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Material.



Autor: Zitat von Diedrich Diederichsen
Kommentare Kurd Alsleben und Antje Eske, Detlev Fischer, Rolf Todesco, Almut,
Netzkunst wird nicht selten als Kunst, die halt mit zeitgenoessischem Material arbeitet, erklaert. Statt Keilrahmen, Terpentin etc. und Fertigkeiten mit ihnen umzugehen gibt es nun elektronische Bauteile, Softwaren etc. und Programmierfertigkeiten etc. Tatsaechlich praesentiert u.E. Netzkunst aber eine zu unterscheidende Kunstsphaere, begruendet in der mutuellen Moeglichkeit der Netztechnik.

In die Mailingliste zur Vorbereitung eines Serverfestivals stellte Sascha Buettner aus Wiesbaden nebenstehenden Text von Diedrich Diedrichsen, der die Netzkunst vermittels Verwenden eines weniger engen Materialbegriffs zu erklaeren unternimmt.

KAuAE (font color="#993333") gaben einen Kommentar und thematisieren das Stichwort Material.
e-mail von K.A., A.E.: Serverfestival@radiostudio.org:
Kurd und Antje, wir meinen mit den Worten von Heinrich Dubel,

Das koenne man so nicht sagen:


Diedrich Diederichsen

Das Netz als Technologie permanenter Inklusion

Im Fall von Netzkunst geht es weniger um besondere ästhetische Urteilskraft, die den
Kunstanspruch braucht, um autonom (?) nicht typisches Merkmal fuer Kunst mehr und
quasi-wissenschaftlich glaubwuerdig(?) mit Bildern anderen Status verfahren zu können,
als um ein besonderes Beherrschen des Materials, hier eines immateriellen, halb sozialen,
halb technischen Materials. Die Netzkünstler, die einen Kunstanspruch stellen, begründen
dies in der Regel mit den Besonderheiten der Netzaktivität der Künstler, die sich von
anderen unterscheidet, weil sie das Netz selbst, seine technischen und sozialen
Besonderheiten zum Gegenstand hat. Als Kriterium reklamieren sie quasi ganz wie der
alte handwerklich begründete Kunstanspruch eine besondere Materialbeherrschung.
Besonders grosse Beherrschung des technischen Materials ist seit der Moderne (zumal
seit Material beanspruchungsspezifisch fabriziert wird) keine vorrangige Qualitaet von
Kunst mehr
. Gleichzeitig ist das Material aber eines, das in Bezug auf Zugänge,
Käuflichkeit, Objekthaftigkeit usw. alle Forderungen avantgardistischer Kunst und
Antikunst längst zur technischen Voraussetzung gemacht hat allem schon vorausgreifend
(?) oder nur der Futurismus ist gemeint
. Am Netz, zeigt sich, dass in dem Moment, da all
die politischen, kritischen und sozialen Öffnungen der Kunst eine netz- technische Form
bekommen, diese Öffnungen wieder zu einem "künstlerischen" Material werden. ? Der
Materialbegriff soll als zuenftiger den Kunstanspruch der Netzkunst unter Umgehung des
Aesthetischen begruenden. Das scheint nicht plausibel.
Wer mit diesem Material (auf eine
in letzter Instanz unbegründbare Weise) besser umgehen kann und will als andere, und
wer nichts außer sich, seiner Arbeit und deren Preislosigkeit verkaufen will, macht in
diesem Sinne Kunst. Koennte man zustimmen, dass der Materialbegriff verschleiert, was
die 'soziale Besonderheit' der Netzkunst, die gewiss im exchange, in der permutatio liegt,
bedeutet: Der Kuenstler ist innen (Teilnehmer), als Akteur oder Conversant.

(Die Jahrtausenden als gueltig unterlegte Idee, Kuenstler, Werk, Publikum gilt nicht mehr
allein.)


(quelle:http://excess4all.com/star-ship.org/sys/file.php?file=Das+Netz+als+Technologie+permanenter+Inklusion.txt)


Detlev Fischer:
Sketch of a critique of conversational art: http://www.oturn.net/sketch/conversational-art.html

Laikologie: http://www.oturn.net/sketch/laikologie.html


.



30.7.2002.
Wahrscheinlich kann ich den Ausgangstext erst jetzt, nach Detlevs Einwand, zutreffend interpretieren: Diederichsen erklaert, wieso der Anspruch der Netzkunst Kunst zu sein, richtig ist. Dafuer zieht er ausdruecklich nicht 'aesthetische Urteilskraft' heran, sondern 'Materialbeherrschung' oder m.a.W. 'mit dem Material besser umgehen koennen und wollen als andere' - also wohl ethisches Urteilen (Tuechtigkeit, Wollen u.a.). Wichtig sei dabei, dass fuer die Netzkunst ein 'immaterielles, halb soziales, halb technisches Material' gemeint ist.

§ An dem ausdruecklichen Rekurrieren auf den Materialbegriff stossen wir uns. Material bedeutet Rohstoff, Unterlagen, Input eines Produktionsprozesses.

Wir verstehen den Netzkuenstler im Grundsatz nicht als Produzenten, sondern als Teilnehmer. Er wirkt als Teilnehmer in informationellen Austauschen oder Auseinandersetzungen unmittelbar, in Echtzeit oder kurzzeitversetzt, aber produziert nicht Gueter fuer andere, er nimmt gestaltend teil gleich den verschiedenen anderen.
Der Materialbegriff lenkt von Solchem die Gedanken ab und in die vertraute Richtung einer Kunst, die fuer das Publikum produziert. Das meinten wir mit, '…der Materialbegriff verschleiert…'; er macht halbherzig.


§ Koennte es Zustimmung finden, dass mit dem oben aus kuenstlerischer Erfahrung von uns Gesagtem die Worte 'halb sozial und halb technisch' konkretisiert sind? - wenn auch nicht im Sinne von Material der Netzkunst, sondern als ein Benennen ihrer Struktur.

Der Kuenstler als Kommunikationsteilnehmer, die Kommunikation kann conversationell sein oder streitend sein, sprachlich oder taetlich.


.


31.7.2002. Welchen Grund mag es geben, beim Begruenden des Netzkunstanspruches das Aesthetische zu vernachlaessigen? Das Aesthetische umfasst soziale Empfindungen und Phantasieen etc. genauso, wie Empfinden von Monitorgestaltung, Hyperlink oder Musik. (Wir phantasierten mal, um es uns zu erklaeren drei Gruppen zeitgenoessischer Kuenstlern: (1) die altmodernen Kuenstler, die das Netz uebersehen oder ggf. in ihm ausstellen; (2) solche, die meist aus den Wissenschaften kommen und mangels kuenstlerischer Erfahrung sich an das neue (netztechnische) Material halten; (3) solche die, mit eigener kuenstlerischer Erfahrung die Kunstentwicklung in ihrer Komplexitaet radikaler handhaben koennen und in der Netzkunst nicht nur eine neue Kunstgattung oder -art, sondern eine weitere Kunstsphaere erkennen.)


tor, 31. 7.02
Wenn das, was wir hier tun in Bezug auf Ästhetik und Autonomie gut läuft, dann ist es wohl Kunst, in welcher wir Teilnehmende sind. Wenn Netzkunst (auch) meint, dass sich die Teilnehmenden kunstvoll vernetzen, dann ist das, was wir hier tun Netzkunst.
KA, 3.8.02. Ja, "gut laeuft" gefaellt uns gut Gruesse von uns - wir meinen, vielleicht meinst Du es aehnlich, den Kuenstler als Teilnehmer in konkreten Kunsttuen, was Momente von Produzieren mit Material enthaelt.

Was aber ist hier das Material? Was forme ich? Womit gestalte ich? So wie ich hinschaue, gestalte ich Text, also ein materielles Artefakt, das wie jedes Werk der bildenden Künste gestaltet und umgestaltet werden kann. Wenn ich in diesen Text hineinhypere (hineinhypern.), kommt es mir ein bisschen so vor, wie wenn ich der Mona Lisa ein noch schöneres Lächeln malen würde. Ihr wisst, die Mona Lisa ist hinter Panzerglas vor jeder Vernetzung und Aneignung geschützt. Sie ist schon materielle Kunst, was sich in handwerklichem Können - wie einige glauben, in obsolet gewordener Materialbeherrschung - zeigt. Das Materielle ist die Farbe, die aufgetragen wurde, so wie ich hier blaue Farbe auf weissen Hintergrund auftrage. Und die kunstvolle Anordnung der Farbe ist die materielle Kunst in - zunächst - meinem Text. Wo wir den Text zusammengestalten (also hier) spreche ich von Netzkunst (ich meine damit unsere Vernetzung und nicht die Computertechnologie "Internet", die wir dabei - wie Maler ihre Pinsel - benutzen.

Wer hier den Text statt seine eigenen Interpretationen sieht, der sieht das Werk. Und es ist materiell, wenn irgendetwas materiell ist. Wer hier die Internettechnologie sieht, der müsste angesichts der Mona Lise die Staffelei sehen, also Werkzeuge des Künstlers, ohne welche die jeweilige Kunst nicht möglich wäre. Und wenn wir hier sprechen statt schreiben würden, vielleicht eine Conversation im engeren Sinne? - dann könnten wir die soziale Skulptur unserer sprechenden Körper sehen, die in einem übertragenen Sinn materiell gemeint sein können.

Ist es nicht unglaublich, wieviele Auffassungen "Material" zulässt?



06 Aug 2002 von "microprozessor.org", al:
noch ne mail: hallo,
davon abgesehen, dass es sich hier anscheinend nur um maennliche teilnehmer am kunstkontext handelt, wuerde ich sagen, dass noch mindestens eine 4.kategorie hinzukommt:
die personen, die eine derartige Beschimpfung wie kuenstler nicht ueber sich ergehen lassen, genau aus folgendem grund:
>Warum W_rfel dienen_ wird gezeigt, mit welchen Strategien Hardware-Hersteller ihren
>Produkten einen formalen Mehrwert aufpraegen, der sich an kunsthistorischen Leitbildern
>orientiert.
und der mehrwert laesst sich nur aus einem kontext schoepfen.
this art zapped !

im zusammenhang mit kunstnetzwerken (nicht nur netzkunstwerken) gehe ich dann doch lieber davon aus, dass jerde/r eine/e provider ist. insofern riffkin mit seiner ausgangsthese nicht falsch liegt, handelt es sich nicht mehr um die produktion von materiellem besitz sondern um den access. so weit, so differenziert. doch wo liegen die weiteren unterschiede ? haben nicht die schwierigkeiten beim "ehrlichen" sponsoren-werben genau hingedeutet auf die kommerzielle unmoeglichkeit, nicht nur das netzige am netz zu vermitteln, sondern darueberhinaus, auch noch den versuch, eine andere gesellschaftliche struktur auszumachen, die von bestimmten praemissen der kapitalistischen produktion wegfuehren koennte ? die schaffung von virtuellen "produkten"/teilnehmereien/oeffentlichkeiten ist kein garant dafuer, aus den widerspruechen zu entfliehen.
denke ueber eine teilnahme am serverfestival nach, ohne etwas dabei zu produzieren. liesse sich das vor den sponsoren vertreten ?

zu vernetzung und phantasmen faellt mir in diesem bezug noch ein film ein, dessen titel ich leider vergass: der mann einer frau, die seit vielen jahren blind ist, erfindet einen augenaufsatz, mit dem andere personen selbst gesehene bilder speichern und der blinden frau zugaenglich machen koennen. ihr sohn macht sich also zu einer wltreise auf und kehrt unter dem einbuessen der eigenen sehkraft mit massenhaft vielen bildern zurueck. nachdem die frau die bilder gesehen hat, stirbt sie und der jetzige witwer entwickelt eine weitere maschine, mit der die bilder aus traeumen gespeichert werden koennen.
die maschine wird ein fetisch, von dem loszukommen keine/r in der lage ist, der/die in seinen/ihren traeumen die bilder als die nie erfuellten eigenen sehnsuechte erlebt…
introvertierte egomanie ?
liebe gruesse, al

12.8.02 KAuAE:
"microprozessor.org" [6.8.02 al] schrieb:
> hier also meine kapitalkritik an alle: alle sind in ein system eingebunden, was
> sie von
> sich aus nicht selbst errichten wuerden, finden aber die meisten produkte
> dieser
> gesellschaft (verstaendlicherweise) so geil, dass ihnen leider keine zeit mehr
> bleibt,
> sich an die kritik zu erinnern. dabei, wissen "wir" alles darueber ? copyleft
> ist nicht
> mehr als ein schlagwort geworden. immerhin, es gibt schon ein zeichen dafuer.
> und zeichen
> und ideologie sind untrennbar miteinander verknuepft. und weiter ?
> wer das senden vergisst/ bzw. vergisst, dass er sendet, kann - von mir aus -
> den austausch
> vergessen.

Dass wir »so geil, dass ihnen leider keine zeit mehr bleibt« senden, zeigt
gewiss, dass Austausch noetig ist!
(Gewusstes zu senden, reicht allein nicht.)
In der Art interpretieren wir auch die Worte:

> nicht nur das netzige am netz zu vermitteln, sondern darueber hinaus, auch
> noch den versuch, eine andere gesellschaftliche struktur auszumachen, die
> von bestimmten praemissen der kapitalistischen produktion wegfuehren koennte ?

Ja gewiss. Vielleicht laesst sich noch vereinfachend sagen, Denker versuchen's
denkend, Kuenstler in ihrem Medium.

Liebe Gruesse Kurd und Antje









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