Autor: Matthias Lehnhardt | |
. . . . . . . . . . . . . . . . Flash, movies |
Flash [ flæ ] 1. Aufgedonnert, unecht, falsch... ; 2. Blitz ... . »Macromedia Flash 5 verbindet die Präzision und Flexibilität von Vektorgrafiken mit Bitmaps, Audio, Animation und erweiterter Interaktivität und schafft so brilliante, überzeugende Weberlebnisse, die ihre Besucher begeistern werden.« (Werbeanzeige der Firma Macromedia) (—> Auch »Flash Gordon«, der amerikanische Comic-Held im roten Trikot mit gelbem Blitz-Logo auf rotem Trikot aus den 60ern) Flesh [ fle ] 1. (Muskel)Fleisch ... ; 2. Blut kosten lassen ... (—> als »fleshmeeting« wird computer-neu-umgangssprachlich ein Treffen mit Anwesenheit von Körpern verstanden) Flash or flesh Der in »flash or flesh« unterstellte Gegensatz von »interaktivem Computerprogramm« und »Körper« gehört zu den häufig bemühten Formeln oder Mythen, werden Computer, Computernetze und Gesprächsformen angesprochen. (–> wahrscheinlich auch in: Maschine - Mensch, Distanz - Nähe, Produkt - Prozess, künstlich - natürlich, virtuell - wirklich. Letztendlich, logisch gesehen: falsch - richtig, oder moralisch verstanden: böse - gut) Als Formel gebraucht wird das »Verschwinden des Körpers«, das »Auflösen des Ich« oder der »Verlust des Realen« denjenigen Verkehrsformen unterstellt, die sich auf Digitaltechnik beziehen. Umgekehrt wird das »vis-à-vis Gespräch« zum Mass für »Natürlichkeit« verklärt. Als Mythos erscheint die Technologie verselbständigt, mit eigenem Willen versehen, allmächtig und menschenfeindlich. Andererseits binden sich an die Digitaltechnik überzogene ökonomische Hoffnungen, gefasst in der »New Economy«, oder moralische, gerichtet an die »Globalisierung der Verantwortung«, an das »Global Village« McLuhans oder die Demokratisierungsvorstellungen der EFF, der Electronic Frontier Foundation. Sowohl mediengeschichtlich als auch zeitgenössisch betrachtet bringt diese Gegenüberstellung, hier vereinfacht als Euphorie und Phobie benannt, keine brauchbaren Aufschlüsse, da hier, zumeist moralisch, lediglich Zustimmung oder Ablehnung gefordert sind. Erkenntnisreicher scheint eine Frage von Marshall McLuhan aus den 60ern, die er an die Technologie, die er als »extension of man«, als »Erweiterung/Ausweitung des Menschen« sieht, stellt: »What can we do now that wasn`t possible before?« Also: Welche zusätzlichen Möglichkeiten eröffnet uns die Technologie? Unter dieser Perspektive bieten uns die vernetzten Computer ein Universum von Zeichen, möglicherweise von rückbezüglichen also signifikanten Zeichengeneratoren, die Beschreibungssprachen für Phänomene erzeugen, die bislang nicht beschrieben werden konnten. Da sich der Mensch als »instinktbefreites Tier« (A. Kluge) beständig aus sich selbst heraus bestimmen muss, dies stabil, also konstant und konsistent nur im sozialen Verhältnis bewältigen kann, ist er auf Vereinbarungen, auf Konventionen angewiesen. (–> Dieser Ansatz schliesst ein »Schicksal« oder andere »fremde« Determinierungen als die sozialen aus. Er behauptet die Freiheit aber auch den Zwang, sich die Dinge des Interesse selbst anzeigen zu können aber auch zu müssen. Wir können, wir dürfen wählen aber müssen die Kriterien der Wahl selbst mitentwickeln) Konventionalisierung zeigt sich zwar nach »aussen« im Alltagshandeln und setzt die gemeinsame Sprache, besser ein »Signifikantes Symbolsystem« voraus – entscheidend ist aber die freiwillig geteilte Vorstellungswelt (»Kultur« oder »contrat social« bei Rousseau). Dies reicht bis zur Symetrie-Unterstellung als Basis jeglicher Verkehrsform: ich nehme an, dass mein Gegenüber über die gleichen Möglichkeiten im Austausch verfügt wie ich selbst. Diese wechselseitige Rollenübernahme wird in der Regel unbewusst angenommen, obwohl das Wissen darüber besteht, dass sie nicht aufgeht (Sozialitätsidealisierung). Dieser Prozess der sozialen Selbstdefinition, der äusseren Verstofflichung und Veranschaulichung der inneren Welt über eine spezifische Beschreibungssprache und die Beschreibungssprache selbst, sind traditionell Gegenstände künstlerischen Handelns. Computernetze bieten in dieser Sichtweise Zeichensysteme und Verkehrsformen an, die auch Phänomene jenseits der Kognition, jenseits von Sprache, Wissen und Logik beschreiben lassen und somit sozial existent und verfügbar halten können. »Netzkunst«, so es denn (zur Zeit) eines eigenen Begriffes bedarf, steht in diesem Kontext für Intensität und Perspektivenreichtum – flash + flesh. M.L. |