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kom!sch. Die längste Diskettenkorrespondenz der Welt.



Autor: Volker Lettkemann, Antje Eske

Volker Lettkemann, Dipl. Vis. Komm.
geb. 1961, Kunst/Medienstudium an der HfbK Hamburg,
Mitbegründer von JETI,
tätig als Zeichner, Kulturpädagoge und Spielmobilist

http://www.QunstTiger.de
http://www.art-genossen.de




Liebe aNtje,

Ganz s c h ö n kom!sch, unserer hypertextlichen Disketten-Korrespondenz,
die wir von 1993 bis 2000 geführt haben, in einem so musealem Rahmen wieder zu begegnen.
Kunsthallen sind ja eher Hochburgen der verschnarchten Galerie-Ästhetik.
Das verehrte Publikum wird staunen, dass es als solches hier gar nicht gefragt ist.

Tja früher, da war das alles anders:
Früher war die Butter billiger.
Früher waren die Hyperlinke heiterer.
Früher, als die Hypertexte noch schwarz-weiß waren und die Daten auf Diskette von der BriefträgerIn gebracht wurden, war sowieso alles ...

Wie das nun wirklich war und ist, darüber könnten wir uns vor Ort in bewährter Hypertexform austauschen. Vielleicht mögen sich Besucher daran beteiligen ...

In einem Lied heißt es:
„Rühr’ nicht immer in dem Scheiß von früha
Sag’ lieber zu der Zukunft Hüa!!

Herzliche Grüße
VolKer
Uploaded Image: kom!sch.jpg
Uploaded Image: kom!sch2.jpg

Lieber voLkEr,

auch Kunsthallen sind nicht mehr das, was sie mal waren!
Ist das nun besser oder schlechter???

„... dass nix bleibt, dass nix bleibt wie es war“ ist wohl, was wir alle lernen müssen. Und das kann schmerzlich, kom!sch, befreiend, ... auch wieder alles mögliche sein.

Ich jedenfalls freue mich schon auf den bewährten und entbehrten kom!schen Austausch

Herzliche Grüße
Antje.

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Volker Lettkemann:
Dialogformen im Hypertext

Erfahrungen aus der Disketten-Korrespondenz seit Nov. 93 zwischen Antje Eske und Volker Lettkemann über das Komische



Unsere Korrespondenz wächst auf der Grundlage von Seminararbeit an der Hochschule für bildende Künste, Hamburg.
Wir arbeiten dort seit 1988 an der Entwicklung dialogisch ausgerichteter Hypertexte.

Konzept: Hypertext als Medium einer telematischen Konversationskunst
  • hier realisiert als Diskettenbriefwechsel

Aufeinander eingehend
haben wir uns auf Artikulationsweisen eingespielt, die zu einer Eigenheit dieser Korrespondenz geworden sind :



  1. Begrüßungsbildschirm als Eröffnungsschmankerl

  1. Direkte Anrede nach der Eröffnung, worauf im
weiteren Beitrag meist verzichtet wird.

  1. AnTasten
Direktes Bezugnehmen, aber Schirmbilder der/des Anderen
bleiben beim Anknüpfen unversehrt.

  1. Spinnen am Computer
Durch indirekte Bezugnahme den eigenen Faden spinnen.

  1. Neuanfang

  1. Begleitmedien:
• Beipackzettelchen zur Diskette
π Zwischendurch-Postkarten bei
längeren "Wartezeiten"


Ein Zurückkommen auf Artikulationsweisen traditioneller Briefformen.


;-( Korrespondenzimmanentes Problem ist für mich das Anwachsen des Korespondenz-Hypertextes durch das Korrespondieren selbst.

Der Anteil des "lebendigen", aktuell angeknüpften am Gesamtdokument verringert sich in der Regel mit jedem Austausch des Hypertextstapels.
Es kann so zu einer ballastartigen Übermacht des "toten", schon formulierten, Gewesenen kommen.

Dem Hypertext fehlt die segensreiche Fähigkeit
des Vergessen-Könnens.




Bezugnehmendes Formulieren: 'AnTasten'

Ich habe für eine korrespondierende Formulierungsweise in Hypertextnetzen das Wort "AnTasten" gewählt, weil mich die Mehrdeutigkeit reizt:

/// Antasten impliziert eine Handlung, die sich an einen anderen Menschen richtet, - eine Hinwendung.

  1. ° Antasten deutet die Spannbreite menschlicher Begegnungen an: Sie können sowohl entwürdigend und verletzend sein, als auch behutsam und zärtlich.

))) Tastendes Orientieren ist eine Suchbewegung, wenn man den Überblick verloren hat, konventionelle Deutungsmuster nicht mehr glaubwürdig sind.

:-) Nicht ohne Provokation ist es, Telematik (tele = fern) mit einem Sinn der Nähe (über vis-à-vis hinausgehend), dem Tastsinn, in Verbindung zu bringen.

%° In HyperCard kann die TASTE tatsächlich, - Haut an Haut gleich -, zur Berührungsfläche zweier Äußerungen werden (Kontakt Knöpfen).
"Durch sekundenschnelles Zusammenbringen zweier, bis dahin unabhängiger Zusammenhänge entsteht in der Berührung anderer Sinn." (Antje Eske)

•• Antasten intendiert auch respektlosen Umgang mit dem Vor-geschriebenen, dem Autoritären und ist damit tendenziell anarchoid - demokratisierend.





Die spinnende Betrachtungsweise des Antastens,
  • also das nicht in erster Linie direkte Bezugnehmen, ist ein Innovation von Antje, die mir hilft, eine meiner größten Schwierigkeiten beim Antworten anzugehen:

Manchmal kommt es vor, daß ich, nach dem ich
Dein Antasten bestaunt habe und mich wirklich angesprochen fühle, den Wunsch spüre, Dir - nun gaaanz besonders auf Dich eingehend - zu antworten.

Ach je, - was mach ich jetzt nur?
Der Anspruch wird zur Blockade: Ich fange an zu spekulieren, was Du mögen könntest, was ich tun müßte, um Dich besonders zu interessieren und verliere mich bei diesen Ein- und Abschätzungen immer mehr, bis ich überhaupt nicht mehr bin.

"Nur mit dem eigenen Fadenende in der Hand
ist ein korrespondierendes Formulieren
möglich. Es fehlte ja sonst jede gegenseitige
Bereicherung." (Antje)

Damit ende ich aber nicht bei dem, was Fritz Seitz als "Subjektion" beschrieben hat. "… Künstler dagen zeichnen aus eigenem Antrieb zunächst "für sich". Sie haben ihre eigene Sicht, eigene Beweggründe und eigene Fragen. Sie suchen sich über all das zunächst selber Klarheit zu verschaffen. Mann könnte sagen, daß sie zunächst sich selbst eine Antwort geben."
Den eigenen Faden in die Hand nehmen bedeutet für mich nicht das "Selbstaufwerfen und Selbst- beantworten einer Frage" (Seitz, in: Zeichnen und Schreiben, 1985), sondern ein, von mir ausgehendes Einlassen auf eigene und anderweite Antwortnot.

Auch hier könnte gelten:
"Wenn ich mich einem Menschen mit einem bestimmten Ziel nähere, kann ich ihn in seiner Eigenart nicht mehr wahrnehmen."
(Antje) - Sogar wenn das Nähern selbst das Ziel ist.

Ich erfahre,
um Austausch möglich zu machen, # muß ich zu mir selbst kommen,
  1. bei mir selbst sein,
  2. von mir selbst ausgehen
und nicht vom Bild, das ich von der/dem Anderen projezieren mag.






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