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Die griechische Plastik


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Die griechische Plastik

Griechische Kunst und Architektur wird gewöhnlich in folgende vier Perioden geteilt, welche die Änderungen in den vorherrschenden Stilen widerspiegeln:

Das Thema ‚griechische Plastik’ beginnt erst um 620 v.Chr., da hier die ersten lebens- und überlebensgrossen Statuen entstehen.

(1) Geometrische und Orientalische Periode
(ca. 1100-620 v.Chr.)

(2) Archaische Periode
(ca. 620-480 v.Chr.)

(3) Klassische Periode
(ca. 480-320 v.Chr.)

(4) Hellenistische Periode
(ca. 320-30 v.Chr.)

Achsensystem I: Archaische Plastik (ca. 620 - 480 v. Chr.)

Uploaded Image: KG-Archaisch.jpgUm 620 v.Chr. entstanden die ersten lebens- und überlebensgrossen Statuen von Jünglingen (Kouros [sprich: Kuros], Pl. Kouroi), meist als Weihebilder für einen dem Apollon heiligen Bezirk, auch als Grabbilder und als Darstellungen des Apollon selbst. Die fast mathematisch genauen Achsen und die Frontalität dieser Figuren sind kennzeichnend für das Kompositionsprinzip archaischer Plastik: Das Gesetz der strengen Form. Apollon ist der Gott des Masses und damit der Gott der geistigen Ordnung. Sinnbild solchen Masses und solcher Ordnung sind auch diese Jünglingsstatuen. Die strenge Einordnung aller Gelenkverbindungen in nur senkrechte und waagrechte Achsen betont die naturgegebene Symmetrie des menschlichen Körpers. In dieser "Grundstellung" äussert sich nicht so sehr Ruhe, als in sich geschlossene, versammelte Spannkraft, die zur Aktivität drängt. Die Abweichung von der strengen Symmetrie durch das um eine Fusslänge vorgesetzte linke Bein wird zum Ausdruck eines kaum verhaltenen Bewegungswillens, wird fast zur Darstellung eines Schrittes. Dieses I. Achsensystem liegt sämtlichen archaischen Weihefiguren bis zur Zeit der Perserkriege (bis 480) zugrunde.

Kouros

um 620 - 610 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Kouros1.jpgTypisches Beispiel einer strengarchaische Statue, die am Anfang der Geschichte der monumentalen Plastik in Griechenland steht. Der Aufbau des Körpers und des Gesichts ist von streng geometrischen Verhältnissen bestimmt: Das Gesicht ist hoch, steil-dreieckig. Die Augen beherrschen den ganzen oberen Teil des Gesichts. Das linke Bein ist vorgestellt, aber nicht im Knie abgewinkelt, der Fuss ruht auf dem Boden: Schreiten ist suggeriert, aber nicht dargestellt. Die Hände sind zur Faust geballt und an die Oberschenkel gepresst. Die Plastik wirkt nicht durch Aktion, sondern durch ihr Vorhandensein. Bewegung, Raum und Aktion wären nur dann wichtig, wenn individuelle Erscheinungen erfasst werden müssten. Der Kouros dagegen bleibt im Allgemeinen, Typischen und Zeitlosen. Die sog. Grossplastik hält im Allgemeinen fast 150 Jahre lang am Leittyp des Kouros fest, während sich Vasenmalerei und auch Kleinplastik wie Relief sehr viel unbefangener und vielgestaltiger entwickeln.

Kouros aus Anavyssos

um 520 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Kouros2.jpgAuf der Basisplatte steht folgendes Distichon: Halte vor diesem Male und beweine den Tod des Kroisos, den der wilde Ares in des Kampfes vorderster Linie sterben liess. Die Statue, die rund 100 Jahre jünger ist als der New Yorker Kouros auf dem vorhergehenden Bild, zeigt einerseits, wie sehr am Leitbild des Kouros für die Grossplastik festgehalten worden ist. Er reiht sich ohne Besonderheiten in die grosse Zahl der Kouroi ein. Und doch trennt ihn einiges vom New Yorker Kouros: Die Körperteile wirken natürlicher, der Rhythmus des Gesamtaufbaus ist sehr geschmeidig. Er kündigt bereits an, was in 40 Jahren erreicht sein wird: Die Darstellung des handelnden Menschen.

Die Peplos-Kore

540 - 530 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Kore.jpg Das weibliche Pendant zu den Kuroi sind die Koren. Sie wirken noch statischer als die Kouroi, da ihre Füsse eng beisammen stehen. Sie lassen dem Künstler Raum für Gewand-Studien, welche vielfältige zeichnerische und plastische Effekte möglich machen.(schlechtes Beispiel)

Relief vom Schatzhaus der Siphnier

526 - 524 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Relief.jpgDas Bild zeigt einen Ausschnitt aus der Götterversammlung, die Götter sehen dem trojanischen Krieg zu. Dargestellt sind Aphrodite, Artemis und Apollon, links (z.T. verdeckt) Ares. Diese Darstellung - eine der ältesten Darstellung von Göttern überhaupt - folgt dem spätarchaischen Schema: Die ganze Götterversammlung, in deren Mittelpunkt Zeus steht, ist symmetrisch aufgebaut. Wir sehen einen Ausschnitt aus der linken Hälfte. Aphrodite und Artemis strecken ihre Arme nach Apollo aus, und Artemis berührt sogar sein Kinn: Das sind archaische Gesten für inständiges Bitten. Die beiden Göttinnen wollen offensichtlich auf die Geschicke Einfluss nehmen und bitten Apollo, auf Zeus einzuwirken.Mit seiner abrupte Zurückwendung sagt Apollo den beiden aber, dass Zeus allein die Entscheidung zukommt. Auch die Gruppe selbst ist in sich archaisch aufgebaut: Artemis hatte die Mitttelstellung inne, die betont wird durch die eng liegenden vertikalen Parallelfalten ihres Kleides, während die breiteren Faltenbahnen der Kleider von Apollo und Aphrodite auf diese Mitte ausgerichtet sind. Im Vergleich zu den Kouroi drückt das Relief eine Aktion aus, stellt eine Handlung und Bewegung dar. Die Figuren überschneiden sicht teilweise.

Achsensystem II : Klassische Plastik (ca. 480 - ca. 320 v Chr.)

Uploaded Image: KG-Klassisch.jpgDie Kouroi ab 480 zeigen erstmals das neue Bewegungsmotiv eines entspannten Stehens. Der Körper ruht nicht mehr in strenger Symmetrie auf den beiden gleichtragenden Stützen der Beine, jetzt trägt eine Stütze allein, das "Standbein", das volle Gewicht des Körpers; das andere Bein wird als Spielbein völlig entlastet und kann frei zur Seite gesetzt werden. Die Hüftachse kommt ins "Hängen", wird schräg gestellt, wodurch die Wirbelsäule sich in leichter S Kurve nach oben schwingen muss, um den Schwerpunkt des Körpers senkrecht über der Unterstützungsfläche zu halten. Die Schulterachse, die rechtwinklig zur oberen Hälfte der S Krümmung steht, gerät so in eine der Hüftachse entgegengesetzte Schräglage. Damit ergibt sich nach der Standbeinseite hin ein Zusammenlaufen aller von der Schulterachse abhängenden Gelenkverbindungen mit den von der Hüftachse abhängigen Verbindungen der Hüftbeinkämme und der Kniegelenke und umgekehrt ein Auseinanderlaufen dieser Verbindungen nach der Spielbeinseite. Dieses entlastete Stehen mit seiner kaum merklichen, aber konstruktiv so entscheidenden Achsenverschiebung ergibt den neuen Bewegungsausdruck der Entspannung, des gelassenen In sich Ruhens, der nach den Perserkriegen für fast alle Figuren der Früh - und Hochklassik typisch ist. (z.B. die Koren am Erechtheion (26KB)). Kommt zu dieser durch die Statik des Stand und Spielbeins bedingten Achsenlage noch der Wechsel von Aktivität und Passivität und der Wechsel von Vor und Zurück hinzu, so bezeichnet man diese Stellung als "Klassischen Kontrapost". Er entspricht einem vollkommenen Ausgewogensein aller Teile gegeneinander. Das Festlegen von künstlerischen Epochen und die entsprechende Zuweisung von Kunstwerken ist manchmal nicht leicht, und sie ist von Späteren gemacht. Kunst befindet sich oft in einem Prozess, es stellen sich Übergänge ein, die fliessend sind. Die gängigen Einteilungen für die Zeit von 480 - 320 sind - und an diese halten wir uns auch hier:

Frühe Klassik 480 - 450 v. Chr.
Klassik oder Hochklassik 450 - 430 v. Chr.
Nachklassik (mit einer Erneuerungsbewegung ab 370) 430 - 320 v. Chr.

Der Kritios-Knabe

kurz vor 480 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Knabe.jpgKurz vor 480 als Weihegabe auf der Akropolis aufgestellt, um einen jungen Athener zu verewigen, der in einem Junioren-Sportwettbewerb den Sieg errungen hat. Die Beine sind nicht mehr wie bei den archaischen Kouroi in einer vorgetäuschten Schreithaltung versteift. Das Körpergewicht ruht auf dem linken Bein (Standbein), während das rechte mit vorgestelltem Knie leicht abgewinkelt ist (Spielbein). Durch diesen Gegensatz wird eine Schräglagerung des Beckens bewirkt. Die daraus resultierende Schrägstellung des Körpers wird erst in den waagrechten Schultern ausgeglichen. Das archaische Lächeln ist einem nachdenklichen Ernst gewichen. Eine kühne Neuerung ist die leichte Wendung des Kopfes nach rechts, wodurch die archaische Frontalität durchbrochen wird. Etwa 150 Jahre lang werden sich die griechischen Bildhauer bemühen, den Ausgleich für das Gleichgewicht zu finden. Jede Generation variiert die Stellung des unbelasteten Beines, was eine Gewichtsverlagerung und dadurch eine Veränderung der Umrissformen bedingt. In welchen Epoche ordnen wir den Kritios-Knaben ein? - Es gibt Gelehrte, die ihn zur arachaischen Kunst zählen. Sicher steht die Statue noch in der Tradition der arachaischen Kouroi. Noch liegen die Arme am Körper, noch sind beide Fussohlen auf den Boden gesetzt. Aber: Die Statue ist auch deutlich anders als die archaischen Kouroi. Neben dem erwähnten Gegensatz von Stand- und Spielbein und der daraus folgenden Schräglagerung des Beckens sind auch die Arme in ihrer Haltung differenziert. Deutlich ist der linke Oberarm zurückgenommen. Andere Gelehrte sprechen deshalb vom Kritiosknaben als einem frühklassischen Werk und nennen den Stil in der Zeit von 480 bis 450 auch den "Strengen Stil". Bedenken wir dabei folgendes: Diese Epochenbegriffe sind von Späteren geprägt worden. Und sicher ist nicht eines Morgens der Bildhauer aufgestanden und hat gesagt: "So, heute führen wir den frühklassischen Stil ein". Die Entwicklung der Kunst erfolgt in Prozessen. Und der Kritios-Knabe ist ein steinerer Zeuge für denjenigen Moment in diesem Prozess, in dem einerseits die Tradition der Kouroi noch weitergeführt wird, in dem aber andererseits etwas Neues sich durchsetzt und das Achsensystem II das Achsensystem I überwindet. Und insofern steht der Kritios-Knabe sicher näher bei der sog. klassischen als bei der archaischen Kunst.

Doryphoros

um 440 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Doryphorus1.jpgUploaded Image: KG-Doryphorus2.jpg
Aus der Hoch-Klassik sind uns fast keine Original-Statuen erhalten. Da sie oft aus Bronze hergestellt waren, ist anzunehmen, dass sie in christlicher Zeit eingeschmolzen wurden. Als hervorragender Künstler der Hoch-Klassik galt Polyklet aus Argos. Die in der Antike berühmteste Statue aus seiner Werkstatt ist der Doryphoros, den wir aus zahlreichen Marmorkopien der römischen Zeit kennen. Dass das Original aus Bronze war, darauf weisen die Stützen und Verstrebungen in den Marmorkopien hin - hier z.B. zwischen rechtem Arm und Körper. Für einen Bronzeguss sind solche Verstrebungen nicht nötig, während der Stein ohne diese Stütze brechen würde. Die Figur rechts hat ein Feigenblättchen aus Gips: Dies geht auf die schamhafte Tätigkeit der Kuratoren des Vatikans zurück. Wir müssen also Polyklets Doryphoros aus dem Vergleich der röm. Kopien erschliessen. Epochemachend und wegweisend für fast ein Jahrhundert ist ganz offensichtlich sein Standmotiv (vgl. die Skizze zm Achsensystem II): Das Spielbein ist nicht mehr nach vorne auf den Boden gestellt, sondern stützt sich zurückgestellt nur noch mit den Zehen auf, die sich auf der Höhe der Fersen des Standbeins befinden. Der Körper wirkt dadurch gelockert, die Neigung des Beckens wird durch die entgegengesetzte Neigung der Schultern ausgeglichen. Dem Standbein entspricht der locker herabhängende rechte Arm, dem Spielbein der angewinkelte linke, dessen Hand die Lanze trug. Der Kopf ist leicht zur rechten Schulter gedreht.

Sandalenlösende Nike

um 409/406 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Nike.jpgDie Zeit von 430 - 370 v. Chr. bezeichnet man auch als die Zeit des Nachklassischen Manierismus. Die Sandalenlösende Nike ist dafür ein gutes Beispiel: Die Haltung ist sehr gesucht, das virtuose fliessende Faltenspiel modelliert den Körper, Körper- und Gewandkurven sind kontrapunktisch angelegt. Diesem Wechselspiel gilt jetzt das Hauptinteresse. Das Ganze beweist höchstes Können, aber gerade dieses Können ist wichtig und nicht mehr so sehr die dargestellte Sache.

Hermes des Praxiteles

um 340 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Praxiteles.jpgNach 370 v. Chr. erfolgte ein neuer Aufschwung in der griechischen Kunst. Zu den berühmtesten Bildhauern dieser Zeit gehörte Praxiteles. Von ihm stammt der Hermes in Olympia. Gefunden wurde diese Statue 1877 in der Cella des Heratempels. Das rechte Standbein und der Baumstamm sind Träger der Komposition. Der Baumstamm mit dem darübergeworfenen Gewand kontrastiert zum glatten Körper des Gottes. Dem aufgestützten linken Arm, der den kleinen Dionysos trägt, entsprach der emporgehobene rechte, dessen Hand vermutlich dem Knaben eine Weintraube entgegenhielt. Die Wirkung des Praxiteles war enorm. In seiner Tradition steht auch die Bronzestatue eines jungen Mannes aus Marathon (17KB). Praxiteles war ausserdem der erste, der sich mit dem weiblichen Aktibild intensiv beschäftigte. Alle nackten Aphroditen, die in hellenisitscher Zeit entstanden, haben seine berühmte Aphrodite von Knidos zum Vorbild.

Achsensystem III : Hellenistische Plastik (320 - 30 v. Chr.)

Uploaded Image: KG-Helenistisch.jpgDas völlige Auseinanderstreben sämtlicher Körperachsen ist für die hellenistische Plastik (ab 4. Jh.) charakteristisch, und zwar sowohl für die Einzelfigur als auch für die Gruppenkomposition. Der Raum wird, wie nie zuvor, allseitig erobert. Die Bewegung kann bis in die letzte Möglichkeit und Flüchtigkeit erfasst und wiedergegeben werden. Eine bis dahin unbekannte Freiheit des Ausdrucks wird erreicht und bis zu betontem Realismus und zu ausgesprochener Naturähnlichkeit gesteigert. Die Körperhaltung wird ungebunden dargestellt, entfesselter Leidenschaft hingegeben oder von brutaler Rohheit bestimmt. Statisch gewagte, nur für Augenblicke mögliche Bewegungen werden in Stein oder Bronze festgebannt. Nicht selten müssen die Künstler eine Stütze in die Komposition einbauen.

Schlafender Satyr

um 220 v. Chr.

Uploaded Image: KG-Satyr.jpgEine typische Erscheinung für die hellenistische Zeit ist es, dass die Kunst sich nicht mehr linear fortentwickelt. War bis zum Ende des 4. Jh.zu beobachten, wie sich neue Formen stets als Antworten auf das Vorausgegangene und als deren Überwindung ergaben, so ist die hellenistische Kunst, obschon glanzvoll, ein verwickeltes, unentrinnbares Gebilde, so dass bestimmte Perioden nicht einfach aufgrund stilistischer Merkmale abgegrenzt werden können.Teilweise wird an Altem angeknüpft: Die berühmte Venus von Milo (15KB) ist z.B,. eindeutig eine Variante des von Praxiteles geschaffenen Motivs der nackten Aphrodite. Als echte Neuerung darf dagegen das Achsensystem III angesehen werden, für das als Beispiel der schlafende Satyr steht.

Alte Frau auf dem Markt

2. Jh. v. Chr.

Uploaded Image: KG-Frau.jpgTypisch für die hellenestische Zeit ist, dass ein Zug zum Realismus herrscht. Auf den Körpern erscheinen Schmerz, Alter, Welkheit, Mühsal des Lebens usw. Kinder und Alte, Sklaven und Barbaren sind möglicher Gegenstand einer Darstellung. Im Kontrast zum dargestellten Alter steht im obigen Beispiel der durchaus an frühere Epochen erinnernde Faltenwurf des Gewandes. Und die entblösste Brust entspricht ikonographisch gesehen den entsprechenden Skulpturen der Aphrodite.

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