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Das Kino denken - 1.2

H.J.Lenger
 
  • Dieses Kino-Denken hat in den Versuchen, eine Theorie der Medien auszuarbeiten, bislang eine nur untergeordnete Rolle gespielt. Zumeist konzentrierten sie sich darauf, den Computer zu analysieren, um von hier aus die tiefgreifenden Verschiebungen zu verfolgen, denen traditionelle Medien mit der Heraufkunft digitaler Technologien ausgesetzt waren und sind. Und tatsächlich kann der Einschnitt, der sich medienhistorisch mit der Turing-Maschine setzt, nicht radikal genug gedacht werden. Denn der Computer ist kein spezielles Medium. Seine Möglichkeit, alle anderen Medialitäten zu simulieren, läßt ihn als "allgemeines" Medium hervortreten, das "in sich selbst" nichts mehr ist. Insofern setzt der Computer auch eine Bewegung von Entgrenzungen frei, die alle bisherigen Medien durchläuft. Diese Bewegung geht daraus hervor, daß sich der Computer selbst nicht mehr als spezifisches "Mittel" beschreiben läßt. Er folgt in sich einer Logik der Ent-Mittelung, die sich auf alle Begriffe und Logiken des Medialen auswirken mußte und längst auch die "ältesten" Medienarchive, nämlich die der "Kunst", erfaßt hat.
  • Zugleich aber ist der Computer eine symbolische und symbolverarbeitende Maschine. Nur deshalb kann er "allgemeines Medium" werden, und dies gab in bestimmter Hinsicht auch die Perspektiven vor, aus denen er medientheoretisch analysiert wurde. Die Möglichkeit, alle anderen Medien zu simulieren, resultiert aus der "Universalität" des digitalen Codes, und deshalb entsprach die Analyse von Codierungstechniken zumeist auch einer Bewegung der Vereinnahmung, die andere Medialitäten wie im Handstreich unter sich begreifen wollte. Dies wirft weit reichende Probleme auf, vor allem medienpolitisch. Tatsächlich nämlich folgt die Behauptung, das Wesen eines anderen Mediums offenbare sich in Techniken seiner digitalen Anschrift, zunächst nur einem bestimmten Technizismus. Indem er verkennt, daß "das Wesen der Technik nichts Technisches ist" (Heidegger), setzt er eine Aneignung anderer Medialitäten in Szene, die sich um den Preis einer weit reichenden Zerstörung vollziehen könnte. Und deshalb kann Deleuze festhalten: "Neue Automaten wären jedoch nicht imstande, sich des Inhalts zu bemächtigen, wenn nicht ein neuer Automatismus für eine Veränderung der Form sorgte. Die moderne Gestalt des Automaten ist das Korrelat eines elektronischen Automatismus. Das elektronische Bild – also das Tele- oder Videobild, das im Entstehen begriffene digitale Bild – wird entweder zur Veränderung des Kinos oder zu seiner Ersetzung führen, die seinen Tod bedeutet."

Das Kino denken - 1.3 Uploaded Image: pfeil.gif


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