daraus.

A.E.: wichtig bei dem Beispiel finde ich noch, das es eine kleine Gruppe ist. Ich glaube, dass zu diesem Mutualen oder Wechselseitigen auch immer diese Offiziosität gehört. Das es eine kleien überschaubare Gruppe ist, nicht privat und nicht öffentlich.

St.Be.: das wär son Modellcharakter. In ner Firma gibts Leute. Der eine macht die Buchhaltung und der andere macht den Vertrieb und der dritte der sägt und schraubt das Teil und da ist es ja ganz klar: die einen machen dies und die anderen machen jenes und dann ist das halt ne Arbeitsteilung. Es kann vielleicht so sein, dass sie allesamt quasi an der Firma beteiligt sind. Der Punkt ist natürlich der, dass der eine sägt und der andere schreibts ein in das Buch und der dritte lieferts aus und der vierte denkt sich nette Sprüche für das Produkt aus ....
ich überleg mir halt, bedeutet es dass alle alles gleich gut können müssen ...
A.E.: das hab ich eben überlegt. Das glaube ich noch nicht mal. Also es muss jetzt nicht so völlig bestimmte Arbeitsteilung sein, wie du da beschreibst, aber Menschen können ja unterschiedliche Sachen unterschiedlich gut. Und warum soll man nicht so quer tauschen. Der eine kann das besser und macht das, das passt aber in den Zusammenhang und dafür macht ein anderer was anderes stärker..

K.A.: wenn man jetzt sagt: auf Gegenseitigkeit. Das war ja auch unabhängig von Kunst so‘n schönes Wort, was uns gut gefallen hat. Dann brigt der eine dies und der andere was anderes ein. Das aber nun auf ne Produktionsstätte zu übertragen, ....

St.Be. erzählt, dass im Sommer am Main, ausgehend von einer Privatinitiative, Leute sich treffen und feiern. Dass das boomt und dann in Arbeitsteilung die Aufgaben erfüllt werden ...

ST.Be.: ... und dann fangen sie an sich zu streiten, was das wert ist. Ist das Kuchenbacken irgendwie mehr wert als ... oder dann heisst es: „der hat den Kuchen gebacken und dann hat er ihn fallen lassen, das war Sabotage. Immer bietet er sich an und zerstört es dann.“ Und dann geht es darum, was ist das wert. Ist das Ausschenken vorne am Tresen soviel wert wie´n Kuchenbacken? oder: Ist Kochen mehr als Einkaufen? Klar, sie sind ganz stolz da drauf, dass sie alle zusammen dieses „Café“ betreiben aber wie kommen sie jetzt übereinander, dass quasi sozusagen diese Wechsel- Gegenseitigkeit ....(Beispiel Tauschringe: wenn ich deinen Hund ausführe, dann jätest du meinen Garten). Nur ich glaub, immer ist da bei solchen Sachen das Problem: wie bewertet man denn diese Leistung? Da kommen die Leute immer wieder in Streit. Da versuchen sie auch so Punkte zu vergeben

Inzwischen ist Stefans Praktikant Jonas ? dazu gekommen.

Jo.: das gibt es doch, diese Alternativwährung, diese „lets“(?) Und wenn ich jetzt deinen Garten mache ist das schon von vornherein klar, wieviel lets ich dann von dir kriege. Diese lets kann ich dann aber auch weitergeben. Also das muss nicht zwischen uns beiden bleiben.

A.E.: wer hat die Punkte bestimmt?

Jo.: es funktioniert eigentlich genauso wie der Euro. Das Problem war eben, dass es Leute gibt, die keinen Zugang mehr zum Euro haben, weil sie zu arm sind. In England ist das sehr groß, das Problem. In Frankreich gibts das auch. Darum hat man sich
praktisch ein alternatives Währungssystem ausgedacht, was aber nicht ausreichend funktioniert.

St.Be.: ich denk da an ne mailing-liste. Was ist jetzt was wert? Ist jemand, der viele Beeiträge schreibt aber immer nur sowas gibt, wie in dem Sinne: immer so reinhaut, ist das jetzt mehr als wenn einer einmal länger einen Artikel schreibt? Wie sind solche Dinge verhandelbar?

K.A.: Vielleicht kann man nichts anderes sagen als, die Gruppe - es ist ja ne Gruppe - bewertet das: also der kann so gut schreiben, das kann ich nicht. Oder: so einen guten Kuchen kann ich nicht backen.

A.E.: dass man sozusagen als Gegenwert diese Anerkennung kriegt?

K.A.: gut, man könnte es aushandel. Dass das vielleicht nicht formal sein muss.

A.E.: Mit dem Streit untereinander, das glaube ich schon, dass der leicht entsteht. Wir hatten ja mal gesagt: übers Jahr hat jeder sein wieder! Kurd hat da dieses schöne Beispiel von seinem Großvater ...

K.A.: In Berlin-Röntgental hat mein Großvater eine Laubenkolonie mitbegründet und die klauten sich immer gegenseitig Leiter, Spaten „ich brauch´n Spaten!“. Er wohnte in Pankow und fuhr dann immer raus nach Röntgental - dann war der Spaten weg. Da das alle machten, sagte mein Großvater immer: „übers Jahr hat jeder seins wieder“. ...
Ein Problem ist auch, wenn man bezahlt, dann ist klar: „Ich hab bezahlt“. Aber wenn man‘s auf Gegenseitigkeit macht, hat man immer die Frage der Verhältnismässigkeit.

Jo.: Kann das nicht auch sein - entweder bei dieser mailing-liste: dass man jetzt sagt, dass ist gar nicht so wichtig wer mehr wert ist, weil wir 150 Leute sind und der eine gern schnelle Beiträge liest und mit einem Satz antwortet. Dem ist das eine wertvoller. Der andere der mag halt lieber nur einmal im Monat schreiben, einmal alle zwei Monate. Also, da muss man ja dann gar nicht sagen, das ist mehr wert als das.
Zu der Kneipe vielleicht einen Satz: das kann man ja sehr leicht ausrechnen mit Zeit und Geld. Also wenn sagt, die Getränke erwirtschaften soundsoviel Geld und die Kuchen erwirtschaften soundsoviel Geld. Und dann rechnet man das noch mit der Zeit auf. Man muss ja gar nicht sagen: einkaufen ist wichtiger als backen.

A.E.: ach die Kneipe ist für andere. Ich dachte immer, die machen das für sich. die haben einen Gewinn. Ja, dann ist ja völlig klar, dass die sich streiten. Ich dachte, die bringen das mit und machen das für sich um mal nett zu feiern

A.E.: ach die Kneipe ist für Andere. Ich dachte, die machen das für sich. Ja, dann ist ja völlig klar, dass die sich streiten. Ich dachte, die bringen die Sachen mit und machen das für sich, um mal nett zu feiern. Die haben also einen Gewinn. ... Das wär schon nicht mehr auf Gegenseitigkeit, das wär ja Geschäft. ...

St.Be.: ich fand ja die Frage, die der Sascha hatte, ganz interessant. Er sagte: also du hast also was davon, von diesem multi.trudi. Du benutzt das ja als erweiterte Ideengebung. Du sagst immer, die Leute können ja gern was machen und die kommen dann an und produzieren was. Und du steckst das dann ein. Und was haben dann die Leute davon? Sind das auch Künstler? Die Frage ist wirklich delikat und ich denk mir - übrigens das ist ganz witzig: Du kennst ja auch den Böhmler. Das war ja damals einer der Wenigen, die sone offene Sprechstunde hatten, an der HbK. Da bin ich ja auch hingegangen als Student, weil irgendwie wusste man ja immer nicht, was sind denn das alles für Leute, die hinter diesen Türen da hausten. Ja, da waren ja welche, die haben da gelebt. ...
Ich bin da irgendwie hin zum Böhmler mit Zeichnungen, oder was ich da gemacht hatte und dann hat der sich da zwei oder drei Seiten vollgeschrieben: ist ja´n interessanter Gedanke und so ... und dann hab ich das ein paar mal mitgemacht und dann hab ich gedacht: ich komm hier immer hin und erzähl .... dann bin ich nicht mehr hingegangen, weil ich dann das Gefühl hatte, was er mir gibt ist jetzt nicht so doll. ...
Und genauso denk ich mir jetzt: also sind jetzt die die ins multi.trudi kommen auch Künstler?? und so weiter ...
Ich kann dazu nur so sagen: im Prinzip ist es erstmal so, dass mir nicht mehr gehört, als ihnen auch. Nur ist es natürlich so, ich mach was da draus. Ich geh hin und mach danach ne Webseite und stell den Abend, wie er mir vorgekommen ist, dar. Jetzt ist es natürlich jemand anders freigestellt, auch so zu arbeiten.

A.E.: könnte der auch da anknüpfen an Deiner Webseite, könnte der das weiterschreiben? Das ist nicht son wiki? Ich mein, das wär doch angemessen.

St.Be.: das wär angemessen. Nur ist jetzt natürlich die Webseite nicht gleich multi.trudi. Das ist nicht das Äquivalent. Wär natürlich ne Sache. Aber im Prinzip könnte ja auch jemand anderes hergehen und das versuchen, auf seine Weise zu benutzen. Z.B. der Sascha, der hat ja einmal an sonem Musikwettbewerb teilgenommen und hat dann son Ansteckschild bekommen. Und dann hat er versucht, dieses Ansteckschild bei Ebay zu versteigern. (A.E. lacht) Ich muss sagen, ich war zuerst ziemlich pikiert. Das geht doch wohl nicht!

A.E.: das hat er wahrscheinlich auch deswegen gemacht, um das deutlich zu machen.

St.Be.: im Prinzip ist es so, die Möglichkeit ist da, das jemand hergeht und sagt: ha, der Beck sagt, wir sind ja alle gleichberechtigt. Ja dann werd ich jetzt das mal quasi auch mal versuchen. Es haben viele Leute fotografiert dort. Jedes Mal war irgendeiner mit ner Kamera dort. Aber ich hab noch nie - so ab und zu mal - aber irgendwo müssten Hunderte von Fotos rumhängen, die das quasi aus der Sicht der Betrachter zeigen. Ich hab ja immer diese Art Linsenblick, wenn man so sagen kann. Wenn man die Fotos von multi.trudi sieht, dann bin das ja immer quasi „meine Linse“ ... und die anderen fotografieren zurück. Es gibt ganz wenige Fotos von mir und ganz viele von den anderen. Aber im Prinzip müssten die irgendwo existieren. Die könnten ja quasi zurückschießen, zurückfeuern. Wir müssten nicht gleich son wiki machen ... aber das passiert halt nicht. Da ist jetzt keiner bei, der seine Fotos ..., der sagt: das war jetzt mein multi.trudi-Abend! So hab ich das gesehen.

A.E.: ja, das ist übrigens auch schwer. Ich hab mal ne Weile - das ist aber jetzt auch schon wieder 20 oder 30 Jahre her - ich hatte son Ordner gemacht - ich hatte mich mit Karikaturen in einem Seminar auseinandergesetzt: Von der Großen Mutter zur Heiligen und Hure. Da war so die Rolle der Frau, immer an Hand dieser Karikaturen aus 5 Jahrhunderten beschrieben - das war ein Ordner. Die Seiten waren alle locker und so thematisch geordnet. Da konnte man jetzt prima erstmal zwischenarbeiten und man konnte auch die Seiten - die waren doppelseitig gelocht - die konnte man wenden und in anderen Konstellationen zusammenheften und dann bin ich - da gabs immer Frauen-Tage in Hamburg - mit diesen Ordnern zu den Frauentagen gegangen -ich hab da Seminare gemacht mit diesen Ordner. Die haben die zwar auseinandergenommen. Jetzt hätte Jede ihren Ordner weiterführen können, das war sozusagen zum Weiterarbeiten gedacht. Aber wir sind das nicht gewohnt. Selbst ich hab nicht groß damit weitergearbeitet. Das war ne Idee - aber das ist nicht selbstverständlich. Ich finde da - so hab ich mir das erklärt - liegt das Problem. Wir (Kurd und ich) haben auch immer Bücher zerschnitten um da reinzukommen, um da die Zettel an die richtige Stelle zu kriegen. Wir hatten dann das auch hinten gelocht und einen Ordner draus gemacht. Ist doch schon komisch in unserer Gesellschaft! - Das ist alles anders mit dem Computer. Das war ja noch die Vor-Computerzeit, wo alles so fest war. Die immer, die hinten einen Rücken hatten, Du kamst nirgendwo zwischen. Das ändert sich.

K.A.: ich dachte eben: im Geschäftsleben ist das gang und gäbe. Da kommt ein neuer Brief, der kommt da rein oder dort. Ja, im kaufmännischen Geschäftsleben da ist das selbstverständlich so zu arbeiten aber in der Wissenschaft und der Kunst nicht. Da muss es ein Werk werden oder so. Gut, man kann sagen, im Geschäftsleben gibt es auch ein Werk, ein Unternehmen. Aber im eigentlichen Alltag…

St.B.: das ist ja quasi sone Art interproduktive Sphäre. Ich glaub, der Knackpunkt ist ja diese Produktion und Konsument. Man könnte die Frage zurückwerfen: ist der Konsument genauso kreativ wie der Produzent? Noch scheint es ja so zu sein, als wär der Produzent der Kreative und der Verbraucher ist quasi nur rezeptiv. Der nimmt es nur so auf und das ist keinerlei kreative Leistung, die er vollbringt. Natürlich ist es so, die Produzenten untereinander verhalten sich kreativ. Was weiß ich: der eine sucht für die Herstellung seiner Limonade einen billigeren Farbstoff und der andere sagt „Du, da helf ich dir dabei“ und der dritte sagt „Moment, meiner ist aber noch besser und noch billiger“ und die Konsumenten sind auch untereinander - sozusagen im weitesten Sinne kreativ - die Hausfrauentipps: Kauf lieber das, das hält wirklich lange! ... Die beiden Ebenen arbeiten so ... Leute wie dieser Baurriaud behaupten: eigentlich ist das zusammen, aber wie das so richtig funktioniert, wissen wir noch nicht.
Wie geagt, diese ganzen Fotos, die draußen in der Welt existieren, die haben noch keine Beziehung miteinander aufgenommen. ... Sollte das jetzt ganz schrecklich berühmt werden, dann werden die Leute sagen: hach, ich hab hier auch noch ... das ist nur manchmal so, wenn ich zu Leuten in die Küche komme, dann hängt da son Flyer von mir, son Anzeichen dessen, dass son Weg angenommen ist. Aber im Prinzip ist diese Idee - ich hab ja auch immer gesagt, ich will das gar nicht als was Besonderes sehn, sondern im Prinzip soll das jeder so machen können und dann gibts ganz viele von den Dingern. Ich wollte da nicht sone ganz und gar exemplarische Idee produzieren, sondern ich hab immer so gedacht: die Leute stöhnen so schrecklich: ach, es ist so schwierig son Ding zu machen! Du musst ne Anlage leihen und du musst die Getränke ranschaffen und so. Die denken in Kategorien, dass sie nen Abend mit 200/300 Leuten haben wollen und das ist natürlich schwierig, grade hier in Frankfurt. Ich hab denn immer gedacht, ich will was Kleines haben, was sehr unaufwendig ist, was ich irgendwie so allein betreiben kann, wo es nicht so schlimm ist, wenn nicht mehr als 10 Leute kommen. Aber de fakto hat das keiner so aufgegriffen. Ich hab immer gedacht, man muss son Instant-Event machen. Was Kleines. Zack zack und so! Aber stattdessen wollen alle son dicken Reibach machen ... Dann kriegt es wieder sowas singuläres und die Leute sagen: ja, ja, weisst du, diese multi.trudi, das ist ja son seltsamer Ort da draußen. Dann wird das so gewissermaßen fetischisiert. Ich hab gedacht, ich mach das und dann machens 10 auch. Aber ist nicht!

A.E.: was ich da mit diesem ´Von der Großen Mutter zur Heiligen und Hure´ erzählt habe. Ich dachte, ich fang das an - aber selbst ich habs nicht weitergemacht.
Aber Du hattest von dieser Trennung zwischen Produzent und Rezipient eben gesprochen, aber vorher hattest Du ja schon davon erzählt, wie sich diese Trennung aufhebt: dieses Streching. Also die Produktion der Produktion. Das da schon was in Bewegung gekommen ist, das muss man doch auch sagen.

St.Be.: ja. ja natürlich. Es sind Aufweichungen, ... Sicherlich ist der Umgang in der Konsumsphäre - da gibts diesen Michel de Certeau - der spricht also so von Strategien und Taktiken. Das ist ein französischer Soziologe und der hat sich mit Konsumer-Verhalten beschäftigt. Die Produzenten haben ne bestimmte Idee, wie das Produkt zu verwenden ist und die Konsumenten gehen ganz anders damit um und schaffen einen anderen Trend. Früher, so Anfang der 90er gabs mal diese Mode, so HipHop-Mode, dass so Kids immer nur Klamotten gekauft haben, die ihnen drei Nummern zu groß waren. Da sind dann die Hosen mit Hosenträgern und soo weite Shirts. Und der Certeau sagt, die Produzenten haben ne Strategie und die Konsumenten haben ne Taktik. Die ist irgendwie so von heut auf morgen und irgendwie den wechselnden Bedingungen angepasst. Im Prinzip sone Art Guerilla-Taktik. Was immer die einen sich ausdenken, als Idee das wird von den andern immer wieder unterwandert. Die einen haben sone Art Basis oder man kann auch sagen Territorium, was weiß ich - ne Fabrik, ein Kapital und die anderen sind nomadisch, die sind beweglich. Die haben eben keine Basis. Und wer keine Basis hat, der kann auch nur ne Taktik haben. So von heut auf morgen, mal hier mal dort, aber trotzdem ist es so, dass die einen die anderen nicht wirklich fangen können. Einerseits hat man zwar diese Kapital oder die Fabrik oder das Produkt aber gleichzeitig passt es nicht immer genauso wie man sichs denkt. ...
Es ist natürlich gleichzeitig sone Art depressive oder pessimistische Sicht. Weil die einen bleiben immer die Produzenten und die andern bleiben immer die Konsumenten. Die Konsumenten sind zwar irgendwo kreativ und drehen alles um. Die können immer nur ummodeln. Die kriegen was vorgesetzt und dann machen sie was draus. In dem Rahmen drehn sie es so um wie sie es grade brauchen. Da gibts ja auch dieses schöne Buch: „Wie wir den Kommunismus überlebten und dabei lachten“ von soner Frau aus Jugoslawien. Da war das ja noch exremer durch diese Mangelwirtschaft. Die bizarre Beispiele bringt, irgendwie immer in alten Töpfen, da kann man Blumen drin ziehen und das kann man noch wiederverwenden und jenes ... das ist noch viel stärker als hier. Man kann aus alten Schlafanzügen noch dies machen und da kann man noch Handtücher draus produzieren und da geht noch ein Lappen ... So´n Versuch mit dem klarzukommen, was neben dem Mangel des Gegebenen existiert. Natürlich ist der auch hier da. Nicht jeder hat das Geld sich irgendwie gleich im nächsten Laden gleich das tollste Superduper zu kaufen sondern muss sich mit dem Drittklassigen begnügen und muss trotzdem irgendwie gut dabei aussehen. Es gibt trotzdem dabei diese Idee, dass man halt dem Standard entspricht. Was Certeau beschreibt ist ja auf Dauer immer ungleiches Spiel, auch statisch. Die Frage ist eher so: schwappt es irgendwann mal wieder zurück?
Ich glaub ja, dass das ne sehr sehr große Anstrengung ist, sich selber in der Weise zu aktivieren. Da kommt ja ne unglaubliche, auch Reflektionsarbeit über das was da ist. Es kann ja durchaus sein - es gibt so diese Gerüchte: das ist das Beste, kauf das, kauf jenes - das funktioniert ja. Draussen vorm Haus steht die alte Frau Martin und sagt der Nachbarin: willst du das nicht kaufen, da musst du unbedingt hin, gibts günstig! Das ist ja nochmal was anderes, als wenn jemand quasi hingeht, wie im Internet diese Geizkragen.de oder Börsen, die so Preis-Checke-Börse machen. Das ist ja ein Verhalten, wo man aktiv wird und sagt: hier, das ist ein Problem und wie find ich denn das Günstigste. .... Das ist aktives Verhalten, das jemand an den Tag legt, während die Frau Martin für das Viertel und den Block die Hauspostille ist. Das funktioniert zwar genauso wie so´n Preiskragen der Geizhals.de, ist aber gewissermaßen unduchdacht. Es hat zwar die ähnliche Funktion aber das wird nicht weiter reflektiert. ...

A.E.: ist das mit der Frau Martin nicht eher offiziös? Und das mit Geizkragen.de, das fängt ja schon an öffentlich zu werden. Kostet das was, wenn man da drauf geht.

St.Be.: Nö, das kostet nix. Das ist ja auch ein Schritt, den die moderne Wirtschaft genommen hat. Das bestimmte Dinge explizit gemacht werden. In diesen Nachbarschaftsverhältnissen ist es so: gibst du mir´n guten Tipp, dann geb ich dir´n guten Tipp. Und wenn das ausbleibt, dann ist man ne dumme Person. Und auf solchen Tauschbörsen wird das Prinzip explizit gemacht. Jetzt hab ich gestern son Ding runtergeladen und dann sagt mir dieses Programm, ich kann meinen Status verbessern, wenn ich soundsoviel andere Programme zum Tausch anbiete. Und dann rechnet es aktuell meinen Stand aus. Ich hab noch nix andern angeboten, da hab ich 200 Punkte. Und wenn ich jetzt quasi immer noch nix weiter in den nächsten Wochen anbiete, dann wird es mir immer mehr Punkte abziehen. Und dann irgendwann bin ich quasi im Minus und dann bin ich kein netter Tauschpartner mehr. Das verbreitet das dann weiter. Das heißt, jemand anderes wird sich dann hüten. Ich zocke nur und biete nichts an. ... Da wird quasi das Verhältnis explizit gemacht. Gegenüber der Frau Martin weiß ich nie genau, welchen Punktstand ich hab. ...

-----------

Link to this Page