Moderner Okkultismus zwischen Glauben und Wissen
von Hartmut Zinser.

Geschichtliches: Vom Vernunftglauben zum Okkultglauben.

1848 war nicht nur das Jahr der bürgerlichen Revolution in Deutschland und das Erscheinungsjahr des Kommunistischen Manifestes mit dem von Marx beschworenen Gespenst des Kommunismus, sondern zugleich das Jahr, in welchem von den Geschwistern Fox in Hydesville im Staat New York merkwürdige Klopfgeräusche in ihrem Hause als Mifteilungen des Geistes eines Verstorbenen gedeutet wurden und diese okkulte Deutung von einem aufnahmebereiten Publikum bereitwillig angenommen wurde. Von dort nahm, wenn man den Berichten glauben darf, eine Welle der Begeisterung ihren Ausgangspunkt. Diese verbreitete sich auch rasch nach Europa und führte bald zur Gründung von spiritistischen Zirkeln, in denen - wiederum den Berichten zufolge - Erstaunliches geschah. Bei abgedunkeltem Licht ließen Medien genannte Personen Tische schweben oder schwebten selber im Zimmer, lasen Gedanken oder ließen Gedanken sich materialisieren, machten Geisterschriften erscheinen und befragten schließlich sogar Tote1. Bald wurden an verschiedenen Orten Gesellschaften gegründet, die diese von den Naturwissenschaften für unmöglich gehaltenen, von den Geistes- und Sozialwissenschaften seit der Aufklärung2 zu Gespinsten der menschlichen Phantasie erklärten Phänomene ,,seriös" untersuchen wollten, z.T. unter Beteiligung ausgewiesener Wissenschaftler3. Es war dies zugleich die Zeit, in der die Naturwissenschaften viele das Publikum in Erstaunen versetzende Entdeckungen4 machte, die kaum weniger unwahrscheinlich waren als jene von den Okkultisten und Spiritisten mitgeteilten Phänomene, vor allem aber vom allgemeinen Publikum ebensowenig nachprüfbar. Dieses war durch den raschen Fortschritt der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse mit ihren immer aufs neue überraschenden Erfolgen wie ebenso durch die Bedingungen, unter denen diese Erkenntnisse gemacht wurden, in die Position des Glaubenden versetzt, dem es praktisch nur in Ausnahmefällen bei einer entsprechenden fachlichen Vorbildung und einem Zugang zu entsprechenden Labors möglich ist, diese Erkenntnisse theoretisch nachzuvollziehen oder gar nachzuprüfen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt verwandelte sich der Vernunftglaube der Aufklärung in einen Wissenschaftsglauben, der uns heute durch die weitere Spezialisierung der einzelnen Wissenschaften und ihrer Methoden freilich in ungleich größerem Maße aufgenötigt ist.

Die Tatsache aber, daß die meisten Erkenntnisse vieler Wissenschaften ,,geglaubt" werden müssen und die ,,Spezialisten" sich vorbehalten, über richtig und falsch, möglich und unmöglich zu entscheiden, wird zum Vorbild eines intellektuellen Verhaltens, das auch von den Spezialisten und Medien des Okkultismus in Anspruch genommen wurde, die einem glaubensbereiten Publikum unter den von ihnen arrangierten Bedingungen erstaunliche ,,Experimente" vorführen konnten. Diese gehören allerdings heute zum alltäglichen Repertoire eines jeden Unterhaltungsmagiers. Die modernen Wissenschaften verlangen vom Laien eine ,,Glaubensbereitschaft"5. Ein an der gesellschaftlichen ,,Vernünftigkeit" irregewordenes Publikum ist allzuleicht bereit, diese Glaubensbereitschaft auf alles zu übertragen, was mit dem Anspruch des Wissens auftritt.

In diesem Glauben an ein ,,wissbares" Übernatürliches ließ sich dieses Publikum auch nicht erschüttern, als Magret Fox am 28.9.1888 die Tricks, mit denen sie und ihre Schwester das Publikum genasweist hatten, offen legte, wie ebensowenig durch die zahlreichen Überführungen und Selbstoffenbarungen von Medien, die wie Henry Slade zugaben, ,,daß alle seine angeblichen Manifestationen betrügerisch waren und sind, ausgeführt mittels Tricks"6. Im Gegenteil, man erhält den Eindruck, daß das Publikum reagiert wie der Parapsychologe Hans Bender. Dieser meinte aus der Überführung einer seiner Poltergeistmedien noch eine Bestätigung für seinen Okkultglauben ziehen zu können: Durch nichts sei bewiesen, daß auch die vor der Aufdeckung behaupteten Poltergeist-erscheinungen durch ganz natürliche Verfahrensweisen zustande gekommen seien. Vielmehr sei das Medium durch die Untersuchungen dermaßen unter Druck geraten, daß es nun unter Beobachtung die Phänomene natürlich habe hervorbringen müssen, die vorher durch Psy-Kräfte entstanden seien7.

Es ist vielleicht nicht überflüssig, darauf aufmerksam zu machen, daß selbstverständlich der Glaube an eine wissenschaftliche Erkenntnis prinzipiell von dem in einer Religion geforderten Glauben an eine Offenbarung zu unterscheiden ist. Der Glaube an einen wissenschaftlichen Lehrsatz oder eine Erkenntnis ist immer nur ein bedingter, die früheren Erkenntnisse mögen durch weitere wissenschaftliche Arbeit korrigiert, sogar revidiert werden. Nur durch die prinzipielle Revidierbarkeit und Überprüfbarkeit von allem und durch alle ist der Anspruch der Wissenschaft auf Verbindlichkeit begründet. Wenn diese prinzipielle Revidierbarkeit aufgegeben wird, wird die Wissenschaftlichkeit aufgehoben.

Für den religiösen Glauben hingegen ist die Offenbarung absolut. Wenn man den Glauben an die eine Religion konstituierende Offenbarung aufgibt, verläßt man die soziale Gemeinschaft, die durch diesen Glauben konstituiert wird, und ebenso diese Religion.

Glaubenssätze sind deshalb nur für ihre Anhänger, nicht für andere verbindlich. Die modernen Wissenschaften versetzen aber den Laien in die Lage dessen, der eine Erkenntnis oder einen wissenschaftlichen Lehrsatz für wahr halten muß - kaum ein Wissenschaftler wird einem fachlich unqualifizierten Laien im Ernst gestatten, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu bezweifeln. Für das Laienpublikum - was die meisten Wissenschaften betrifft, gehören wir alle dazu - verwischen sich leicht diese Unterschiede in der Qualität des Glaubens. Auch wird diese Verwischung zumindest von einigen Spezialisten des Okkultismus oder - wie es seit Max Dessoir auch heißt - der Parapsychologie und schließlich im New Age gefördert, so daß man heute nicht nur unter Studenten die Meinung verbreitet findet, daß zwischen Wissen und Glaube kein wirklicher Unterschied bestehe.

Durch die sozialen Prozesse, in denen die modernen Wissenschaften Geltung erlangen, bringen die Wissenschaften, vor allem die Naturwissenschaften8 selber die Glaubensbereitschaft hervor, die für den modernen Okkultismus konstitutiv ist. Der moderne Okkultismus ist deshalb als ein Produkt dieser Wissenschaften anzusehen, nicht als ein Rekurs auf religiöse und vorwissenschaftliche Vorstellungen und Praktiken, so sehr in ihm solche Verwendung finden. Dies wird auch durch die Art, wie seine Vorstellungen und Praktiken angeeignet werden, bestätigt. Die wichtigste Informationsquelle der Okkultanhänger sind Bücher und Zeitschriften;9 andere Personen, wie zum Beispiel Erwachsene für Jugendliche, spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die okkulten Kenntnisse beruhen nicht auf einer direkten Tradition, sondern werden vornehmlich durch Lektüre, also einen Bildungsvorgang, angeeignet.

Ich habe den Okkultismus deshalb einmal als ,,Bildungsaberglaube" bezeichnet10.

Die Ursachen für diese Glaubensbereitschaft sind vielfältig, sogar in sich widersprüchlich; nicht zuletzt ist sie darin begründet, daß in den auf das ,,wirksame Verfahren" sich beschränkenden Wissenschaften der Mensch mit seinen Bedürfnissen, Hoffnungen und Ängsten nicht mehr vorkommt. Verwirrt in seinem religiösen Glauben und ohne die dadurch verursachten Spannungen aushalten zu können, verlangt das Publikum ein Wissen, z.B. was nach dem Tode sei, das die Wissenschaften nicht beantworten können. Es glaubt bereitwillig, was als ,,höheres Wissen auftritt", welches diese ,,von der offiziellen Wissenschaft noch nicht allgemein anerkannten Erscheinungen des Natur- und Seelenlebens" ,,allseitig" erforschen will, wie K. Kiesewetter bereits 1909 schrieb.11 Nicht erst Hans Driesch meinte, durch die Untersuchung der ,,okkulten Phänomene" die ,,Frage des Überlebens der Person" einer Beantwortung zugänglich machen zu können; und diese Frage bleibe nun ,,einmal das Hauptproblem aller Wissenschaften, mögen auch unsere offiziellen Philosophen und Psychologen fast alle einen weiten Bogen um sie machen und tun, als ob sie sie überhaupt nicht sehen; und mögen auch gewisse formalistische Philosophengruppen nur im Rahmen des Mathematischen ,,sinnvolle" Fragen überhaupt zulassen".12 Im Unterschied zu den meisten Wissenschaften wendet sich der Okkultismus an den Menschen mit seinen Fragen, seinen Ängsten und Wünschen und hat in individuellen und sozialene Krisensituationen eine periodisch zunehmende Faszinationskraft, wie sie in den zwanziger Jahren, während des Zweiten Weltkrieges und in den letzten Jahren beobachtet werden konnte. Der moderne Okkultismus suggeriert eine Synthesis allen Wissens, Handelns und Glaubens in einem ganzheitlichen Weltbild, in dem auch jeder einzelne sich mit seinen Problemen als psychisches und physisches Wesen aufgehoben wähnen kann und auch noch die kleineren und größeren, aber nie ausbleibenden Katastrophen des Lebens durch kosmologische Spekulationen einen Sinn erhalten sollen. Daß dieses Weltbild von niemandem tatsächlich expliziert ist und nach der Auffassung mancher Esoteriker auch gar nicht öffentlich dargestellt werden kann und darf, sondern eben okkult, verborgen bleiben muß, tut seiner Wirkung keinen Abbruch. Der Glaube an dieses Weltbild lebt von der Kraft der Wünsche und Ängste der Menschen und die Vision eines solchen ganzheitlichen Weltbildes genügt deshalb vielen, um sich von seiner Existenz überzeugt zu fühlen.

Tatsächlich stellen die verschiedensten okkulten Auffassungen und Praktiken ein synkretistisches Konglomerat aus wissenschaftlichen Lehren, Versatzstücken aus nahezu allen Religionen und anderen Traditionen der menschlichen Gattungsgeschichte dar, vor allem der heterodoxen und häretischen Strömungen, die von den Religionen zurückgedrängt und, wo möglich, verborgen, okkult gemacht wurden.

Der moderne Okkultismus ist beileibe nicht nur ein Phänomen, dem, wie es die Presse, aber auch manche wissenschaftliche Veröffentlichungen glauben machen wollen, Jugendliche und Schüler zwischen Spaß und Ernst nachhängen, vielmehr üben in bestimmten sozialen Schichten, wie ich durch meine Untersuchungen nachweisen konnte, Erwachsene häufiger und vor allem ernsthafter okkulte Praktiken aus und hängen okkulten Vorstellungen in größerer Zahl an als Jugendliche.13 Davon zeugen auch die zahlreichen okkulten und esoterischen Buchhandlungen in fast allen Großstädten der Bundesrepublik wie ebenso die regelmäßig stattfindenden ,,esoterischen Messen" von Hamburg über Berlin, Düsseldorf, Wiesbaden, Stuttgart bis München, die mit ihren Angeboten und Preisen für Schüler normalerweise unerreichbar sind. Der moderne Okkultismus ist keine spezifische Erscheinung der Jugendkultur; dies wäre eine Verschiebung des gesellschaftlichen Problems. Nicht nur in München legen Professoren bei unangenehmen Sitzungen mit Kollegen Edelsteine vor sich auf den Tisch, um deren negativen Einfluß abzuwenden,14 nicht nur in Berlin pendeln Psychiater und andere Doktores der Medizin über einem Medikament und der Hand des Patienten, um die geeignete Behandlungsform zu erkunden, sondern auch ein ,,ehemaliger Außenminister zeigt im Fernsehen stolz die Halbedelsteine, die er immer in der Hosentasche trug - bei den wichtigen Ereignissen, die er zu gestalten hatte". Und Th. Gandow weiß weiter zu berichten: ,,Immerhin ein Lehrer (!) und zeitweiliger Bundeswirtschaftsminister betont bei seiner diesbezüglichen Abtrittspressekonferenz, er halte es selbstverständlich für richtig, daß sich ein Bundesminister für angebliche Wunderheiler einzusetzen habe."15 Okkultismus ist kein Jugendphänomen, so sehr jugendlicher Protest und Widerspruchsgeist darin eine Rolle spielen mag, sondern eine Erscheinung unserer Kultur.

 2. Zur aktuellen Verbreitung des Okkultismus .

Während über die Verbreitung von okkulten Praktiken und Vorstellungen unter Jugendlichen mittlerweile einige empirische Untersuchungen vorliegen,16 gibt es bisher nur wenige Erhebungen über das Verhalten unter Erwachsenen. Die Ergebnisse in den Statistiken zeigen, daß für ein Viertel der befragten Jugendlichen okkulte Praktiken zwischen Spiel und Ernst zum Alltag gehören. Etwa drei Viertel meinen über diese Praktiken informiert zu sein, etwa die Hälfte wünscht weitere Informationen. Vergleichbare Untersuchungen in den alten Ländern der Bundesrepublik bestätigen dieses in Westberlin festgestellte Bild, während die Beteiligung im Ostteil der Stadt deutlich darunter lag. Von den befragten Erwachsenen des Zweiten Bildungsweges und in anderen Ausbildungsinstitutionen haben etwa die Hälfte bereits einmal die eine oder andere Praktik ausprobiert und ein Viertel benutzt sie noch jetzt. Allerdings wird man mit einer Verallgemeinerung vorsichtig sein müssen, da in diesen Untersuchungen nur Erwachsene, die sich erneut in eine Ausbildungssituation begeben haben, befragt werden konnten.

Doch darf man diesen sozialen Gruppen eine indikative Bedeutung zusprechen.

Kartenlegen, besonders mit Tarot-Karten, ist von allen okkulten Praktiken die verbreitetste (zwischen 15-37 Prozent), Gläserrücken wird vornehmlich von Jugendlichen ausgeübt. An Schwarzen Messen beteiligen sich im Westen 2 bis 2,4 Prozent, Erwachsene seltener noch als Jugendliche. Die erschreckenden Berichte der Presse über Schwarze Messen gründen wohl doch auf einzelnen Vorkommnissen, durch deren perversen Reiz von Sex und Gewalt die Medien ihre Auflagenzahlen zu erhöhen suchen. Auch wird unter Schwarzen Messen recht Verschiedenes verstanden. Für Jugendliche zumal wird man auch zu berücksichtigen haben, daß eine nächtliche Veranstaltung z.B. auf einem Friedhof eine pubertäre Mutprobe darstellt, die auf das Bedürfnis der Jugendlichen nach Angsterlebnissen und Initiation verweist, wie sie auch z.B. im S-Bahn-Surfen und im Bunjee- Jumping gesucht werden. Jugendliche und Erwachsene scheinen sich überwiegend doch von solchen extremen Praktiken ferrizuhalten.

Nicht in solchen exzentrischen Veranstaltungen darf das Problem gesehen werden - Exzentriker hat es in allen Gesellschaften und allen Kulturen gegeben -, sondern in der Erosion des modernen Weltbildes mit seinen Prinzipien der Selbstgestaltung und Selbstverantwortung des Lebens.

Von allen von mir befragten Erwachsenen und Jugendlichen wurde ,,Neugier" als wichtigster Grund angegeben, an zweiter Stelle wurde ,,Interesse am Außergewöhnlichen" aufgeführt und danach ,,Unterhaltung". Dies verweist darauf, daß die Neugier, die eigentlich in der Wissenschaft befriedigt werden sollte, das Interesse am Außergewöhnlichen, welches traditionell eine Domäne der Religion ist, und schließlich die ,,Unterhaltung", die unsere Medien gewähren sollten, vielen nicht erreichbar oder schal geworden ist, jedenfalls nicht die Befriedigungen bietet, die erwartet werden.

Daß viele Menschen diese nun in okkulten Praktiken und Vorstellungen suchen, kann als Enttäuschung an unserer Wissenschaft, an den tradierten Religionen und an unserer Kulturindustrie verstanden werden.

,,Orientierungs- und Entscheidungshilfe" wird nur von relativ wenigen als Grund für ihre Beteiligung an okkulten Praktiken angegeben. Wenn man allerdings die Gruppe der eine okkulte Praktik aktiv Ausübenden (etwa 25 Prozent aller Untersuchten) herausgreift, so wird dieser Grund von bis zu 36 Prozent der Befragten angeführt, vor allem von Erwachsenen, während kaum die Hälfte der Jugendlichen diesen Grund angibt. Dies scheint darauf zu verweisen, daß viele Menschen auf die in ihrem Leben notwendigen und von ihnen geforderten Entscheidungen nicht genügend vorbereitet sind, sie die Spannung der Verantwortung nicht aushalten können, aber auch, daß unsere Lebensverhältnisse nicht so ,,vernünftig" erkennbar und verstehbar sind, wie es unserem Selbstbild entsprechen müßte. Viele Menschen suchen im Okkultismus, wie andere bei autoritativen neuen Religionen, Entlastung von der Verantwortung. Dieser Eindruck hat sich bei den zahlreichen qualitativen Gesprächen während der Untersuchungen bestätigt.

Frauen und Mädchen sind am Okkultismus mehr interessiert und üben zwei bis vier Mal so häufig okkulte Praktiken aus wie Männer und Jungen. Die Religionszugehörigkeit spielt für die Beteiligung an okkulten Praktiken keine differenzierende Rolle. Katholische und evangelische Erwachsene und Jugendliche verhalten sich wie ihre konfessionslosen Altersgenossen. Ebenso konnten in der Schichtenzugehörigkeit, die in den Untersuchungen nur indirekt am Schultyp erfragt werden konnte, keine bedeutsamen Unterschiede des Verhaltens festgestellt werden. Da es aus früheren Jahren keine vergleichbaren Untersuchungen gibt oder bekannt geworden sind, ist die Frage, ob wir in den letzten zehn Jahren wirklich eine Steigerung der Beteiligung an okkulten Praktiken zu verzeichnen haben, kaum zu beantworten. Allerdings sprechen einige indirekte Indizien für eine Zunahme (Verkauf von okkulter und esoterischer Literatur, quantitative Ausdehnung von Angeboten okkulter Workshops, Eröffnung von entsprechenden Buchhandlungen und anderen Läden für die Ausstattung mit den okkulten Utensilien).17 Die Verbreitung des modernen Okkultismus ist ohne Zweifel auch auf die durch die modernen Entwicklungen von Gesellschaft und Religion (Säkularisierung) hervorgebrachten Veränderungen zurückzuführen.

Diese haben die Religionen, von der Notwendigkeit, gesellschaftliche Verbindlichkeit herzustellen, befreit und sie wie alles andere auf einen Markt des Religiösen geworfen. Religion findet heute wesentlich nach Abschluß des Arbeitstages in der Freizeit statt, sie ist aus einer kollektive Verbindlichkeit stiftenden Institution zu einer Freizeitangelegenheit geworden. Auf diesem Markt müssen die Kirchen nun mit anderen Anbietern der Freizeitkultur: Autorennen, Fußball, Wochenendworkshops usw., und eben auch mit den Anbietern der Esoterik, des Okkultismus und der neuen Religionen konkurrieren. Für viele Menschen gehört nun auch die Religion zu den ,,konsumierbaren" Gegenständen und Ereignissen, deren Angebote wechselnd je nach Kaufkraft in Anspruch genommen werden.18.

3. Wahrnehmung und Deutung. Zur Abgrenzung von Religion, Magie, Wissenschaft und Okkultismus .

Was der moderne Okkultismus ist, ist weniger umstritten, als Vertreter des Okkultismus, der Parapsychologie und neuerdings des New Age glauben machen wollen. Vor allem sind die New Age, im Okkultismus und in der Parapsychologie verwischten Grenzen zwischen Wissen und Glauben und herkömmlich als Magie und Aberglauben bezeichneten Praktiken und Vorstellungen doch klarer, als es die ,,Dunkelmänner der Psychic Research" (Adorno 19) insinuieren.

Natürlich kann man die von den jeweils herrschenden religiösen Institutionen kritisierten, bekämpften und unterdrückten Strömungen und Erscheinungen der menschlichen Gattungsgeschichte okkult nennen. Allein diese Verwendung des Begriffs, wie er etwa von M. Eliade in seiner ,,Geschichte der religiösen Ideen" gebraucht wird, kann als Kriterium für Okkultismus nur die Ausgrenzung von Vorstellungen und Handlungen durch die jeweils autoritative Religion angeben. Die Ausgrenzung wird dabei zum einzigen Gemeinsamen des Okkulten, unter das dann jeweils, dem eigenen Anspruch nach, völlig Verschiedenes subsumiert wird. Je nach den Maßstäben einer Zeit würden in der Geschichte dann darunter philosophische Texte, naturwissenschaftliche Abhandlungen oder vorchristliche religiöse Vorstellungen und Kulte fallen, also alles das, was eine Kirche die Macht hatte, auszugrenzen und okkult zu machen - Der moderne Okkultismus, von dem hier nur die Rede ist, hat deutlich andere Merkmale.

Dies erhellt sich allein schon daraus, daß heute keine gesellschaftliche Instanz, keine Kirche das Recht und die Macht hat, okkult oder esoterisch genannte Schriften, Veranstaltungen und Praktiken zu unterdrücken oder zu verbergen.20 Vielmehr hat jeder die Freiheit, die nunmehr in den meisten Buchhandlungen in großem Umfang angebotenen Schriften zu erwerben, an einem der zahlreich offerierten okkulten Workshops teilzunehmen oder sich daheim die Karten zu legen und das Pendel zu befragen. Diese Freiheit gilt es zu verteidigen, gerade auch für Anhänger von Vorstellungen und Praktiken, die ich einer scharfen Kritik unterziehe.

Aufgabe einer solchen Okkultismus-Kritik muß eine Aufklärung nicht nur seiner falschen Vorstellungen und Deutungen sein, sondern auch der in ihm sich Ausdruck verschaffenden Wünsche, Ängste und Hoffnungen der Menschen, die in unserer industriell-bürokratischen Lebenswelt oftmals offensichtlich keine zureichende Befriedigung erhalten. Eine Aufklärung kann nur gelingen, wenn sie sich mit den im Okkultismus mehr oder weniger verdeckt verhandelten Wünschen und Hoffnungen verbündet.

Für den modernen Okkultismus gilt, daß das, was unter diesem Begriff zusammengefaßt wird, nicht mehr durch eine Kirche oder andere gesellschaftliche Instanzen verborgen, okkult gemacht wird, sondern daß diese Vorstellungen und Praktiken nunmehr von ihren Anhängern selber als okkult oder esoterisch bezeichnet werden.

Aus einer Fremdbestimmung ist eine Selbstbestimmung geworden und es ist sehr die Frage, was die Spezialisten des modernen Okkultismus eigentlich verbergen können (außer ihrer eigenen Unwissenheit, die sie als nur den Eingeweihten zugänglich verbergen).

Auf jeden Fall aber scheinen diese Spezialisten sich beteiligt zu wähnen an der Macht, etwas verbergen zu können, und so ist zu vermuten, daß sich die Faszination am Okkultismus auch aus unverarbeiteten Größen- und Allmachtsphantasien speist.

Auch mit diesen gilt es sich zu verbünden - freilich müssen wir sie uns mit Humor bewahren, ohne uns von ihnen beherrschen zu lassen.

Der Theologe Hans-Jürgen Ruppert21 definiert: ,,Der Begriff Okkultismus -. - faßt weltanschauliche Richtungen und Praktiken zusammen, die beanspruchen, das Wissen und den Umgang mit den unsichtbaren, geheimnisvollen Seiten der Natur und des menschlichen Geistes besonders zu pflegen.

Er bezieht sich einerseits auf bestimmte okkulte Praktiken wie Magie, Pendeln, Wahrsagen oder die Vielzahl spiritistischer Praktiken der Geister- und Totenbefragung mit Hilfe des wandernden Gläschens, klopfender Tische oder anderer Indikatoren.

Andererseits ist aber auch das sogenannte Geheimwissen gemeint, wie es von okkulten Weltanschauungsgemeinschaften - - - in sogenannten Geheimwissenschaften systematisiert wird, die den Horizont der herkömmlichen Natur- und Menschenerkenntnis in okkulte Bereiche hinein erweitern. Da diese Bereiche in ihrer Realität umstritten und nicht allgemein einsehbar sind, ist der Okkultismus seit jeher ein Tummelplatz von Täuschung und Verführung". Der Parapsychologe Johannes Mischo22 schreibt dagegen unter Verwendung einer Begriffsbestimmung von Karl Kiesewetter: ,,Unter Okkultismus wird hier die praktische und theoretische Beschäftigung mit den geheimen, verborgenen, von der Wissenschaft noch nicht allgemein anerkannten Erscheinungen des Natur- und Seelenlebens verstanden, die die gewohnten Gesetzmäßigkeiten zu durchbrechen scheinen und vielfach als ,,übernatürlich" angesehen werden." Die Bestimmungen des Okkultismus von Kiesewetter, Mischo und anderen gehen explizit oder implizit davon aus, daß den von den Okkultisten behaupteten oder angenommenen Erscheinungen des Naturund Seelenlebens eine äußere, von den wahrnehmenden und deutenden Menschen unabhängige Realität zukommt. Diese Erscheinungen werden nur als von der Wissenschaft noch nicht erkannte oder in ihr noch nicht allgemein anerkannte betrachtet.

Nun wird man hier deutlich unterscheiden müssen. Denn selbstverständlich gibt es viele Phänomene, die von der Wissenschaft noch nicht erkannt oder verstanden sind, die in das Gefüge des wissenschaftlichen Weltbildes nicht integriert sind. Auch gibt es vergangene Ereignisse und Erscheinungen, die den Wissenschaften wahrscheinlich immer unzugänglich bleiben werden; z.B. sind Aussagen über die zukünftigen Entwicklungen immer nur von begrenztem Wert, und ob es jemals gelingen wird, z.B. die Sprache des Chro-Magrion- Menschen zu rekonstruieren, bleibt mehr als zweifelhaft. Für die Sozial- und Naturwissenschaften gilt weitgehend, daß sie nur Aussagen machen können über Ereignisse und Vorgänge, die Gegenstand kontrollierbarer Erfahrung und theoretischer Durchdringung sind.23 Alles auf Jenseitiges Bezogene, sei es wie in der Religion auf Gott oder wie im Okkultismus z.B. auf Geister, die durch ihre Definition als unsichtbare Wesen direkter Erfahrung mit den von den Wissenschaften entwickelten Methoden nicht zugänglich sein sollen, wird aus systematischen und methodischen Gründen als nicht der Erkenntnis, nicht dem Wissen zugänglich abgewiesen. Der Gerichtsmediziner O. Prokop kann deshalb als Definition des Okkultismus schreiben: ,,Bedeutung im wissenschaftlichen Sinn: okkult = verborgen, geheim. Dinge, die sich einer wissenschaftlichen Beurteilung entziehen, die für wissenschaftliche Methodik verborgen (= okkult) sind."24 Als Erklärungen werden in den Sozialwissenschaften nur Soziales und Geschichtliches, in den Naturwissenschaften nur Natürliches usw. anerkannt. Dabei ist durchaus einzuräumen, daß in den Wissenschaften Theorie- und Vorstellungselemente enthalten waren und sind, die aus der animistischen, mythologischen oder religiösen Vorstellungswelt25 der menschlichen Gattungsgeschichte stammen. Auch bleibt festzuhalten, daß den Wissenschaften viele Erscheinungen und Prozesse noch unbekannt und unverständlich sind.

Aber diese Tatsache bedeutet dennoch nicht, daß diese Vorgänge und Ereignisse deswegen okkult sind. Die Unkenntnis bleibt ein Nichtwissen und kein Recht besteht, aus der Unwissenheit Aussagen über die Eigenschaften des Unbekannten herzuleiten.

Okkult werden die unerkannten Erscheinungen erst in einer bestimmten Deutung, indem dem Unbekannten Eigenschaften, wie z.B. die Wirkung von Geistern zu sein, zugeschrieben werden. Dies ist am leichtesten bei den mechanischen Vorgängen erkennbar, die der Okkultismus heranzieht, um Mitteilungen der Geister, Verstorbenen, der Extraterrestrischen oder eines ,,Plan- und katalog-tragenden Weltsubjekts"26 zu erhalten. Ein an einem Stativ aufgehängtes Pendel z.B. bewegt sich nur nach den physikalischen Gesetzen und kommt nach Abgleichung der Energie zur Ruhe. Ein über einen Finger gelegtes Pendel erhält durch den das Pendel haltenden Menschen ständig neue Energie und dadurch Bewegung. Diese Bewegungen sind bewußt oder unbewußt gesteuert (Carpenter-Effekt).

Die Bewegung des Pendels kann unter Laborbedingungen genau beobachtet werden, und es reagiert, wie die als physikalische Gesetze bezeichneten Regeln angeben. Keine Geister etc. sind für eine Erklärung der verschiedenen Ausschläge erforderlich. Es zeigt sich also, daß nicht der Vorgang des Pendelns okkult ist, sondern die Deutung dieses Vorgangs in einem bestimmten Weltbild. Okkultismus ist deshalb keine Sache an und für sich, okkult keine Eigenschaft, die den Dingen und Vorgängen selber zukommt, sondern ein bestimmtes Weltbild, das mit den Grundsätzen der modernen Wissenschaft nicht vereinbar ist.

Der Grundfehler des Okkultismus ist, daß er nicht, auf jeden Fall nicht zureichend, zwischen Wahrnehmung und Deutung unterscheidet. Dies kann man an allen okkulten Praktiken zeigen, sofern sie unter wissenschaftlichen Bedingungen beobachtet werden können. Der Okkultist geht mit einem vorher bestehenden Wahrnehmungsmuster an die Erscheinungen heran und sieht dann das, was er sehen will bzw. was durch das Wahrnehmungsmuster zu sehen vorgegeben ist.

Nun werden bei wissenschaftlichen Untersuchungen vorher Hypothesen und erkenntnisleitende Fragen gebildet, und zumindest insoweit gehen auch in wissenschaftliche Vorstellungen auf früheren Erfahrungen basierende Begriffe, Vorannahmen und von bewußten oder unbewußten Wünschen und Ängsten getragene Projektionen ein. Aber die Wissenschaft ist bemüht, diese Vorannahmen und Wahrnehmungsmuster aufzuspüren. Sofern sich Wissenschaft auf Soziales, Geschichtliches und Psychisches bezieht, also den Menschen selber zum Gegenstand der Erkenntnis macht, ist sie von derartigen Wahrnehmungsund Urteilsverzerrungen besonders betroffen, denn soziale Realität konstituiert sich wesentlich auch durch die gesellschaftlichen Vorstellungen. Aber die Wissenschaft hat z.B. in der methodischen Selbstkritik, besonders in der systematischen Frage nach den Erscheinungen und Überlegungen, die der eigenen Position widersprechen, ein Verfahren entwickelt, mit dem sie solchen von Wünschen und Ängsten hervorgerufenen Projektionsbildungen beikommen kann. Es sei nicht bestritten, daß dies schwierig ist. Da Wissenschaft auch von sozialen Interessen dirigiert, jedenfalls nicht unabhängig ist von denen, die sie betreiben oder in deren Interessen sie betrieben wird, haben diese Schwierigkeiten auch gerade in den Sozialwissenschaften zu vielen die Wahrnehmung leitenden kritisierbaren Theoriebildungen geführt. Das Eingeständnis der Unzulänglichkeit des Wissens, der Unwissenheit in vielen Dingen, muß wohl zu einer Bescheidenheit des Anspruchs der Wissenschaft führen, kann aber keine Rechtfertigung sein, falsche Anschauungen und Theorien als ,,höheres Wissen" auszugeben und anzuerkennen. Vielmehr wird nach den Wünschen, Ängsten und Projektionsbildungen gefragt werden müssen, die Menschen veranlassen, eine okkulte Deutung von meist bekannten Vorgängen anzunehmen.

Eine Realität haben die Vorstellungen des modernen Okkultismus eben in den Gedanken der Menschen, die von ihnen überzeugt sind.

Der moderne Okkultismus behauptet in der Regel, Wissen zu sein, und unterscheidet sich dadurch von herkömmlich ,,abergläubisch" oder ,,magisch" genannten Vorstellungen und Handlungen z.B. vorindustrieller Kulturen, von denen nicht beansprucht wird, Wissen im wissenschaftlichen Sinne zu sein, sondern eben Glaube ,,Aberglaube" und ,,Magie" sind Glaubensgebilde, die nach den Lehren der Kirche ein falscher Glaube seien und deshalb ,,Aber-Glaube" genannt werden. Der moderne Okkultismus behauptet zugleich nicht nur, daß es ein Jenseitiges zu unserer erfahrbaren Welt gebe - das machen die meisten Religionen auch -, sondern auch, daß er durch geeignete Methoden dieses erkennen und sich verfügbar machen könne. Dadurch unterscheidet er sich von den christlichen und den monotheistischen Religionen, in denen ein absolut Jenseitiges eben geglaubt wird, das durch keine Mittel verfügbar gemacht werden kann. Der Okkultismus macht aus diesem religiösen Jenseitigen und Verborgenen ein durch technische Verfahren zugängliches ,,Zeitliches, Diesseitiges, Endliches"27.

Der Okkultist verwandelt das absolut Jenseitige der christlichen und monotheistischen Religionen in ein Empirisches; er respektiert die Würde des Glaubens nicht und überschreitet zugleich die Möglichkeiten und Grenzen der Wissenschaften.

Der Okkultismus versucht meist mit technischen Mitteln eines Jenseitigen, Transzendenten, des Geistigen habhaft zu werden, welches in der industriellbürokratischen Lebenswelt verloren zu gehen scheint. Damit macht er den Geist zu einer Sache und stellt, wie der Philosoph Th. W.

Adorno schrieb, ,,das Komplement zur Verdinglichung" dar.28 Er Verdinglicht den Geist, indem er die Geister aus dem Pendeln, dem Tonband, den Karten, kurz aus technischen und mechanischen Vorgängen sprechen läßt, und wiederholt darin die Alltagserfahrungen der Menschen, die in ihrer Arbeit, in der Bürokratie, in den Wissenschaften, bisweilen sogar in ihren persönlichen Beziehungen zu anderen Menschen zu oft sich als Sache und nicht als lebende Wesen erleben und so behandelt werden. Das Bedürfnis der Menschen, den Alltag, das, worin sie zur Sache werden, zu überschreiten, ist ernst zu nehmen und gegen die Verdinglichungen des Geistes, wie ihn der Okkultismus anbietet, zu verteidigen.

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Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft (=ZMR), Münster (78. Jg., Heft 4, 1994) .

1 Zum einzelnen vgl. z.B. die Berichte von F. MOSER. Der Okkultismus. Tatsachen und Täuschungen, Bd. 1 und 2, Zürich 1935.

2 Vgl. I.. Kant, Träume eines Geistersehers, erläutert durch die Träume der Metaphysik, 1766.

3 Vgl. z. B. die Gründung der ,,Society for Psychical Research" 1882 in London.

4 Man denke etwa an die von Hertz 1887/88 entdeckten elektromagnetischen Wellen, die - für den Menschen ohne Hilfsmittel unsichtbar - Fernwirkungen hervorbringen, durch Metallschichten dringen, kurz: den von der klassischen Mechanik aufgestellten Regeln widersprechen; diese Entdeckung eröffnete eine, wenn man so will, andere Wirklichkeit", deren Folgen zuletzt in der Computertechnologie die Welt verändert haben. Ebenso sei an die Entdeckung der Röntgenstrahlen und der radioaktiven Strahlen erinnert, um nur drei Beispiele genannt zu haben.

5 Vgl. W. GUBISCH, Hellseher, Scharlatane, Demagogen? München-Basel 1961.

6 Vgl. H.-G. STUMPF, Entgeistert, München 1991, 40. Vgl. auch O. PROKOP / W. WIMMER, Der moderne Okkultismus, Stuttgart 1987; H. BENDER (Hg.), Macht und Ohnmacht des Aberglaubens, Pähl 1993.

7 Vgl. H. BENDER, ,,Der Rosenheim-Spuk", in:Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 1 (1968) 104-112; DERS.

,,,Moderne Spukforschung - Ein Plädoyer für eine vorurteilsfreie Forschung", in: J. BELOFF Hg.) Neue Wege der Parapsychologie, Freiburg 1980 .

8 Vgl. TH. W. ADORNO / M. HORKHEIMER, Dialektik der Aufklärung (1947), Frankfurt. 1981, 2: ,,In der Meinung, ohne strikte Beschränkung auf Tatsachenfeststellung und Wahrscheinlichkeitsrechnung, bliebe der erkennende Geist allzu empfänglich für Scharlatanerie und Aberglaube, präpariert es den verdorrenden Boden für die gierige Aufnahme von Scharlatanerie und Aberglaube".

9 Vgl. H. ZINSER, Jugendokkultismus in Ost und West, München 1993, Tabellen auf S. 62, 64, 66, 95, 96.

10 Vgl. H. ZINSER, ,,Wissenschaftsverständnis und Bildungsaberglaube", in: P. ANTES / D.

PAHNKE, Die Religion von Oberschichten, Marburg 1989, 257ff.

11 Vgl. K. KIESEWETTER Geschichte des neueren Okkultismus, Leipzig 1909, 9.

12 H. DRIESCH, Parapsychologie (1932), Frankfurt a.M. 1984, 122f .

13 Vgl. H. ZINSER, Jugendokkultismus in Ost und West, darin die Untersuchung II und III, 29-66.

14 Vgl. den Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 20. Juli 1988.

15 Vgl. TH. GANDOW, im Vorwort zu H. ZINSER, Jugendokkultismus in Ost und West.

16 Vgl. H. ZINSER, Jugendokkultismus in Ost und West; J. MISCHO, Okkultismus bei Jugendlichen, Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, Mainz 1991. Nicht ohne Vorbehalte sei auch U. MÜLLER, Ergebnisse einer Umfrage unter bayerischen Schülern und Schülerinnen zu Okkultismus und Spiritismus, Regensburg 1989, angeführt.

17 In einer kleinen, geschichteten Umfrage in ländlichen Gegenden unter Jugendlichen von 14 bis 16 Jahren konnte ich allerdings 1994 eine drastische Zunahme der Beteiligung feststellen; jeder zweite Jugendliche übt danach die eine oder andere Praxis aktiv aus, gleichzeitig hat sich die Ernsthaftigkeit und Betroffenheit allerdings deutlich vermindert. Da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, möchte ich mich bei der Interpretation dieses Ergebnisses vorläufig noch zurückhalten. Zwar ist eine Zunahme der Beteiligung an okkulten Praktiken in den letzten fünfiahren wohl nicht zu verleugnen, jedoch mag diese auch der ländlichen Struktur des Untersuchungsgebietes (Begrenztheit und Unerreichbarkeit von Freizeitangeboten für Jugendliche) als auch der mittlerweile eingetretenen Enttabuisierung (veränderte Normerwartungen) durch die Behandlung des Themas in den Medien geschuldet sein. Da auch hier als Hauptinformationsquelle Zeitschriften und Bücher angegeben wurden (70 Prozent), kann die hohe Beteiligung nicht - wie es manchmal zu lesen ist der ländlichen Tradition zugeschrieben werden .

18 Vgl H. ZINSER Religion auf dem Markt Widerspruch 26, Zürich 1993 15-27. Vgl. auch: DERS., "Ist das New Age eine Religion? Oder brauchen wir einen neuen Religionsbegriff?", in: ZRGG 44 (1992) 33-50 .

19 TH. W. ADORNO, ,,Thesen gegen den Okkultismus", in: Minima Moralia, Ges. Schriften, Bd. 4, Frankfurt a.M. 1980, 272.

20 Selbstverständlich gelten auch in diesem Bereich unseres Lebens die allgemeinen Gesetze.

21 H.-J. RUPPERT Okkultismus - Geisterwelt oder neuer Weltgeist? Wiesbaden 1990,11.

22 J. MISCHO, ,,Okkultpraktiken Jugendlicher", in: Materialdienst der EZW, Sonderdruck Nr.17, Stuttgart 1988, 7.

23 Vgl. I. KANT, Kritik der reinen Vernunft, Einleitung, Werke in 12 Bdn., Bd. III, Frankfurt a.M 1956. Für unseren Zusammenhang ist es dabei unerheblich, welchen ,,ontologischen" Status die ,,Wirklichkeit", auf die sich die Aussagen beziehen, zuerkannt erhält.

24 O. PROKOF / W. WIMMER, Der moderne Qkkultismus, Stuttgart 1987.

25 Dies ist nicht als eine geschichtliche Entwicklung zu verstehen, vielmehr bestehen animistische, mythologische und religiöse Vorstellungen, was immer darunter konkret zu verstehen sei, immer nebeneinander.

26 Vgl. H. DRIESCH, Parapsychologie, 116, 111 f. Neuerdings taucht dieses ,,Katalogtragende Weltsubjekt" unter dem Namen ,,morphogenetische Felder" wieder auf, vgl. R. SHELDRAKE, Das Gedächtnis der Natur, München 1990, 383; zur okkulten Qualität dieser Felder vgl. 379 und 391.

27 Vgl. P. TILLICH, Die religiöse Lage der Gegenwart, Berlin 1926,11 0ff 28 TH. W. ADORNO, Thesen gegen den Okkultismus, 323. ,,Okkultismus ist eine Reflexbewegung auf die Subjektivierung allen Sinnes, das Komplement zur Verdinglichung. wenn die objektive Realität den Lebenden taub erscheint wie nie zuvor, so suchen sie ihr mit dem Abrakadabra einen Sinn zu entlocken.".

Der Autor.

Zinser, Professor Dr. phil. Hartmut, geb.

1944; Studium der Religionswissenschaft, Soziologie, Alte Geschichte und Ethnologie in Berlin und an der University of Pennsylvania (USA); Professor für Religionswissenschaft an der Freien Universität Berlin.

* * * * * * Eine Schriftenreihe der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung.