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unbewußt im Sinne Bergsons

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  In BzE S. 74f, beschreibt Deleuze, inwiefern Bergsons und Freuds Unbewußtes strikt auseinandergehalten werden müssen:


Doch verlöre dieser erste Aspekt der Bergsonschen Theorie jeden Sinn, würden wir nicht seine außer-psychologische Bedeutung betonen. Was Bergson die »reine Erinnerung« nennt, ist nichts Psychologisches. Deshalb wird von ihr als dem Virtuellen, Inaktiven und Unbewußten gesprochen.

All diese Ausdrücke sind prekär, vor allem der Ausdruck »unbewußt«, der seit Freud der Bezeichnung einer besonders wirksamen und aktiven psychologischen Sphäre vorbehalten zu sein scheint. Das »Unbewußte« Freuds und das »Unbewußte« Bergsons müssen auseinandergehalten werden; darauf hat Bergson selbst hingewiesen. (DSW 93/1316)

Jedenfalls ist klar geworden, daß Bergson den Ausdruck »unbewußt« nicht zur Bezeichnung einer psychologischen Realität außerhalb des Bewußtseins verwendet, sondern um eine nicht-seelische Realität zu bezeichnen- das Sein, wie es an sich ist. Das Psychologische ist in aller Strenge genommen das Gegenwärtige. Nur das Gegenwärtige ist "psychologisch"; aber das Vergangene ist die Sphäre der reinen Ontologie, die reine Erinnerung hat ausschließlich ontologische Bedeutung.



Bergson beobachtet jedoch eine 'drängende' Funktion des Gedächtnisses:


Durch das praktische, aufs Nützliche gerichtete Bewußtsein des gegenwärtigen Augenblickes, d.h. durch das sensorisch-motorische Gleichgewicht des zwischen Wahrnehmung und Handlung gespannten Nervensystems fortwährend gehemmt, wartet da Gedächtnis nur darauf, daß sich zwischen aktuellem Eindruck und begleitender Bewegung eine Spalte zeige, durch die es sein Bilder eindringen lassen kann. (MG, S. 86)



Deleuze zeigt, wie durch diese Eigenart des Gedächtnisses (also der Dauer) eine zweite Art Unterbewußtes sich bildet:


Damit wird ein psychologisch Unterbewußtes definiert, das vom ontologischen Unbewußten Verschieden ist (siehe Das Gedächtnis als virtuelle Koexistenz). Dieses gehört zur reinen, vituellen, unerschütterlichenund inaktiven Erinnerung an sich. jenes ist der Vorgang der sich aktualisierenden Erinnerung: daß sich die Erinnerung - gleichsam die Leibnizsche Möglichkeit - umsetzen will und in ihrem Eigengewicht darauf dringt, angenommen zu werden - also von der Gegenwart und der "Aufmerksamkeit zum Leben" eine Verdrängung geleistet werden muß, um all die Erinnerungen zurückzuweisen, die keinen Nutzen versprechen, oder gefährlich sind. (SEN 96/896)
(BzE, S.94)



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