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Maurizio Lazzarato "Videophilosophie"

Maurizio Lazzarato
Videophilosophie
Zeitwahrnehmung im Portfordismus

b_books 2002
S.129-156

Ökonomie und affektive Kräfte

Marx sah im Verhältnis von Zeit und Subjektivität den Schlüssel zur Lösung
des Rätsels von Arbeit und Ware - in Form einer «Kristallisation von Zeit».
Kino, Video und digitale Technologien führen heute eine andere Form der
Zeitkristallisation ein, einen neuen Maschinentypus , der im Gegensatz zu
den mechanischen und thermodynamischen Maschinen nicht Zeit allgemein
kristallisiert , sondern die Dauer der Wahrnehmung, der Sensibilität
und des Denkens . Die Zeitkristallisationsmaschinen produzieren vor allem
Dauer, und erst deren Reproduzierbarkeit ermöglicht Bilder und Töne. Die
Zeitkristallisationsmaschinen sind «Motoren» der Synthese, der Kontraktion
und der Erzeugung von affektiver Kraft . Dieser «neue Energietyp», diese
«mächtige nichtorganische Kraft» ist der Stoff, den die Zeitkristallisationsmaschinen
bearbeiten . Die Aktivität , die von den Bildtechnologien impliziert
wird , betrifft direkt die eigenständige Kraft , die man «Aufmerksamkeit»
nennt . Die Zeitkristallisationsmaschinen greifen direkt in den Prozess der
«Produktion von Subjektivität» ein, sie schließen sich mit den Affekten, der
Wahrnehmung , der Erinnerung , der Sprache und dem Denken zusammen .
Es muss analysiert werden, in welcher Weise die affektiven Kräfte und die
Produktion der Subjektivität heute im Zentrum des Prozesses der kapitalistischen
Wertschöpfung stehen. Dazu bringen wir die von Gilles Deleuze und
Felix Guattari entwickelte Analyse des Kapitalismus mit einer informationsökonomischen
Analyse zusammen .
Eine ganze Reihe von Kategorien , die einmal zur Konstitution einer
Kritik der politischen Ökonomie gedient haben, müssen aufgegeben oder
neu formuliert werden. Das gilt im Besonderen für die Kategorie der "Arbeit",
die ohne jede Nostalgie mit den durch die neuen technologischen Anordnungen erregten,
produzierten und konsumierten Aktivitäten und affektiven
Kräften konfrontiert werden muss . Das Konzept der «lebendigen
Arbeit » war der Hebel einer Kritik der «Arbeit». Der kritische Marxismus
interpretierte lebendige Arbeit als Ausdruck der Subjektivität des Arbeiters, und
ermöglichte so eine tiefgreifende Erneuerung der Kritik der politischen Okonomie.
Aber dieses Konzept blieb direkt mit der Qualifikation der Subjektivität
als proletarische Subjektivität verbunden. Die marxistische Vorstellung einer
«globalen Subjektivität» als ein den Kapitalismus definierendes Charakteristikum
konnte folglich diesen Rahmen nicht verlassen.
Das Konzept der «Produktion von Subjektivität», wie es die französische
poststrukturalistische Philosophie - mit signifikanten Unterschieden entwickelte,
ermöglicht einen radikalen Bruch mit der marxistischen Definition der «lebendigen Arbeit»
(und rettet dessen ursprüngliche Intuition für eine andere Perspektive): die «zum Arbeiten
gebrachte» Subjektivität ist insofern eine beliebige Subjektivität, als sie nicht mehr als
ausschließlich proletarische bezeichnet werden kann . Im postmodernen Kapitalismus ist die benjaminsche
Unterscheidung zwischen Arbeit und Wahrnehmung - oder auch die aus
den 70er Jahren stammende Unterscheidung zwischen Arbeit und Affekt durch
die Definition der «allgemeinen Aktivität» überflüssig geworden , da
man "unabhängig von irgendeiner Arbeit Mehrwert schafft (das Kind , der
Pensionär, der Arbeitslose, der Fernsehzuschauer)"1.
Daraus ergeben sich insofern enorme Probleme, als es um mehr geht als
nur darum , Arbeit und Subjektivität , Arbeit und Sprache , Arbeit und Affekt
miteinander zu verbinden. Man muss die Anordnungen und Bedingungen
der «Wertschöpfung» und der Produktion der Subjektivität in einer Welt, in
der «es keine Unterscheidung zwischen Mensch -Natur , Gesellschaft -Natur,
Industrie-Natur mehr gibt ... (und) . .. keine voneinander relativ unabhängigen
Sphären oder Kreisläufe"2 vollständig neu definieren. Für diese Umdefinition muss
das Konzept der «Aktivität», der affektiven «Kraft», der «freien Handlung» rekonstruiert
werden , die durch den Kapitalismus und die Arbeiterbewegung gleichermaßen pervertiert
und mystifiziert sind . Beide Gesichtspunkte haben sich niemals aus der theoretischen und politischen
Unterordnung des Konzepts der Kraft unter das Konzept derArbeit befreit.
Wir geben die meisten Kategorien der "Kritik der politischen Ökonomie"
auf , aber nicht die marxistische Methodologie: nämlich die Notwendigkeit,
das genetische, kreative , differentielle Element , das Marx als
«lebendige Arbeit» definierte, innerhalb der Kategorien der politischen
Ökonomie zu entdecken . Die meisten Begriffe von Sprache, Kommunikation
und Information verdecken und mystifizieren die Anordnungen der Produktion der
Subjektivität und der sie konstituierenden affektiven Kräfte. Sprache und Kommunikation
tendieren nämlich dazu, die Subjektivitäten, Virtualitäten und affektiven Kräfte im
Inneren der «psychischen Fähigkeiten» einzuschließen.
Man müsste Habermas, Shannon und die Mehrzahl der Linguisten
dabei ähnlich behandeln wie Marx die «klassischen Ökonomen». Sprache,
Kommunikation und Information sind unter den neuen Bedingungen der kapitalistischen
Akkumulation die Formen der Verräumlichung der Aktivität der affektiven
Kräfte. Das genetische, plastische Element, das die Bildung und Entwicklung der
Sprache alleine erklären kann, ist im Inneren der «Sprache», der «Kommunikation»,
der «Information» nicht zu bestimmen . «Aber woran könnten sie
sich noch halten, wenn der Sozius derart af die Tatsachen der Sprache reduziert
wäre und diese Tatsachen wiederum auf binarisierbare , 'digitalisierbare'
Signifikantenketten?» 3
Gilles De1euze und Felix Guattari beobachten in Tausend Plateaus nicht
nur, dass die Produktion des Wertes nicht mehr auf der «menschlichen Komponente
der Arbeit» basiert, sie versorgen uns auch mit den notwendigen Grundbegriffen,
um die Beziehung zwischen Produktion der Subjektivität und
Zeitkristallisationsmaschinen jenseits der Kategorien des Gebrauchs- und
des Tauschwerts ausdrücken zu können.
Die Lohnarbeit ist - im ökonomischen Sinne - nur in dem Maße «produktiv»,
in dem sie es schafft, das Begehren und die affektiven Kräfte aufzunehmen
und zu disziplinieren . Der Kapitalismus hat diese Aneignung
immer durch Trennungen erreicht: zwischen Fabrik und Gesellschaft, zwischen
proletarischen und anderen Formen von Subjektivität, zwischen produktiver
und unproduktiver Arbeit, zwischen Arbeits- und Lebenszeit,
zwischen Hand- und Kopfarbeit . Nur unter diesen Bedingungen kann die
vom Kapitalismus hervorgebrachte «produktive» Beziehung zwischen Subjektivität,
Körper und Zeit zur Stärke des Kapitals und der Lohnarbeit werden .
Die von den Kämpfen 1968 angekündigte «große Transformation» besteht
darin , dass die Beziehung zwischen Begehren , affektiven Kräften und
Zeit ihren Weg nicht mehr über die Lohnarbeit nehmen muss , um Reichtümer
zu produzieren. Die Informationsökonomie zeigt uns , wie der Kapitalismus
in seinen avanciertesten Formen die Beziehung zwischen Affekten,
Wünschen und Zeit ohne Rückgriff auf die Disziplinierung der Fabrik
selber organisiert und in einem offenen Raum die Affekte und Wünsche
jedes und jeder Einzelnen aufnimmt (ohne dabei zwischen produktiv und
unproduktiv oder zwischen «proletarischen» und anderen Subjektivitäten
zu unterscheiden), um sie auf die Produktion von Profit zu richten .
Die von Felix Guattari in den 70er Jahren entwickelte Analyse des fortgeschrittenen
Kapitalismus lässt uns die immer wichtiger werdende Rolle
verstehen , die die affektiven Kräfte und die Zeitkristallisationsmaschinen in
der Organisation der Ökonomie spielen werden. Guattaris Analyse, die sich
seitdem überall bestätigt findet, stellt zwei komplementäre Aspekte ins
Zentrum . Erstens beschränkt sich der zeitgenössische Kapitalismus nicht
darauf , nur die Arbeit auszubeuten, sondern die komplette Gesellschaft.
«Die Begriffe des kapitalistischen Unternehmens und der Arbeitsplätze sind
von der Gesamtheit des sozialen Stoffs nicht mehr zu trennen, der sich
selbst direkt unter der Kontrolle des Kapitals produziert und reproduziert.
Der Begriff des kapitalistischen Unternehmens muss um die Gemeinschaftseinrichtungen,
um die staatlichen Institutionen, die medialen Apparate , die Arbeitsplätze und
um die Mehrzahl der nichtbezahlten Aktivitäten erweitert werden . In gewisser Weise nimmt die Konsument/in im
Supermarkt einen Arbeitsplatz ein, die Fernsehzuschauer /in vor ihrem
Schirm ."4
Der Kapitalismus beutet nicht mehr nur die «Arbeitszeit» aus, sondern
die «Lebenszeit». Um ein Konzept von Foucault zu benutzen: der zeitgenössische
Kapitalismus definiert sich als eine «Biomacht- und eine «Biopolitik"
Das Leben ins Zentrum der Wertschöpfung zu stellen, impliziert und
hier findet sich der zweite Aspekt von Guattaris Analyse - , die zentrale
Position der das Leben konstituierenden affektiven Kräfte für die Wertproduktion.5
Die Organisation der Wertschöpfung umfasst also nicht nur die «ökonomisch
bestimmbaren», sondern auch die mentalen und affektiven Werte,
die «geistigen Fähigkeiten» - aber auch die unpersönlichen Affekte , die
sich am Ausgangspunkt der Produktion von Subjektivität anordnen .
"An dieses grundlegende Funktionieren der perzeptiven, sensitiven,
kognitiven und linguistischen Verhaltensweisen dockt die kapitalistische
Maschinerie an, denn die Individuen sind ebenso mit Wahrnehmungsweisen
oder Wunsch-Normalisierungen "ausgestattet wie Fabriken,
Schulen , Territorien ."6
Der Kapitalismus «fabriziert» nicht nur die Ströme primärer Materie ,
Energieströme, Ströme menschlicher Arbeit, sondern auch Wissensströme
und semiotische Ströme , die Affekte, Sensationen, Haltungen und kollektive
Verhaltensweisen reproduzieren . Die Dispositive der Produktion von
Subjektivität entsprechen zunehmend den Prozessen der Produktion von
Reichtümern .
Nach Guattari defmiert sich der Kapitalismus durch einen Prozess der
Deterritorialisierung des Realen , der nur durch die asignifikanten semiotischen
Maschinen und die selbst wiederum deterritorialisierten Zeichenströme
kontrolliert und integriert werden kann. Die Macht stellt auf
ökonomischem Niveau keinen Diskurs her, sondern ist mit den asignifikanten
semiotischen Maschinen beschäftigt. Guattari bezieht sich dabei
wesentlich auf Geld, die Organisation seiner Zirkulation und auf asignifikante
Börsenraster . Die deterritorialisierten Ströme der Subjektivität werden
durch die deterritorialisierten Ströme des Geldes aufgenommen und
kontrolliert .
Der zeitgenössische Kapitalismus definiert sich durch eine fortgesetzte
Bereicherung durch semiotische Komponenten und asignifikante semiotische
Aneignungsmaschinen, die sich nicht mehr auf Geld und seine
Derivate beschränken. Das Arbeitenlassen des «Sozius» und der affektiven
Kräfte bedarf einer spezifischen Maschinerie. Hier beobachtet Guattari
eine Zunahme von «Zeitkristallisationsmaschinen» (Fernsehen , Kino , elektronische
Netzwerke), die eine die Subjektivität unmittelbar betreffende
Semiotisierungsarbeit leisten.
«Jenseits von Kreditgeld , Aktien und Besitzurkunden etc. manifestiert
sich das Kapital heute in semiotischen Operationen und Machtmanipulationen
aller Art .»7
Die Verwertung des Lebens benötigt Maschinen, die in der Lage sind,
die affektiven Kräfte und die sie konstituierende nichtorganische Energie
aufzunehmen . Mit den Zeitkristallisationsmaschinen beschränkt sich die maschinische
Integration nicht mehr nur auf die Produktionsorte. sondern entwickelt sich
auch in allen anderen sozialen und institutionellen Räumen : Medien, Netzwerke,
Gemeinschaftseinrichtungen etc. Unsere ganze Arbeit soll zeigen, wie der Kapitalismus
mit diesen neuen Maschinen jenseits von Lohnarbeit und monetarisierten
Gütern Kontrolle über eine Multitude an Macht-'Quanten' gewinnen
kann, die andernfalls in lokalen , häuslichen oder libidinösen
Ökonomien verkapselt blieben.
Das Neue an Guattaris Analyse liegt darin, dass für ihn die «kollektiven
Einrichtungen» (zu denen die Medien und die digitalen Netzwerke gehören)
keine «ideologischen Staatsapparate» sind, wie das Althusser vorsah . Für
Guattari handelt es sich hier nicht um Dispositive der Reproduktion der
Ideologie, sondern der Reproduktion der Produktionsmittel und -beziehungen.
Die Entwicklung der letzten zwanzig Jahre bestätigt seine Analyse und
radikalisiert sie bis zur Behauptung, dass die Informationsökonomie heute
aus diesen Einrichtungen Dispositive der unmittelbaren Erzeugung ökonomischen
Reichtums gemacht hat; sie sind darin zum dynamischsten und
quantitativ wichtigsten Teil der postfordistischen Akkumulation geworden .
Auf der Basis von Guattaris Begriffsbildung lässt sich eine andere wichtige
Bewertung der Zeitkristallisationsmaschinen entwickeln, die eng mit der
Kritik an ihrer Funktion ideologischer Reproduktion verbunden ist. Die
Zeitkristallisationsmaschinen zielen nicht nur auf «Repräsentation» , sondern
auch und vor allem auf «Affekte», Um eine bergsonsche Unterscheidung
zu benutzen : durch die Arbeit der Produktion, der Erhaltung und der
Akkumulation der Dauer pfropfen sich diese Maschinen gleichermaßen den
«affektiven» wie den «repräsentativen Empfindungen»8 auf. Diese
Maschinen funktionieren auf einem doppelten Register der asignifikanten
Semiotiken (der Dauern, der Intensitäten, der Affekte) und der signifikanten
Semiotiken (der Repräsentationen, der Ideen, der Gefühle) . Diese
Unterscheidung ist wichtig, um die Zeitkristallisationsmaschinen nicht auf
Dispositive der ideologischen Produktion zu reduzieren und um zu verstehen,
wie sie an der Akkumulation der Energie eines «neuen Typs» im
Sinne Bergsons mitwirken. Durch dieses doppelte Affektniveau ziehen die
Zeitkristallisationsmaschinen die Wünsche und die affektiven Kräfte in die
Informationsökonomie mit hinein.
Während die signifikanten Maschinen und Semiotiken die Personen,
also die «leicht manipulierbaren» subjektiven Repräsentationen (Ideen und
Gefühle) binden, ordnen die asignifikanten Maschinen und Semiotiken
«infra-personelle, infra-soziale Elemente nach einer molekularen Wunschökonomie
an, die nur mit wesentlich mehr Aufwand im Inneren der geschichteten
sozialen Verhältnisse zu platzieren ist. Durch das unmittelbare
Arbeitenlassen von perzeptiven Funktionen, Affekten und unbewussten Verhaltensweisen,
ergreift der Kapitalismus von einer Arbeitskraft und von
Wünschen Besitz, die diejenigen der Arbeiterklasse im soziologischen Sinne
weit hinter sich lassen.»9
Guattaris Überlegungen über den Kapitalismus haben auch mit den
fundamentalen Funktionen «Kontraktion» und «Kondensation» der bergsonschen
Arbeit zu tun. Das gilt sowohl für das Gedächtnis -Bewusstsein wie
auch für die affektiven Kräfte ("Pathos"). In einer deterritorialisierten Welt,
in der die «Dinge» - um in der Sprache Bergsons zu bleiben - ihre Dauerhaftigkeit
und ihre Stabilität verlieren und eher in Form von Tendenz und
Fluss erscheinen , ist der Kapitalismus als Integral der Machtformationen zu
beschreiben und die kollektiven Anordnungen als «semiotische Kondensatoren
» oder auch «Katalysatoren».
Die Begriffe «Integral», «Kondensator» , "Katalysator" zeigen uns an ,
wie die sozialen und technologischen Maschinen innerhalb der Gedächtnis- und
Bewusstseinsfunktion arbeiten : sie konservieren die Dauer und greifen
auf der Basis des Verhältnisses von virtuell/aktuell in den Prozess der Bifurkation
der Zeit ein , um die affektive Kraft einzufangen .

Tausend Plateaus macht eine für unsere Arbeit fundamentale Unterscheidung.
Sie betrifft die Beziehung des «Menschen » zur Maschine , die Beziehung
der Subjektivität zur «motorischen» oder «kybernetischen Maschine».
Tausend Plateaus unterscheidet zwei Konzepte : die maschinische Nutzung und
die gesellschaftliche Unterwerfung, die zwei unterschiedliche Formen der
Unterordnung konstituieren . «Es handelt sich um Unterjochung , wenn die
Menschen selber wesentliche Teile einer Maschine sind, die sie miteinander
oder mit etwas anderem (Tiere, Werkzeuge) bilden und die unter der Kontrolle
und Leitung einer höheren Einheit steht. Es handelt sich um Unterwerfung,
wenn die höhere Einheit den Menschen als Subjekt konstituiert ,
das sich auf ein äußerlich gewordenes Objekt bezieht , ganz gleich, ob er selber
dies Objekt ist oder ein Tier, ein Werkzeug oder gar eine Maschine : der
Mensch ist dann kein Bestandteil der Maschine mehr, sondern ein Arbeiter,
ein Benutzer . .. Er ist der Maschine unterworfen und wird nicht mehr von
der Maschine unterjocht .»10 Der Kapitalismus gibt der Unterwerfung ihren
radikalsten Ausdruck: der Mensch ist nicht mehr eine Komponente der
Maschine , sondern sein Benutzer. Wir sind nicht genutzt, sondern den
motorischen Maschinen des Kapitalismus unterworfen .11 Das Lohnarbeitsregime
behandelt den Menschen nicht wie eine Maschine , es entwirft ihn als
«Subjekt». Der Arbeiter ist gleichermaßen Subjekt und Benutzer der Maschine. Und
nur auf dieser Basis kann man das Konzept der «Entfremdung» oder des
«Erfahrungsverlustes» bei Benjamin verstehen. Aber die Deterritorialisierung
des gegenwärt igen Kapitalismus restauriert und erfindet mittels anderer
technologischer Dispositive ein System der maschinischen Nutzung, das in
Tausend Plateaus aus imperialen Formationen entsteht . «Während die
Antriebsmaschinen das zweite Zeitalter der technischen Maschinen dargestellt
haben, stellen die Maschinen der Kybernetik und Informatik ein drittes
Zeitalter dar, das ein Regime allgemeiner Unterjochung wiederherstellt:
rückläufige und umkehrbare Mensch-Maschinen-Systeme ersetzen die alten
nicht rückläufigen und nicht umkehrbaren Beziehungen zwischen den beiden
Teilen; die Beziehung zwischen Mensch und Maschine beruht auf
wechselseitiger innerer Kommunikation und nicht mehr auf Benutzung oder
Tätigkeit.»12
Tausend Plateaus betont , dass diese neue Konfiguration gleichermaßen
die Dispositive einer so noch nicht dagewesenen Macht und die einer Veränderung
der Akkumulations- und Arbeitsformen bestimmt. Die zwei Elemente
sind eng miteinander verbunden . Die «neue Nutzung- impliziert die
Dispositive der Normalisierung, der Modulation, der Informatisierung , die
in der Sprache , der Wahrnehmung , dem Wunsch, den Affekten ausgetragen
werden und durch Mikro-Anordnungen weitergeleitet werden.
Die Form der Akkumulation ist ihrerseits durch ein «konstantes Kapital»
charakterisiert, das «zunehmend proportional» größer wird und eine
neue «Nutzung» prägt. Sie engagiert die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit
und ist direkt mit der Automation verbunden . Die Fabrik, die einst die sozialen
Bedingungen der Produktion und der Reproduktion der Gesellschaft
eingeschränkt hat , bestimmt die «Produktionsbedingungen» nicht mehr. Die
produktive Subjektivität ist im zeitgenössischen Kapitalismus nicht mehr als
proletarische Subjektivität qualifiziert; es handelt sich im Gegenteil um eine
«beliebige» Subjektivität , eine «generische» Subjektivität. Das heißt nicht,
Subjektivität und Gesellschaft würden nicht ausgebeutet ; beliebige und
gesellschaftliche Subjektivität stellen heute die neuen Bedingungen der kapitalistischen
Akkumulation .
«Mehrarbeit und kapitalistische Organisation kommen insgesamt
immer weniger durch die Einkerbung des Zeit-Raums entsprechend dem
physikalisch-gesellschaftlichen Arbeitsbegriff zustande. Es ist eher so, als ob
die menschliche -Entfremdung in der Mehrarbeit selber durch eine verallgemeinerte
«maschinelle Unterjochung» ersetzt würde, so dass man unabhängig
von irgendeiner Arbeit einen Mehrwert schafft (das Kind, der
Rentner, der Arbeitslose, der Fernsehzuschauer etc.). Nicht nur der Verbraucher
als solcher tendiert dahin, ein Arbeitnehmer zu werden, auch der
Kapitalismus wirkt weniger auf die Arbeitsquantität ein als auf einen komplizierten
qualitativen Prozess , der Transportarten, städtische Modelle,
Medien, Freizeitindustrie , die Art und Weise der Wahrnehmung und des
Fühlens , also alle möglichen Semiotiken ins Spiel bringt .13
Im postfordistischen Kapitalismus sind die Prozesse der Unterwerfung
von der maschinischen Nutzung abhängig, aus denen sie sich zusammensetzen,
gehorchen darin aber im Vergleich zum klassischen Kapitalismus
vollständig neuen Modalitäten . Die Unterwerfung betrifft - wie wir gesehen
haben - die ganze Person, die Repräsentationen , die Ideen, die Gefühle. Die
Nutzung betrifft jedoch die molekularen und unpersönlichen Elemente die
Affekte, die Dauern , die infrasozialen und infrapersonalen Elemente.
Die Nutzung kennt weder Subjekte, noch Rollen. «Genau deshalb kommt
ihr eine Art Allmacht zu , denn sie kommt durch die Systeme der
Signifikation zustande in dessen Innerem sich die individuellen Subjekte
wiedererkennen und entfremden .14
Die Nutzung ist insofern «maschinisch», als sie nicht um die menschliche
Subjektivität zentriert ist, sondern um die Bedingungen der Produktion: die Zeichenströme,
die sozialen und unterschiedlichsten materiellen Ströme. Die maschinische
Nutzung kann sich der Unterwerfung bedienen, die sich darin wiederum
verändern kann, da sie auf der Fähigkeit der Zeitkristallisationsmaschinen
basiert, Wahrnehmungsdauer , Erinnerung und Sensibilität zu reproduzieren.
Der Kapitalismus ergreift die Lebewesen von innen. Ihre Entfremdung
durch Bilder und Ideen ist nur ein Aspekt eines generellen Systems
der Nutzung ihrer Semiotisierungsweisen, ihrer Wahrnehmung , ihrer
Sensibilität , sowohl individuell als auch kollektiv.Auf diese Weise kann man
von den Zeitkristallisationsmaschinen gleichzeitig genutzt und unterworfen
werden.
"Zum Beispiel: Man ist dem Fernsehen in dem Maße unterworfen , in
dem man davon Gebrauch macht und es konsumiert ('Sie , werte Fernsehzuschauer,
die das Fernsehen machen' ), ... die technische Maschine ist das
Medium zwischen zwei Subjekten . Aber man wird vom Fernsehen als
menschliche Maschine in dem Maße genutzt wie die Fernsehzuschauer zunehmend
nicht mehr Konsumenten und Benutzer sind, nicht mal mehr Subjekte,
die "fabrizieren" müssen, sondern intrinsische Teilstücke, "Eingänge"
und "Ausgänge",Feedback oder Rekurrenzen , die zur Maschine gehören und
nicht mehr zu der Art und Weise, sie zu produzieren oder sich ihrer zu
bedienen . In der maschinischen Nutzung gibt es nur die Transformationen
oder den Informationsaustausch , die einen sind mechanisch, die anderen
menschlich ."15
Die Fernsehzuschauer sind nur 'Synapsen'16, Intervalle, Relais, die Information
weiterleiten , mit denen die Zirkulation bewerkstelligt wird . Die
Fernsehzuschauer werden von den sie in jeder Hinsicht übersteigenden asignifikanten
und signifikanten Strömen durchdrungen . Aber gleichzeitig
sind sie durch dieselben Ströme «angeregt», aufgefordert, in den Prozess der
Subjektivierung einzutreten, der von dem Fernsehbild als sein unüberschreitbares
Modell eingeführt wird . Im System der postmodernen Kommunikation
können die Alternativen in folgender Weise zusammengefasst werden :
Deterritorialisierung und Nutzung des Systems Mensch-Maschine, in dem
die Betrachter von der Zirkulation der Information buchstäblich durchquert
werden und sich auf eines ihrer «maschinischen Niveaus » (Relais) reduzieren
und andererseits Reterritorialisierung als Subjekt , das sich als «Bewusstsein»
auf ein Objekt bezieht ("Werte Fernsehzuschauer »). Die Medien
funktionieren mit Hilfe des Paares Nutzung-Unterwerfung, innerhalb dessen
sie uns kontinuierlich von einem Pol zum anderen schicken .
Von den neuen technologischen Anordnungen wird man gleichzeitig
unterworfen und benutzt und eben darin sind die Zeitkristallisationsmaschinen
starke Vektoren der Subjektivierung. Das Modell Guattaris, das diese beiden
Alternativen enthält , basiert auf einem aktualisierten «Plan maschinischer
Interfaces» wie auf der Multiplizität der «existentiellen virtuellen Universen».
Deren Funktionieren findet im Verhältnis Mensch-Fernsehen seinen
paradigmatischen Ausdruck. Das Fernsehen als «Zeitkristallisationsmaschine»
enthält ein Gesamtbild der Formen, in denen diese technologischen
Anordnungen im Herzen des Subjektivierungsprozesses
funktionieren . Das Verhältnis Mensch-Maschine bestimmt einen spezifischen
Plan maschinischer Interfaces, welche den «Kristallisationen» gegenüber
offen sind, die der Komplexität seiner «aktualisierten» Anordnungen entkommen.
Die Zeitkristallisationsmaschinen operieren im Inneren der Zeitbifurkation,
im Inneren des Prozesses der Aktualisierung des Virtuellen .
«Wenn ich den Fernseher betrachte , existiere ich in einer Kreuzung:
wird und die an Hypnose grenzt , - 2. in einem aufnehmendem Verhältnis
dem narrativen Inhalt einer Sendung gegenüber, verbunden mit einer
seitlichen Aufmerksamkeit auf die um gebenden Ereignisse (Wasser, das auf
dem Herd kocht, ein schreiendes Kind, das Telephon .. .), - 3. einer Welt der
meine Träume bewohnenden Phantasmen .. .»17
Die Heterogenität der maschinischen Anordnungen ist an die den Betrachter
durchkreuzende Diversität der Subjektivierungskomponenten gekoppelt.
Wie entsteht das relative Gefühl einer Einheit, fragt sich Guattari .
Durch ein «Ritornell», das in der Lage ist, einen «Prozess der Subjektivierung»
im Inneren der maschinischen Anordnungen und aktualisierten Diskurse
auszulösen . «Ich würde sagen, dass das Ritornell nicht aus den
Elementen der Form , der Materie , den gewöhnlichen Bedeutungen besteht ,
sondern aus der Herauslösung eines existentiellen Motivs (oder Leitmotivs),
das sich als "Attraktor" im Herzen des fühlbaren und signifikativen Chaos
installiert ."18
Die Subjektivität ist also eine ereignishafte Produktion in der das Fernsehen
als ein «Katalysator- der Aktualitäten und Virtualitäten funktioniert ,
die in der Komplexität der Anordnungen enthalten sind . Die Zeitkristallisationsmaschinen
setzen insofern sehr viel tiefer an als Ideologie und ihre Dispositive .
«Es geht nicht darum , Botschaften zu übertragen, Bilder als Identifikationsmittel
oder als Verhaltensmuster einzubringen , sondern darum , existentielle
Operatoren zu katalysieren , die Konsistenz und Persistenz erzeugen
können."19
Die Interfaces der «Maschine» Mensch -Fernsehen zeichnen einen
Konsistenzplan , in dem die Trennungen von Form und Inhalt , Sensibilität
und Intellekt, Subjekt und Objekt ein neues Kontinuum finden : eine neue
Formbarkeit, die gleichzeitig eine Kraft der Metamorphose und Kreation 20
ist wie eine Macht der Benutzung und Verwertung . Bei diesem Plan, der
durch die Rekurrenz und die Reversibilität zwischen Mensch und Maschine
gezeichnet wird, geht es für die Subjektivität wie für die Macht um etwas
Grundlegendes. Das Überwachen und Disziplinieren der kollektiven Anordnungen
der Subjektivierung nach den Regeln der produktiven Arbeit wird
unnötig. Es geht im Gegenteil darum , den unendlichen Modulationen der
Affekte und Affektionen zu folgen und dabei ihre Ausdifferenzierung zu fördern.
Bernard Cache analysiert den aktuellen Übergang zu einer «Informationsökonomie»
als Übergang zu einer "nicht-standardisierten Produktionsweise". Nach Cache verlassen
unsere alltäglichen Gesten unwiederbringlich das Register der «Tradition» und des «Gesetzes»
und betreten das Register der «Norm». Dieser Prozess , der seit langem die kapitalistische
Entwicklung begleitet, erreicht hier seine volle Reife. «Das Objekt der Norm ist nicht
mehr dazu da, unsere Handlungen zu stabilisieren , sondern , im Gegenteil
dazu, die Schwankungen und die Abweichungen in unserem Verhalten zu
verstärken .»21
Die Mode ist das Paradigma der neuen Produktionsweise . «Die Mode
ist das Modell und die Norm. Zwischen ihnen muss man die starren Komponenten
unseres Verhaltens artikulieren , um die immer variabler werdenden
Konfigurationen zu produzieren. In dem Maße wie der Beschleunigungskoeffizient
des Kapitals zunimmt , löst sich die modeme Geste in Variationen
auf.»22 Die Auflösung der «Starrheit» des Verhaltens verbindet sich
mit der Auflösung der «Solidität» des Objekts. "Unser modernes Objekt ist
durch die Zeit determiniert . Das Objekt , diese feste Partie unserer Handlungen,
ist nur noch eine immer provisorischer werdende Verhärtung der
Falten unseres Verhaltens."23
Man findet hier die Doppelbewegung wieder, von der man ausgegangen
war : die kapitalistische Deterritorialisierung einerseits ("in dem Maße wie
die Rotation des Kapitals sich beschleunigt"), die das «Reale» entlang der
Geschwindigkeiten und Rhythmen ("der Zeit") «auflöst» und die Reterritorialisierung
entlang der «Verfestigung-Variation» andererseits.
Die bergsonsche Ontologie gründet auf der Kontinuität des Objektiven
und des Subjektiven, auf der Variation und der Formbarkeit der maschinischen
Interfaces. Sie zeichnen den «Konsistenzplan » der «Produktion der
Subjektivität», welcher einer «Ontologie» der neuen Ökonomie folgt . Die
«wiedergefundene Kontinuität des Universums » hat sich in die «Kontinuität»
des Produktionsprozesses und der Reproduktion verwandelt : ein neuer
industrieller «glatter Raum». «Und die Techniken der Fabrikation manifestieren
die selbe Variabilität wie unsere Verhaltensweisen. Die digitalen
Befehlsmaschinen und das Ensemble der Technologien fabrizieren ein
industrielles Kontinuum. Wir schreiten von der Form (moule) zur
Formulation (modulation)"24

Ich möchte nun zeigen , wie die Definition der Produktion von Subjektivität
für eine Kritik der neuen «Informationsökonomie» wichtig wird. Guattaris
Modelle sollen mit dieser Beschreibung der neuen ökonomischen Normen
abgeglichen werden. Schizoanalytische Modellisierung und Analyse der
«Informationsökonomie"25 liegen natürlich auf verschiedenen Ebenen: die
erste definiert eine «Ontologie- des zeitgenössischen Kapitalismus , die zweite
drückt eine Ideologie der «politischen Ökonomie » aus. Die Vermittlungen
zwischen beiden Ebenen sind noch nicht richtig entwickelt, aber um die
Bewegung innerhalb der Informationsökonomie zu begreifen, eignet sich
der Prozess der Produktion von Subjektivität besser als die traditionellen
Konzepte einer Kritik der politischen Ökonomie.
Die «sozio-ökonornische» Beschreibung der Informationsökonomie ist
noch aus einem anderen Blickwinkel heraus von Nutzen : sie gibt der «kapitalistischen
Maschine», die gegenwärtig die technologischen , sozialen, semiotischen,
medialen Ströme der «postmedialen Ära» zusammenschließt ,
einen spezifischeren Rahmen . Die Entwicklung der Zeitkristallisationsmaschinen
muss nicht nur in Bezug auf die anthropologischen und ästhetischen
Veränderungen beschrieben werden , sondern auch und vor allem in Bezug
auf die auf diesem Gebiet bereits hoch entwickelte kapitalistische Initiative.
Ich möchte mit einem Zitat Robert Fegels beginnen , des Nobelpreisträgers
für Ökonomie von 1993: «Das technisch-industrielle System ist von
nun an nicht mehr um Materie oder Energie herum organisiert , sondern um
die Strukturierung der Zeit.»26 Nach der Lektüre Bergsons und der Analyse
der Zeitkristallisationsmaschinen könnte der Satz des Ökonomen für uns
eine ganz besondere Bedeutung annehmen , denn für ihn «besteht das Objekt
der Kommunikations - und Informationstechnologien in erster Linie darin,
die Zeit zu kontrahieren , d.h . sie unaufhörlich und immer feiner zu zerlegen.27
Die Zeit hat ihre messende Funktion verloren, die ihr die politische
Ökonomie gegeben hatte und öffnet - selbst wenn sie verräumlicht bleibt im
Inneren der Ökonomie ein Terrain der Analyse, das in die von uns vorgeschlagene
Richtung weist .
Die affektiven Kräfte, die Zeitkristallisationsmaschinen , die neuen Bezüge
zwischen Mensch-Maschine, die semiotischen, menschlichen und
nicht-menschlichen Anordnungen, die Subjektivitäten und die Protosubjektivitäten
sowie die Virtualitäten , die diese verschiedenen Momente verdoppeln,
werden von der Organisation der Informationsökonomie «zum
Arbeiten gebracht ». Die Reversibilität von Mensch und Natur, des Natürlichen
und des Künstlichen, ist die neue Bedingung der Marktdynamik und -entwicklung.

Beginnen wir mit der Beschreibung dessen , was in USA «Technomics » heißt
(oder - für uns bedeutsamer - «Aufmerksamkeitsökonomie»). Man könnte ihre
Eigenschaften folgendermaßen zusammenfassen :
1. Der Motor der Technomics ist die Beziehung zum «Kunden». Man wechselt also von einer Ökonomie des
"Angebots» zu einer der "Nachfrage», von einem Kapitalismus der "Produktion» zu
einem Kapitalismus des "Produkts» . Der Konsum ist nicht mehr auf die Realisation
des Warenwerts angewiesen. Im Gegenteil wird die Beziehung zum
Kunden das Herz der Produktion; der Moment , um den sich der Zyklus der
Wertschöpfung vollständig strukturiert. Was nicht das Verschwinden der industriellen
Arbeit bedeutet, sondern ihre tiefgreifende Umstrukturierung
und vor allem ihre radikale Unterordnung unter das Verhältnis zur «Kundschaft».
2. Die digitalen Technologien verkörpern die technologische Bedingung dieser
neuen Produktionsform. Sie transformieren gegenwärtig das
Telefonnetz in ein telematisches Netz und die einfachen passiven Terminals
(wie das Fernsehen zum Beispiel) in intelligente Terminals (Computer) , die
Information verarbeiten (erweitern , verzögern und beschleunigen) . Diese
Technologien transformieren die bis dahin einfachen Mittel des Informationstransports
in Produktions - und Tauschmärkte von «Dienstleistungen
mit hohem zusätzlichem Wert».
3. Die beiden ersten Bedingungen der Technomics verlegen die «Produktion des Werts»
in die Erzeugung von Dienstleistungen «der hinzu gefügte Wert der Produkte und der Dienstleistungen
entsteht durch die Software und die informationellen Inhalte »)
und in die sozialen Bedingungen (Ausbildung, Wohlfahrtsstaat, kollektive Einrichtungen),
mittels derer man sich auf den neuen produktiven Raum beziehen kann .
Aus der Behauptung, dass nur «die Kundenbeziehung» die Quelle des
Wertes sei, lässt sich eine neue Verbindung ableiten , die von der Informationsökonomie
mit den affektiven Kräften und den sozio-ökonomischen
Bedingungen ihrer Existenz unterhalten wird. Die Informationsökonomie
funktioniert wie ein «Aufnahmegerät», das sich die «Produktion» der Beziehungen,
der Affekte, der Subjektivitäten aneignet, die die Gesellschaft unabhängig von ihm
erzeugt.
Die Informationsökonomie sieht tatsächlich in der industriellen Arbeit
und in allen Bedingungen zur Reproduktion der Gesellschaft und der
«Bevölkerung» nur verfügbare natürliche Ressourcen. Sie erzeugt sie nicht,
konstituiert sie aber als Voraussetzungen ihres Betriebs. In gleicher Weise
wie im 18. und 19. Jahrhundert die Rohstoffe und die Bevölkerungen als
«verfügbare natürliche Ressourcen » betrachtet wurden, sieht die Informationsökonomie
heute die Entwicklung von Wissen , von Wünschen, von
Sprachen und von Affekten als «verfügbare natürliche Ressource».
Zwar produziert, erzeugt und erneuert die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit,
aber nur hier wird die Realisierung des Mehrwerts sichtbar . Die Informatisierung
ist die andere Seite der Finanzierung der Ökonomie und der
Gesellschaft . Dass die Informationsökonomie als eine «natürliche Gegebenheit»
angesehen wird , muss durch ökonomisch und sozial sehr spezifische
Politiken sichergestellt und weitergetrieben werden. Die Verschulung der
Bevölkerung , ihre permanente Anpassungsfähigkeit an die Marktveränderungen,
ihre Innovationskapazität. gute Reproduktionsbedingungen, die Formen
der Semiotisierung und der Redistribution des Einkommens etc. werden
zur Voraussetzung einer funktionierend en Informationsökonomie .
Diese Eigenschaften der Ökonomie wurden bereits im Laufe der
80er Jahre in den USA formuliert, aber erst zu Beginn der 90er Jahre ereignete
sich ein wahrhafter Umbruch in der Organisation der amerikanischen
Ökonomie .
In den 80er Jahren wurde das Wachstum der US-amerikanischen Ökonomie
durch den «Dienstleistungsboom» so erfolgreich dynamisiert (Gesundheit,
Industrie leistungen, Personendienstleistungen, Rechtsberatungen),
dass man damals von einem Übergang von einer Industriewirtschaft zu
einer Dienstleistungsökonomie sprach . Diese Veränderungen brachten
zahlreiche Unannehmlichkeiten mit sich: Nachdem die Dienstleistungsangestellten
ihr - im Verhältnis zu Industriearbeitern - niedriges Lohnniveau
überwinden konnten , erwiesen sie sich als höchst anfällig bei abnehmender
Produktivität und Exportierbarkeit. Häufig war von einem "Niedergang" der USA die Rede.
Tatsächlich kam es in diesen Jahren zu tiefgreifenden
Umwälzungen im Management 28' ", die sich erst in den 90er Jahren
manifestierten . «Es erweist sich - schneller als es die meisten bemerkten - ,
dass das Wirtschaftswachstum nicht von den "Dienstleistungen" angetrieben
wurde, sondern von der Computerindustrie , der Software, der Telekommunikation.
Laut dem Handelsdepartment machen die (Herstellungs- und Konsum -)
Kosten von Hightechgeräten 38% des Wachstums seit 1990
aus.»29
Aber kommen wir auf die Eigenschaften der «Neuen Wirtschaft»
zurück. Genaugenommen sind die «Technomics» durch eine digitale
Technologie definiert, deren Entwicklungsgeschwindigkeit unmittelbare
Auswirkungen auf die Rentabilität der Investitionen hat. Tatsächlich gibt es
ein umgekehrt proportionales Verhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit
dieser neuen Technologien und dem Verkaufspreis; in den USA nennt man
das «technology paradox». Die Kapazität der Chips verdoppelt sich durchschnittlich
alle 18 Monate, während die Preise der «Boxen» - billige Intelbasierte
PCs - purzeln . Die entscheidenden Software- und Hardware Konstrukteurlinnen
registrierten ein Abflachen ihrer Profitabilität und ihrer Investitionskapazität
aufgrund der technologischen Performances der digitalen
Produktkomponenten . Und dieser Umstand hat eine besondere
Bedeutung, denn «in den letzten 5 Jahren hat die Prozessortechnologie
durch ihre zentrale Rolle in der weltweiten Ökonomie eine unsichtbare
"Schwelle" überschritten ».
Aus amerikanischer Sicht hat die Entwicklung der Digitaltechnologie
gezeigt, dass die Produktion des Mehrwerts bei der Hardware gegen null tendiert
und dass diese Technologie in absehbarer Zeit eine «Gratis-Technologie» wird.
Was der französische Staat bei Minitel 30 gemacht hat, nämlich die Nutzerlinnen
gratis mit dem «Gerät» zu versorgen , das machen
einige Unternehmen bereits mit ihrer Produktpalette . Neu ist aber, dass den
SoftwareprogrammiererIinnen die selbe Situation droht . Informatik-Konstrukteure
und Softwareindustrie sind einer schwerwiegenden weltweiten
Preiskonkurrenz ausgesetzt. Der aus dem Preisverfall der Komponenten
herrührende Preisverfall der «Mittel» hat die Software -Editoren dazu
gezwungen, ihre Preise oft sehr radikal zu senken . Nur eine MonopolsteIlung
(Microsoft) kann diese Tendenz verlangsamen .
"Früher oder später wird dieser Preisverfall den Wert fast jeder Hardware-
oder Softwarekomponente reduzieren . Entsprechend wird sich der Wert
auf lange Sicht aus der Kundenbeziehung ableiten - selbst wenn das bedeutete ,
die erste Produktgeneration nahezu gratis abzugeben" .31
Die Industrie ist in eine neue Phase getreten : das «massenhafte zum
Kunden-Werden» «mass-customization»). Diese neue Phase wird eine
neue Produktionsweise prägen, die aus einer Synthese der produktiven
und organisatorischen Innovationen der letzten zwanzig Jahre hervorgehen
wird ("das vollkommene Qualitätsmanagement und die angespannten
Ströme") . Sie wird von der Beziehung zum «Kunden» gestaltet und
angetrieben.
Die "Kunden-Produkte" ("customized products") dieser neuen Unternehmen
wird man ebenso schnell und billig herstellen können wie die standardisierten
«Massenprodukte»der fordistischen Produktionsweise, in der die japanischen
Unternehmen alle Produktivitätsreserven ausschöpften. Anders als die
Organisationsweise in «angespannten Strömen» verkaufen «die Unternehmen
nicht Produkte, sondern Gratifikationen für ihre Kundschaft·»32
Das ökonomische Kalkül verändert sich heute tiefgreifend . Der Preis
eines Produkts bestimmt sich nicht durch die Berechnung aller Teilkosten ,
aus denen es besteht, sondern durch das «Know-how und die Dienstleistungen,
die ein Unternehmen vereinigen kann, um die 'ultimative' Befriedigung
der Kundschaft zu gewährleisten."33 Amerikanische Berater betonen,
dass es nicht mehr ausreicht , die «Produkte» so effizient wie möglich auf den
Markt zu bringen (und dabei «Wissen» und Kenntnisse zu inkorporieren) .
Entscheidend ist heute die Produktion und Verwaltung der «Kundenbeziehung»,
Diese Beziehung ist als solche die Quelle der differentialen Produktivitätsrate.
Von nun an liegt das Ziel dieser neuen Produktionsweise
darin , die Kundschaft, die Unternehmen und die «Zulieferer» in einer Art
«hypereffizientem Zusammenschluss » zu verbinden . Die Anzeichen der
Krise der «alten» Produktionsweise waren schon Mitte der 80er Jahre deutlich
sichtbar: quasi-paradigmatisch in der Elektronikindustrie . Tatsächlich
scheint diese Industrie aufgrund ihres - weiter oben beschriebenen - Verhältnisses
von «technologischer Leistungsfähigkeit» und «Preis» in eine Sackgasse geraten zu sein.
Viele Spezialist/innen dachten damals , dass man nur
dann auf dem Markt bestehen kann, wenn man die «vertikale Integration»
der großen japanischen Konglomerate imitiert, d.h . alle Komponenten produziert,
neue Produkte auf den Markt bringt und den Preiskrieg durch
Preissenkungen gewinnt . Aber seit Anfang der 90er Jahre zeichnet sich eine
andere Strategie ab. Statt sich nur auf das Produkt zu konzentrieren, zielt sie
auf «Architekturen», die eine Vielzahl an Komponenten in einem funktionierenden
Ensemble integrieren . Die «Architektur des Ensembles» ist rentabel,
aber seine Umsetzung erfordert , in Realzeit über die Konsumentlinnen
informiert zu sein , flexibel reagieren zu können und die Entwicklungen des
Marktes und der Technologien vorherzusehen. «Dieser Ansatz verlangt eine
intime Kenntnis der Konsument/innenbedürfnisse, eine kompetente Vorhersage
der technologischen Entwicklung auf 3 oder 5 Jahre hin und eine
Bereitschaft, weiter zu planen als es die Möglichkeiten nahe legen , die sich
aus den bestehenden Bedingungen des Massenmarktes ergeben "34
Diese Hightech -Ökonomie ersetzt die unternehmerischen Prioritäten
und das Know-how vollständig. Interessanterweise werden die «Technomics» auch
«Aufmerksamkeitsökonomie» genannt . Wenn das Zentrum der Wertschöpfung in der
lang anhaltenden Kunden"beziehung" liegt , wenn
die technologischen Veränderungen und die Wünsche der KonsumentInnen
nicht mehr standardisierbar, sondern in permanenter Verwandlung begriffen
sind, wie lässt sich ihr Vertrauen, wie lässt sich ihre «Aufmerksamkeit
« gewinnen? «Wenn die Aufmerksamkeit die wertvollste Ressource der
"free-tech-economy" ist, nimmt die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Mensch
und Maschine bereits fast drei Viertel der Entwicklungsarbeit der elektronischen
Produkte ein.»35
Laut dem Präsidenten von Syntec Informatique sind 80% der neuen
Verwertungssysteme in der Client-Server Architektur versteckt. Es ist nicht
die Information als solche , die im Zentrum der kapitalistischen Strategie
steht, sondern die Architektur von Kunde-Dienstleister . «Wenn eine weitere
Integration nötig ist, intervenieren wir, indem wir das System restrukturieren.
Der Zusammenschluss der Systeme dreht sich um die Client -Server-Architekturen,
da man gleichzeitig die PCs, die Netze und die Software liefert."
Die Gesamtkosten der Komponenten werden im Vergleich zum Preis
des am Ende stehenden «Package», das alle Dienstleistungen und die Möglichkeiten
zu Updates (der Beziehungen zum Kunden) einschließt, fast marginal sein .
In dieser Hinsicht haben sich viele japanische Unt ernehmen - wie bereits erwähnt-
auf die falsche Fährte begeben . Nintendo hat die aktuelle Entwicklung als eine
der ersten verstanden . «Man kann in Zukunft den Mehrwert nicht mehr in der
Hardwareproduktion suchen», sagt der Präsident von Nintendo.
Edward McCraken von Silicon Graphics bestätigt nicht nur die Eigenschaften
der neuen Wirtschaft, er treibt die Definition der Technomics noch
weiter.
Nach McCraken ist "Technomics" im eigentlichen Sinne kein «Warengeschäft».
Die Informationsökonomie fiele in eine klassische ökonomische Logik zurück,
wenn sie den Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit auf dem
Massenmarkt im Preis zu finden versuchte oder wenn sie mit niedrigen
Preisen statt durch Innovation zum Marktführer werden wollte . So fiele sie
in «Warenwirtschaft- zurück. Erst heute erreicht die Innovationstheorie in
diesen Unternehmen ihre volle Reife und verändert die Bedingungen ihrer
Realisierung tiefgreifend. Einerseits weil - wie bereits gesagt - die Innovation
von der Kundenbeziehung geprägt wird ("Wert lässt sich nur nahe am
Kunden erzeugen"), und andererseits weil der Neuerungsrhythmus dieser
Technologien der traditionellen Industrie weit überlegen ist. «Es gab noch
nie einen Warenmarkt mit einer der Informationsindustrie vergleichbaren
technologischen Wandlungsrate ... Mit der Verdopplung der Kapazitäten
verändert sich das Paradigma . Alles ändert sich : die Software , das Projekt
und die Verpackung des Produkts , die Benutzungsweise der Kunden . Wenn
man nicht bereit ist, die Paradigmen zu ersetzen , werden die Produkte
schnell 'commodities', wie das auf dem PC-Markt bereits der Fall war.»36
Die Unternehmen der «business commodity» reagieren auf das Chaos
des Marktes , indem sie versuchen , den Rhythmus zu halten oder vorwegzunehmen.
Aber die Unternehmensphilosophie, die auf diese neue Konfiguration
passt , heißt: «Der Schlüssel zu einem Wettbewerbsvorteil liegt darin ,
das Chaos zu produzieren statt darauf zu reagieren . Und um das Chaos
produzieren zu können, muss man innovativer Spitzenreiter werden."37
Wie lässt sich diese neue , auf der Beziehung zur Kundschaft basierende
«politische Ökonomie » verstehen - und vor allem kritisieren? Die Unterscheidung
von «Nutzung» und «Unterwerfung» kommt hier noch mal ins
Spiel. Denn an welchen Typ «Subjektivität» richtet sich die Produktion der
«ultimativen Gratifikation»? Sicherlich nicht an die Subjektivität linguistischer
Theorien oder an das «kommunikative Handeln », das um den Anthropomorphismus
des «Subjekts», des «Egos» und des «Alter Egos» konstruiert
ist. Es ist jedoch ohne Zweifel an eine «maschinische Subjektivität» gerichtet. Wie
wendet man sich an diese «Subjektivität»?
Nicht mit Hilfe einer «logozentrierten» Aussage , sondern eher mittels
«maschinen-zentrierter» Aussageformen38 . Wie bereits gesehen funktionieren
die Zeitkristallisationsmaschinen im Zentrum des Empfindungsvermögens
und des Gedächtnisses , der «intellektuellen» Arbeit und der Sprache .
Ihre Ströme und ihre Semiotiken sind die Bedingungen aller «Subjektivierungsprozesse».
Unsere «Kundschaft» ist eine «maschinische Klientel», konstruiert durch die Rekurrenzen
und die Reversibilitäten der Beziehung Mensch-Maschine,
durch die Subjektivierungsformen, in denen die maschinische
Nutzung und Unterwerfung uns die Zukunft vorzeichnet.
In welche ökonomische Beziehung ist dieses «massenhafte KundeWerden»
verwickelt? Nicht in ein Verhältnis von Angebot und Nachfrage, das die Beziehungen
und die Zirkulation standardisierter fordistischer Waren erklärt.
Die «mass-customization» ist eher eine «Ereignisproduktion»,
die wie ein «Umwandler» von «Aktualitäten» und «Virtualitäten » funktioniert,
die sich in der Komplexität der produzierenden, gesellschaftlichen
und technologischen Anordnungen fmden . Die Produktion dieser
besonderen Subjektivität - der «Kundschaft» - ist durch Ströme und Semiotiken
eingefangen und konstituiert, die die affektiven Kräfte arbeiten lassen .
Die Subjektivität wird von dieser «Maschine» der Technomics realiter
eingefangen . Die Sprache , die Kommunikation und ihre «logozentrischen
Aussagen» halten uns immer innerhalb dieser neuen Welt, genauso wie uns
die Kategorien der politischen Ökonomie die Trennung in Arbeit und
Affekte nie überwinden lassen . Die neue politische Ökonomie macht offensichtlich,
dass die vom «linguistic turn« vorgebrachte Kritik am Konzept der Sprache
absolut nicht ausreicht, um den Technomics gerecht zu werden .
«Die Industrie der Netze wechselt von einem Bereich, in dem sich das
menschliche Bedürfnis ausdrückt , mit Individuen zu kommunizieren - im
wesentlichen zwischen Individuen - in einen Bereich der Kommunikation
zwischen Computern, der Übertragung digitaler Daten ... Die Industrie verlässt
die Dimension des menschlichen Raums und der menschlichen Zeit,
um in diejenige des Computers einzutreten "39
In diesem Sinne zieht Guattari das Konzept einer Anordnung ohne
Privileg menschlicher Semiotiken dem Konzept der Sprache vor, das noch
auf dem «Menschen» und auf dem Imperialismus des Signifikanten gegründet
ist. Die Unterordnung der gesellschaftlichen Gesamtheit unter die
Wertschöpfung beweist die Komplexität seiner Zeichenregimes und relativiert
das, was der «linguistic turn» ausschließlich betrachtet .
Es geht nicht nur darum, anzuerkennen , dass alle sozialen Maschinen
(die Familie, die Schule, das Politische , das Soziale, die Arbeitsorganisation)
im Zentrum der Subjektivität operieren , sondern zu verstehen , dass diese
neue Ontologie der Zeit und ihr technologischer Aufbau die Bedingungen
der Existenz und der Produktion sozialer Maschinen vollständig neu definiert.
Auf dem von ihr gezeichneten Plan sind die Unterscheidungen (zwischen
sozial und ökonomisch) ungültig. Während das Video - wie wir
gesehen haben - die erste technologische Anordnung ist, die diesen neuen
Immanenzplan errichtet , so erreicht dieser Plan erst in den digitalen Technologien
seine ganze Kraft . Die Theorie des «kommunikativen Handelns » bei
Haberrnas (als linguistische Wende) ist unfähig , der Funktionsweise des
Computers und der von ihm implizierten Aktivität gerecht zu werden : wie
lässt sich «instrumentelles» und «kommunikatives» Handeln unterscheiden ,
wenn wir mit derselben Maschine arbeiten und kommunizieren? Was wird
aus den Sprechern , wenn der Dialog nicht nur «technologisch» polyphon ist ,
sondern auch unmittelbar «maschinisch»?
Das Ziel der «neuen Ökonomie» ist die Produktion der genutzten und unterworfenen
Subjektivität unter den Bedingungen dieses «maschinischens Plans. Sie richtet
sich die «Subjektivität im allgemeinen », auf beliebige Subjektivität. Die
«Gesellschaft wird in ihrergesamten Vielschichtigkeit» ausgebeutet, benutzt für die
«Beziehung» der Wertschöpfung . Die «Technomics» zeigen uns deutlich,
dass die «Kunden-Beziehung» fundamental und ihr alles andere untergeordnet
ist. Sie zielt auf die soziale Anordnung in ihrer Totalität.
Kommen wir zur Informationsökonomie zurück. Ich möchte im letzten Teil
zeigen, dass die «Produktion der Dienstleistungen » nicht auf die Architektur
von Kunde-Dienstleister beschränkt ist , sondern dass sie auch die
Produktion von Inhalten umfasst. Die künstlerische Produktion und allgemeiner
die kulturelle Produktion unterliegt einer der größten Transformationen ihrer
Geschichte. Wie auf vielen Gebieten haben die Situationist/innen diese
Entwicklungen vor 30 Jahren vorhergesehen. Die Jünger der «Gesellschaft
des Spektakels» und des «Cyberspace» haben nichts Neues entdeckt. Im
Gegenteil vergessen sie oft bestimmte Details : und besonders , dass die
Evolution dieser neuen Gesellschaft sich immer im Inneren der «abstrakten
kapitalistischen Maschine» fertigt.
«Die gänzlich Ware gewordene Kultur muss zur Star-Ware (marchandisevendette)
dieser spektakulären Gesellschaft werden . .. Kultur muss in der
zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die Rolle des Motors in der ökonomischen
Entwicklung einnehmen, die die Automobilisierung der ersten Jahrhunderthälfte
beziehungsweise die der Eisenbahn in der zweiten Hälfte des
vorher- gehenden Jahrhunderts ablöst ."40
Dieser Beobachtung der Situationisten muss man nur hinzufügen , dass
die «Kultur» in der Anordnung mit der Kommunikation und den Zeitkristallisationsmaschinen
die Rolle des ökonomischen Motors spielt. Der Begriff der Software muss auf die Produktion
jeden "kulturellen" Inhalts ausgedehnt werden,
da sie in letzter Instanz alle Geschäfte der Informationsökonomie
speist 41. Der Präsident von Viacom erinnert in der «Financial
Times» daran, dass die «Software der König ist, es immer war und immer
sein wird .» Und Summer Redstone versteht unter Software die Produktion
von Filmen, Fernseh- und Buchprogrammen.
Der «Arbeitsmarkt» in der «kulturellen Produktion» ist sicherlich einer
der dynamischsten . Laut dem Institut national de la statistique et des etudes
economiques (LN .S.E.E.) und der Abteilung für Forschung und Zukunftsaussichten
des französischen Kulturministeriums gab es in den letzten zehn
Jahren - alle Bereiche zusammengenommen - hier eine Zunahme der Berufstätigen
von 30%. Zehn mal mehr als in allen anderen gesellschaftlichen
Gruppen . Das entspricht im Vergleich 1,7% aller Arbeitnehmerlinnen ,
ebenso viele wie in der Automobilbranche beschäftigt sind. Man schätzt die
Zahl derjenigen , die einen künstlerischen Beruf ausführen, auf 265.000 .
Nimmt man die technischen und administrativen Berufe noch hinzu, beziffert
sich die «kulturelle Beschäftigung» auf 377.000 Personen . Dieser
Arbeitsbereich hat eine Entwicklung erfahren, die der Informatik- und der
Telekommunikationsbereiche entspricht oder sie überholt, und die gleichzeitig
in einen unerwartet heftigen Segmentierungs- und Hierarchisierungsprozess
eingetreten ist. Aber die entscheidendste Veränderung ereignet sich
in der Informationsökonomie, denn hier integriert sich die künstlerische Tätigkeit
vollständig in die kapitalistische Wertschopfung . Dieses Phänomen nimmt
seit Beginn des letzten Jahrhunderts zu und ist heute vollständig realisiert.
Die Integration der künstlerischen Aktivität ist aus zwei fundamentalen
Gründen von kapitaler Bedeutung für die Informationsökonomie : - 1. für
die Verwertung der Hartware wird der «Inhalt» strategisch. In diesem Sinne
muss das «soft» alle Daten und alle Faktoren integrieren, die zur
«Organisation des Verhaltens» gehören. - 2. die aktuelle Entwicklung der
Informationstechnologie verfällt in ungleiche Bereiche und «Kultur» und
«Gesellschaft» könnten den Anschluss an diesen Rhythmus verlieren . «Der
"Gap" zwischen Kultur und Technologie, zwischen Kreativität und Wissen
muss schnell geschlossen werden und deshalb wird die «Erziehung der
Sensibilität» strategisch wichtig . Man wird eine neue Figur des Erfinders und
des Experimentators entdecken und nutzen müssen, der parallel auf zwei
Achsen agieren kann, eine Figur, die man den "Künstler-Ingenieur" der
"Neuen Renaissance" nennen wird.»42
Die neuen Konzepte und Modellen der «Technomics» mystifizieren den
Umstand, dass sie einen neuen «glatten Raum» zeichnen, auf dem sie die
«freie Handlung» ausbeuten.
Die Komplexität der von Guattari entwickelten Modelle bezeugt die Weite
des Terrains der Konfrontation und der Alternativen, die sich mit der
Produktion der Subjektivität verbinden. Sicherlich fand sich das System
durch die Flucht der Lohnarbeit vor der Fabrikdisziplin gezwungen, sich
nicht nur mit der Frage der Arbeit zu konfrontieren, sondern mit der allgemeineren
Frage der Produktion von Subjektivität . Die Anerkennung der
«Subjektivität» ist die Anerkennung einer beliebigen Subjektivität ohne eine
Qualifikation, die direkt oder indirekt auf Arbeit verwiese. Man kann infolgedessen
die ganze Geschichte des Kapitalismus als eine Opposition zwischen
dem Konzept der «Arbeit» und dem der «Produktion von
Subjektivität» interpretieren , und , jenseits aller Mystifikationen der
Arbeiterbewegung, an das Konzept von "Macht" anknüpfen .
Tausend Plateaus entwickelt eine Version dieser Opposition, die die
Geschichte des Kapitalismus durchquert. Die Autoren dieses Werks holen
nämlich zwei ideale Modelle hervor : «Die Arbeit ist eine Sache des Antriebs,
der auf Widerstände stößt, auf das Äußere einwirkt , in seiner Wirkung verbraucht
oder verausgabt wird und der von einem Augenblick zum nächsten
erneuert werden muss . Auch die freie Tätigkeit ist eine Sache des Antriebs,
aber eines Antriebs, der keinen Widerstand zu überwinden , nur auf einen
selber beweglichen Körper einwirkt, nicht in ihrer Wirkung verbraucht und
zwischen zwei Augenblicken fortgesetzt wird .»43
Nach dem Muster von Marx zeigt Tausend Plateaus die politische und
soziale Zentralität des Arbeitsmodells für den Kapitalismus des 19.Jahrhunderts,
ist aber im Unterschied zu Marx immer und unmittelbar auf «eine
beliebige Subjektivität» bezogen . Also auf die «Subjektivität» ohne irgendeine
«kapitalistische» Qualifikation : Der Gegensatz besteht nicht mehr zwischen
«Arbeit und lebendiger Arbeit», sondern zwischen dem «Arbeitsmodell» und der «freien
Handlung ». Das Problem ist völlig verschoben , und erlaubt in der Tat, den
Gegensatz , der den Kapitalismus begründet, in Form der Alternative von
Arbeit und Macht, Arbeit und Aktivität neu zu denken. Der Kapitalismus
versucht, «das Arbeitsmodell jeder Tätigkeit aufzustülpen, jede mögliche
oder virtuelle Verrichtung in Arbeit zu übersetzen, jede freie Tätigkeit zu disziplinieren-
oder sie (was auf das Gleiche herausläuft) auf die Seite der
"Freizeit" abzuschieben , die nur im Verhältnis zur Arbeit existiert ."44
Die freie Handlung muss dem Arbeitsmodell in einer doppelten
Bewegung unterworfen sein : Einerseits erscheint die Arbeit nur als Korrelativ
der Konstitution einer Mehrarbeit, wonach die Theorie des Wertes nur
eine Theorie des Mehrwerts ist. Andererseits nimmt «die Arbeit eine verallgemeinerte
Operation der Einkerbung des Zeit-Raums vor, eine Unterwerfung
der freien Tätigkeit , eine Annullierung glatter Räume , die ihren
Ursprung und ihr Mittel in dem Hauptunternehmen des Staates hat, nämlich in seiner
Eroberung der Kriegsmaschine."45
Wir formulieren deshalb zwei von diesem Text inspirierte Arbeitshypothesen:
In erster Linie zeigt Tausend Plateaus, dass schon bei Marx der «Mehr -Wert»
nicht mehr in einer «Ausbeutung» der «Arbeit» lokalisierbar
ist. «Marx kann dadurch umso besser voraussagen , dass die Maschine selber
zum Erzeuger von Mehrwert wird und die Zirkulation des Kapitals die
Unterscheidung von variablem und konstantem Kapital in Frage stellt. Es ist
allerdings weiterhin und auch unter diesen neuen Bedingungen richtig , dass
jede Arbeit Mehrarbeit ist . Aber die Mehrarbeit wird nicht mehr durch
Arbeit geleistet."46
In zweiter Linie bringt Tausend Plateaus eine These vor , die vertieft werden
muss, um eine Kritik an der Informations- und Kommunikationsökonomie zu definieren :
Der Kapitalismus bestimmt die Bedingungen neu, unter denen sich die Ausbeutung der
"freien Handlung" vollzieht, ohne sie der Arbeit unterwerfen zu müssen. Wie in der
ursprünglichen Akkumulation muss der Kapitalismus die freie Handlung unterwerfen,
die Aktivität als solche. Der postmoderne Kapitalismus zeichnet einen Konsistenzplan
diesseits der Trennung Arbeit - Kapital und er bestimmt umgekehrt eine Kontinuität zwischen
«molekular» und «kosmisch», im Inneren dessen die Gliederungen
und die kapitalistischen Subjektivitäten anderen Kartographien und anderen
Kräften folgen .
«Am Ende der Einkerbung, die der Kapitalismus in beispielloser Weise
vervollkommnet hat , schafft und konstituiert das zirkulierende Kapital
zwangsläufig erneut eine Art von glattem Raum , in dem Schicksal der
Menschen wieder ins Spiel kommt .. . Die multinationalen Konzerne erzeugen
eine Art von deterritorialisiertem glatten Raum , in dem die Besetzungspunkte
und Austauschpole völlig unabhängig von den klassischen Wegen der Einkerbungen werden."47
Dieser neue glatte Raum , den der Kapitalismus rekonstituieren muss,
ist derjenige, der in der kybernetischen Anordnung Mensch-Maschine sichtbar
wurde . Raum einer Rekurrenz und einer Reversibilität zwischen den
natürlichen Bedingungen und den subjektiven Konditionen . Das ist die neue
«zeitliche» Ontologie .
Tausend Plateaus stellt schließlich seine Kategorien des «konstanten und
variablen Kapitals » und sogar des «fixen und zirkulierenden Kapitals », die
der Kritik der politischen Ökonomie entnommen wurden, zur Diskussion .
Tausend Plateaus zufolge können sich diese Konzepte niemals mit den Bedingungen
des zeitgenössischen Kapitalismus zusammenschließen. «Wesentlich
ist vielmehr die Unterscheidung einem eingekerbtem und einem glatten
Kapital, sowie die Art und Weise, in der das erste das zweite hervorbringt und
zwar quer zu den Komplexen, die über die Territorien und Staaten und sogar
über unter schiedlichen Staatstypen schweben.48
Auf die Gefahr hin, von den neuen Beziehungen der Macht überholt zu
werden, die sich auf und gegen die freie Handlung konstituieren, ist es notwendig,
sich mit dem Höchstmaß an Stärke der Verschiebung zu stellen , die
durch die kapitalistische Organisation der Gesellschaft entsteht und das
Wagnis auf sich zu nehmen , die ihnen entsprechenden Kategorien zu «erfinden».
«Diese Phänomene bestätigen den Unterschied zwischen der neuen
maschinischen Unterjochung und der klassischen Unterwerfung. Denn die
Unterwerfung war an der Arbeit orientiert und verwies auf eine bipolare
Organisation , Eigentum-Arbeit, Bourgeoisie -Proletariat . Während die
Arbeit bei der Unterjochung und der zentralen Vorherrschaft des konstanten
Kapitals sich in zwei Richtungen aufzuspalten scheint: eine intensive
Mehrarbeit, die nicht einmal mehr durch die Arbeit entsteht und eine extensive
Arbeit, die ungesichert und veränderlich geworden ist.»49
Es handelt sich um drei fundamentale Verschiebungen, die die Theorie
der «Produktion der Subjektivität » in Bezug auf die «formale Subsumtion »
anleitet, Verschiebungen, die ein vollkommen unbekanntes Terrain eröffnen :
1. Von der Arbeit zur freien Handlung . - 2. Vom Subjekt zur Produktion
der Subjektivität. - 3. Von der «Technik » zur «Maschine», Die drei Konzepte
«setzen sich reziprok voraus » und geben uns einen Einblick in die theoretische
Verschiebung , die wir in spezifischer Weise mit der Analyse der
Zeitkristallisationsma schinen angegangen sind.



1 G. Deleuze /F. Guattrari , Tausend Plateaus. S. 681
2 vgl. G. Deleuze/F. Guattari, Tausend Plateaus.S. 9
3 F. Guattari , Cartographies schizoanalytiques, S. 57
4 F. Guartari, La rèvotution moleculaire, S. 80
5 Idem S. 92
6 Idem S. 91
7 Idem S. 97
8 H. Bergson, Oeuvres S. 24
9 F. Guartari, La revolution moleculaire. S. 93. "Wie die sozialen Maschinen, operieren die technologischen
Maschinen der Information und der Kommunikation im Herzen der menschlichen
Subjektivität, nicht nur in Hinblick auf Erinnerungen, Intelligenz , sondern auch auf Sensibilität, ihre
Affekte und unbewusste Phantasmen.» Auch an anderer Stelle zeigt er die maschinische Dimension
der Produktion von Subjektivität: «Man findet hier. 1. die signifikanten semiologischen
Komponenten, die sich in der Familie, der Erziehung, der Umwelt , der Religion , dem Sport, der Kunst manifestie-
ren. 2. die von Medienindustrie, Kino etc. fabrizierten Elemente 3. die asignifikanten
semiologischen Dimensionen, die die Informationsmaschinen der Zeichen ins Spiel bringen, die
parallel oder unabhängig von der Tatsache funktionieren, dass sie Signifikationen und Denotationen
produzieren und weiterleiten und somit den eigentlich linguistischen Axiomen entkommen.» F. Guattari , Chaosmose, S. 15f.
10 G. Deleuze/F. Guattari , Tausend Plateaus,s. 633
11 A. d. O.Wir übersetzen im ganzen Text asservissement mit Nutzung und assujetissement mit Unterwerfung.
12 G. Deleuze/F. Guattari , TausendPlateaus, S. 634
13 Idem S. 68 1
14 F.Guattari, La révolution moleculaire, S.237
15 Idem S. 573
J6 «Der Betrachter ist nicht mehr als eine On-Off-Synapse eines Kommunikationssatelliten, der multiple
Netze empfängt und zurücksendet, die sich aus Millionen von Signalen zusammensetzen, die eintreten
und austreten, unfühlbare Pulse von Informationen .»N.J. Paik, Du Cheval a Christo et autres Ecrits,
S. 145
17 F. Guattari, Chaosmose, S. 32
18 Idem S. 33
19 Idem S. 32
20 Siehe auch andere «Theorien der Rezeption» wie die marxistische Tradition der Medienanalyse
(Stuart Hall), die schwache Semiotik» (Umberto Eco), die Philosophie der Wahrnehmung . (Jauss)
und alle Mediensoziologie . Die Unterschiede zwischen diesen Theorien sind weniger wichtig als ihre
Gemeinsamkeiten. Sie teilen die gleiche Ontologie: die Gewissheit der Unterscheidung zwischen
Mensch und Maschine, Subjekt und Objekt, den Worten und den Dingen, dem Fühlbaren und Verstehbarem.
Sie unterscheiden sich bezüglich des Verständnisses von «Denotation» und «Konnotation»,
der «Sprache» und der «Rezeption» etc, Aber bezweifeln nicht , ob man nicht auf der anderen Seite des
Spiegels angekommen sein könnte, ob der Plan, auf dem sich das Problem der Rezeption stellt, radikal
anders sei, irreduzibel auf Sprache und Kommunikation .
21 B. Cache, Vers und mode de production non-standard, unveröffentlichtes Manuskript
22 Idem
23 Idem
24 Idem
2S Die aktuelle Entwicklung der amerikanischen Ökonomie hat diese Interpretation von 1995 seither
weiterbestät igt.
26 Robert FogeI, 1&T Magazine
27 Idem
28 Die Entwicklung der Technomics und ihrer technologischen Bedingungen hat die japanische
Hegemonie in Hinblick auf technologische Innovationen zugunsten der USA beendet. Die 80er Jahre
erzeugten die lllusion einer Überlegenheit des «toyotistischen» Mo ells. In Wirklichkeit war das toyotistische
Modell eine bereits bekannte und beherrschbare Rationalisierung und Fortentwicklung des fordistischen
Modells. Das japanische Wunder basierte auf einer exquisiten Verfrinerung der industriellen
Produktion. Obschon die Innovationen des toyotisrischen Modells auf eine neue Produktionsweise
schließen ließen, ankerte sie doch in Wahrheit auf einer Welt der materiellen Produktion. Die durch die
erste Ölkrise ausgelösten Veränderungen und ihre Beschleunigung in den 80er Jahren gingen aber weit
mehr in Richtung einer immateriellen Produktion, verstanden als Produktion von Subjektivität. Japan .
das noch vor kurzer Zeit als Champion nahezu aller Kategorien des Sektors der materiellen Produktion
erschien, wurde durch den Umbruch einer materiellen Gesellschaft in eine immaterielle auf
Weltniveau brüsk nach hinten versetzt. G. Santucci, L'economie immaterielle , I&TMagazine, S. 47
29 Business Week, Juni 1994, S. 36. Im Unterschied zur Dienstleistungsökonomie sind die Gehälter in der
Informationsökonomie im Durchschnitt höher (und verschärfen damit die Gehaltsunterschiede) , ist
das Wachstum entscheidender, die Investitionen erheblich größer (Investitionen in Informationstechnolo
gie übertreffen die Investitionen in mechanische Ausrüstung) und die Produkte sind leichter
zu exportieren. Die Exporte an Ausrüstung und an Informationstechnologie überwiegen die Exporte
der aeronautischen Industrie bei weitem und die USA finden sich als weltgrößter Exporteur an
Software. Die Bedeutung der Informationsökonomie lässt sich nicht alleine mit ökonomischen
Maßstä en messen, denn sie bringt eine Art Ghost-Ökonomie mit sich, die über die politische Ökonomie
hinausgeht. DieRolle der Information ist dabei, die Natur der Ökonomie zu verwandeln nach Kenneth J.
Arrow. In diesem Bereich weisen die USA dem Rest der Welt den Weg.
30 Minitel entspricht dem Bildschirm text (BTX) der Deutsche n Bundespost, in Frankreich lange Zeit
weit verbreitet (A.d.Ü.)
31 Business Week, März 1994. s. 31
32 BusinessWeek, Dezember 1994. S. 26
33 Idem S. 28
34 BusinessWeek3, März 1995. S. 39
156 Ökonomie und affektive Kräfte
35 La Tribune des Fossees 12. April 1994
36 E. McCraken. Business Week, März 1994. S. 45
37 ldem S. 46
38 DerKapitalismus hat nicht nur mit den Produktionsformen gebrochen, sondern auch und parallel mit
den Anordnungen der Produktion von Subjektivität, die laut Guattari niemals davon getrennt werden
dürfen. Für ihn basieren die archaischen Repräsentationsformen im Wesentlichen auf der Sprache
und der direkten Kommunikation, da die neuen Anordnungen zunehmend Bezug auf die mediatisierten
Informationsflüsse nehmen . Sie sind Effekte der maschinischen Kanäle, die alle Teile der
einstigen individuellen und kollektiven subjektiven Territorien überschwemmen.
39 G. Ginder , Y-a-t-il une vie après la Télévision? Unveröffentlichtes Manuskript
40 G. Debord, La societé du spectale,S. 128
41 «Die ökonomische und soziale Bedeutung dieser postindustriellen Ökonomie; die in der Öffentlichkeit
unter "Cool Britannia", firmiert. (Design , Software, Mode, TV-Radio , Werbung , Musik, Film,
Computerspiele, Architektur) ist schwer genauer zu bestimmen , Statistik nützt hier wenig. Den durchgeführten
Schätzungen zufoge repräsentiert Cool Britannia jedoch zwischen 50 und 100 Milliarden
Pfund. das wäre zwischen 8% und 16% des Bruttosozialprodukts (PNB). Spiele und die musikalische
Produktion repräsentieren respektive 25%und 18%des Weltmarkts. Großbritannien liegt im Export
an Femsehdramen und Romanen weltweit auf dem ersten Platz, vor den USA. Zusammengenommen
sind Musikverlage und Modeschöpfer größre Arbeitgeber als die Stahl- und Automobilindustrie
zusammen. Hier wird mehr zur Handelsbilanz beigetragen als durch Öl, Nordseegas oder die
Landwirtschaft.• LeMonde. 5. März 1998
42 Internes Dokument der Telecom Italia, 1994
43 G . Deleuze/ F. Guattari , Tausend Plateaus. S. 548
44 ldem S. 679
45 Idem
46 Idem S. 681
47 Idem
48 Idem S. 682
49 Idem S. 650

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