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Einfacher Bericht November - Dezember


Samstag, 29. November 2003
Ich bin der letzte Mensch im Dorf, der das Licht ausmacht. Seit ein paar Wochen wache ich nicht mehr frühmorgens auf, sondern schlafe bis zehn oder elf. Abends bin ich lange wach und schaue DVDs oder geistere durchs Haus. Der Bach führt Hochwasser und macht ständig ein Rauschgeräusch. Aufregend. Die Farben in der Landschaft sind fast komplett verschwunden. Es wird früh dunkel, nichts regt sich mehr. Die Blätter zerfallen beim Zusehen. Vor dem Hauseingang liegen zertretene Blattgerippe. Ich bin beschäftigt mit den immer gleichen Gedanken. Dass ich was tun könnte, es aber genauso gut sein lassen. Ich bin nicht depressiv, es ist eher ein Grundzustand, der so dumpf ist. Ich sollte Drogen nehmen, Aufputschmittel oder ausgehen. Die immer gleichen Gedanken. Geld verdienen und Sex haben wollen. Wenns weiter nichts ist, geht’s mir wohl wie eh und je. Endlich in Ruhe jammern können und nichts was es zu tun gäbe. Nächste Woche fliege ich nach Hamburg und treffe meinen Produzenten. Vielleicht passiert dann bald was neues. Solange bleibe ich hier und bleibe regungslos im Winterschlaf.
In meinem Terminplaner sind viele Seiten weiß. Und in meinem Gedächtnis auch. Ich rekonstruiere die vergangene Woche. Den Montag habe ich im Copy-Shop in der Kreisstadt verbracht und die Cover für unsere selber gemachte Platte kopiert. Das ging etwas daneben, die Bilder sind pixelig und wir werden es nochmals machen müssen. Dienstag weißer Fleck. Mittwoch hatte ich Besuch von einer neuen Freundin aus Berlin mit ihrem Kind. Mittwoch abend habe ich Napalm Death in der Nachbarstadt gefilmt. Das war klasse. Classic Hardcore. Mir fällt ein, auf einer Berghütte auf der Alb, wo ich mit meinem Besuch wandern war, stand in der Speisekarte: Hardcore Wurstsalat. Neben dem schwäbischen und dem schweizer Wurstsalat. Wir haben ihn aber nicht bestellt.
Donnerstag und gestern habe ich sozusagen mich meinem Besuch angepasst und habe mit ihnen zusammen Urlaub in Grünbach gespielt. Wir haben mit dem Kind ein Lager, einen Unterschlupf im Wald gebaut.
Es ist schön zu sehen, wie Grünbach meinen Besuchern immer gut tut, wie sie ankommen und wie sie sich am nächsten Morgen verändert haben. Bei mir wirkt das nicht mehr so.
Ich mag das Genießen hier nicht mehr. Ich komme mir so unnütz sonst vor. Besser arbeiten. Aber das habe ich ja auch schon hinter mir. Es muß noch etwas anderes geben, was man hier machen kann. Ich merke das, kann es aber noch nicht erzählen.
Etwas mit nachts durchs Haus geistern. Die Räume in Beschlag nehmen und nicht mal mehr an sich selbst denken, sich selbst kontrollieren. Eine nächste Stufe. Der altbewährte Wahnsinn ist es nicht. Und darüber anderen erzählen wollen ist schon ganz falsch. Also Stop. Mehr Tagesberichte. Heute Laub gefegt. Eine tote Ente gefunden. Bald muß ich ein paar Bäume abmachen, sonst wächst hier alles zu und es fällt kein Sonnenlicht mehr aufs Haus. Besonders jetzt ist die Sonne eh schon so tief. Ich habe hier so meine Standard Blicke. So wie ein anderer aufs Wetterglas schaut, habe ich hier meinen Bergblick, der mir sagt wies um die Sonne steht und hinten raus der Blick auf den Bach runter und den benachbarten Hang, wo ich seh, wie kalt es war oder wieviel es geregnet hat.
Ich habe ein Buch gekauft, in dem Ethnologen von außerhalb Deutschlands versuchen, Deutschland zu beschreiben. Ein Artikel ist von einem afrikanischen Ethnologen, der das Verhältnis der Deutschen zu ihren Haustieren, genauer zu ihren Hunden beschreibt. Er ist sichtlich irritiert, über den Status eines Hundes als Lebenspartner und als Ersatz für Familie. Hundefriedhof, Ausbildung zum Kuscheltier und Sexpartner, Krankenversicherung. Klar, das ist aber mein Nachbar, der Bauer auch.
Ich bin ein Ethnologe hier. Ich untersuche jeden Tag alles was ich um mich herum sehe. Meistens die Landschaft und das Wetter. Büroarbeiten und Korrespondenz sind mir lästig. Telefonieren mit Freunden geht gut. Ist wie sich unterhalten. Um den Rest wie Post kümmere ich mich nicht mehr.
Der Bauer fährt jeden Morgen mit seinem Traktor an meinem Haus vorbei, fährt zum Mittagessen wieder zurück und abends gegen fünf macht er Feierabend und fährt heim. Das ist sein Tag. Er denkt den ganzen Tag vor sich hin, bei der Arbeit allein. Er arbeitet, denkt und stirbt.
Was soll man auch tun. Malerei, Botanik, radical lifestyle?
In die Südsee fahren, besser den Traum nicht umsetzen?
Eine Motorsäge kaufen und alles in der Mitte durchsägen.
Wenn hier einer unzufrieden ist dann bin ich es. Ich brauche Liebe und Zärtlichkeit. Und hier gibt’s niemand kilometerweit. Nicht mal einen Kiosk.
Ich habe ein Luftgewehr bekommen und schieße zum Spaß aus dem Fenster. Auf Vögel schieße ich lieber nicht. Nachher tun sie mir noch leid und ich bekomm ein schlechtes Karma. Aber auf den Müll, der so in der Landschaft herumliegt, besonders hinterm Hof vom Nachbarbauern. Das ganze Altglas, peng, entsorge ich mit einem Schuß. Dann die gelagerten Dachplatten, die eh kein Mensch mehr benutzen wird. Alte Reifen und Rohre. Vom Birnbaum hinterm Haus habe ich das restliche Laub runtergeschossen. Damit sich das Laub fegen lohnt und ich nicht noch zehnmal dieses Jahr den Scheiß zusammenfegen muß. Das Luftgewehr ist harmlos, aber ein Nachbar von hier besitzt auch richtige Gewehre. Ich würde gern mit dem Jäger auf die Jagd gehen.

Montag, 15. Dezember 2003

Es schneit, als würde das jüngste Gericht in weiß erscheinen. Ein Gewitter im Winter. Es blitzt am Himmel und die weiße Landschaft wird für einen kurzen Moment taghell. Ich bin mitten in einem Schneesturm. Ich sitze in der Stube und es ist fast schon zu behäbig. Die katze auf dem Sofa, ein gutes Feuer brennt und ich sehe den Schneeflocken beim Fliegen zu. Und ich denke, vielleicht fallen die Strommasten ja um, und ich wäre tatsächlich von der Außenwelt abgeschnitten.
Die unteren Zimmer machen mir Sorgen, weil ich letzte Woche die Fenster ausgehängt habe und zum Lackieren gebracht habe. Ich habe jetzt die offenen Fenster notdürftig mit dünnen Sperrholzplatten zugenagelt und mit alten Lappen abgedichtet. Trotzdem weht Schnee durch die Ritzen ins Zimmer. Ich mache extra kein Feuer in den unteren Zimmern, damit der Schnee nicht schmilzt und ich ihn raustragen kann.

Hinterm Haus ist alles nur noch weiß, man sieht auch keine Bäume mehr. Und da, wo man sonst den Ententeich sieht, erkennt man nur ein schwarzes Loch. Irgendwo da draußen schwimmen jetzt die Wildenten noch herum. Ich denke mir, wenn jetzt die komplette Erdkruste gefriert und man in die Erde aber hinein kommen müßte, wäre der Ententeich die einzige Öffnung unter die Erde. Man würde durchs kalte dunkle Wasser tauchen müssen, bis man am Grund des Sees eine Öffnung findet, durch die man in die Erde hinein kommen würde, aber was sollte ich da zu suchen haben. Ich habe es wohl mit einem der vielen Fantasy-Filme verwechselt, die ich immer nur sehe. Ich habe hier keinen Fernsehempfang und es gibt keine schicke Videothek um die Ecke. Was mir bleibt sind die Hollywood-Schinken auf DVD von meinem Nachbar.

Draußen ist jetzt wirklich nichts mehr möglich. Die Natur ist an ihrem Nullpunkt angekommen. Der Bach fließt fleißig und immer mehr Vögel kommen ans Haus, wohl weil sie dort noch was zum Fressen finden zwischen den abgestandenen Blumen und Sträuchern.
Von der Telefonleitung hängen dicke Eiszapfen und ich frage mich wie die da entstanden sind. Es ist ja nicht so, das dort Schnee hängen bleibt und dann schmilzt, um kurz darauf wieder beim Heruntertropfen zu gefrieren. Oder leiten elektrische Leitungen Wärme ab?
Am Sonntag haben mich Hugo und Ute besucht und ich habe mich über den Sonntag nachmittag-Besuch gefreut. Es war so klassisch und ich hatte sogar einen Hefezopf für den Kaffee. Wir haben uns über die Schweiz unterhalten, aus der Hugo stammt. Ich habe ihm erzählt, dass die Schweiz für mich ein weißer Fleck auf der Landkarte ist, weil ich zwar schon in allen Ländern und Gegenden drum herum war, aber mich nie für die Schweiz interessiert habe. Ich habe ihnen erzählt, dass ich mich hier wie ein Ethnologe fühle und ich mich in letzter Zeit sehr für die ganzen archaischen Traditionen und Brauchtümer interessiere. Das ist ja auch mein Grund, hier auf der Schwäbischen Alb eine Weile zu leben. Hugo erzählte mir von Prozessionen besonders in der Winterzeit in Schweizer Tälern, von "Ubersitz", einem nächtlichen Ritual in einem Nebental bei Interlaken, bei dem man eine Nacht übersitzt. Und aus verschiedenen Tälern kommen verkleidete Menschen mit riesigen Glocken zusammen und am Ende ist man in einem Lärm drin, der einen ganz kirre macht.

Ich würde gern dahin fahren, es findet in der letzten Nacht vor Sylvester statt.

Dienstag, 16. Dezember 2003
Meine Katze ist sehr irritiert von dem vielen Neuschnee. Das ist auch der erste Schnee in ihrem Leben. Sie versucht ihn ständig von ihren Beinen zu schütteln und an ihrem favourite Baum ist sie auch schon am Stamm abgerutscht, weil er voller Schneeverwehungen ist. Sie schaut mich mit großen fragenden Augen an, und ich kann ihr das auch nicht erklären. Ich schieße mit Schneebällen nach den letzten Äpfeln auf dem Baum gegenüber meines Hauses. Aber sie halten, als wären sie festgeklebt, was ja auch sein kein. Es fällt überhaupt auf, dass auf jedem Baum ein paar Äpfel immer noch hängen, selbst bei Bäumen, die nicht geerntet wurden und die meisten Äpfel drum herum liegen, bleiben immer ein paar auf den Bäumen. Vielleicht so eine Art Tribut an die Vögel, die sie jetzt im Winter mühselig auspicken.

Noch stiller als sonst. Kein Echo, die Bundesstrasse, die man manchmal hört, ist komplett verschwunden. Ich habe heute morgen mein Auto freigeschaufelt, obwohl die 20 cm Schnee wohl eh bald schmelzen werden. Ich dachte, es sieht aber ordentlicher aus und vielleicht passiert ein Notfall. Morgen muß ich wieder zum Todesmetall, filmen. Ein Festival mit 8 Bands und es beginnt um 18.30. Genug Lärm wieder für die ganze Woche. Zu meinen einzigen Mitmenschen, den Todesmetallern.

Sonntag, 21.12.2003
Heute ist der kürzeste Tag in diesem Jahr. Ich mache wieder eine meiner Wanderungen über den kugelrunden Hügel. Ich bleibe lange oben und schaue mich rings um. Alles ist gleichgeblieben, nur so wenig verändert, dass es niemand mitkriegt und Angst bekommt. Denn dann müßten die Gesetze über die Kontinuität des Landes neu geschrieben werden. Die phlegmatischen Landbewohner müßten sich einem zwar langsamen, aber im Detail rasanten Veränderungsdruck aussetzen und Prüfungen bestehen. So wird besser nicht so genau hingeschaut und alles ist im gleichen Trott. Aber selbst der Trott bewegt sich bekanntlich, Hühnerschritt für Hühnerschritt. Es ist vier Uhr am Nachmittag und das Licht geht weg. Es ist gar nicht mehr richtig hell geworden. Ich war mit einem Freund am Morgen spazieren. Er ist aus China und sagt, dass es in China, dort wo er herkommt, so ähnlich aussehen würde.




Montag, 22.12.2003
Heute abend habe ich zum ersten Mal so richtig sauniert. Draußen hat es am Nachmittag geschneit, die Temperaturen sind auf unter Null gesunken und überall liegt feinster, unberührter Neuschnee.
Nach dem ersten Saunagang bin ich raus in den Schnee und stand nackt mitten in der Nacht auf einer weiß leuchtenden Wiese. Ich habe mir vorgestellt, wie jemand auf dem Feldweg auf der anderen Seite des Tals, was keine 50 Meter sind, herüberschaut und eine vom Eingangslicht beschienene nackte Gestalt sehen würde, von der Dampf aufsteigt.
Es ist faszinierend, wie lange man die Kälte ertragen kann, die man ja nicht als Kälte spürt, sondern eher als Erfrischung.
Ich habe mich dann mit dem Pulverschnee abgerieben und mich in den Schnee gesetzt. Hinter dem Haus geht ein leichter Abhang runter zum Ententeich und zum großen Bach. Ich hatte plötzlich Lust, mich den Abhang hinunter rollen zu lassen. Ich legte mich hin und kam auch schon ins Rollen. Es wurde immer schneller, der Schnee stäubte, ich verlor die Orientierung und sah nur noch den sich rasant drehenden Sternenhimmel, das Haus mit den erleuchteten Fenstern und hörte den Schnee um mich herum knirschen. Ich wäre fast in den Ententeich gerollt, aber davor kommt ein Zaun.
Ich kam mir vor wie bei einer Bundeswehrübung.


1.Weihnachtsfeiertag, 25.12.2003
Gestern morgen ist die Wasserleitung zugefroren. Ich hatte in der Nacht davor vergessen, ein ordentliches Feuer in der Küche zu machen. Auf dem Minimal-Maximal-Thermometer stand –10 Grad. Da nirgendwo mehr im Haus Wasser läuft, muß die eingefrorene Stelle zwischen Keller und Küche liegen. Ich habe mir ein Notprogramm überlegt. Wasser in Eimern aus dem Bach für die Toilette und die Küche. Duschen ist bis auf weiteres unnötig. Gespült wird wieder bei wärmeren Temperaturen oder wenn das Geschirr ausgeht. Elektroheizer in Küche und Klo, Fön an die Hauptleitung im Keller.
Den Heiligabend habe ich damit verbracht, herauszufinden, wo die Wasserleitungen im Haus überall sind. Ich habe gemessen und mit einem Schraubenzieher probeweise Löcher in die Wand gemacht. Es sieht jetzt gar nicht so schlecht aus. Ich weiß zumindest grob, wo sie verlaufen. Im Internet habe ich einen Frostwächter gefunden, ein erwärmtes Metallband, das parallel zur Wasserleitung gelegt wird. Im Frühjahr werde ich die Wände aufreissen und eventuell auch neue Leitungen legen. Mein Cousin, der Klempner ist, muß mir dabei helfen.
Bis dahin werde ich wohl noch einige Male mit eingefrorenen Wasserleitungen leben müssen, weil die Temperaturen hier noch bis Februar bis auf – 35 Grad sinken können.
Das ist jetzt wirklich Alaska. Ich habe meistens zwei Pullis und eine lange Unterhose an, weil ich oft raus muß, Wasser holen, Holz holen. Die Kälte sticht einem ins Gesicht und meine Finger sind oft steif, wenn ich wieder ins Haus gehe.
Das Wetter ist schön, die Sonne scheint, aber ich bekomme nicht viel davon mit.Seit einigen Tagen kommt die Sonne am Nachmittag nicht mehr über den Berg. Sie bleibt gerade in den Bäumen oben an der Bergkuppe hängen. Die Leute im Dorf sagen, das dauert immer drei Wochen. Und da vorgestern die längste Nacht des Jahres war, wird mein Haus so ab Heilige Drei König wieder Sonne sehen.

Sonntag, 28.12.2003
Meine Katze ist kein Vorbild für mich. Sie schläft und döst den ganzen Tag vor meinen Augen. Ich sitze am Schreibtisch und versuche etwas zustande zu bringen, wenigstens die laufenden Arbeiten und etwas Haushalt zu machen. Und sie liegt den ganzen Tag meist recht nahe bei mir herum. Sie kommt und setzt sich auf meinen Schoß, wenn ich am Schreibtisch sitze oder sie setzt sich gleich direkt vor den Monitor und schläft ein. Wenigstens legt sie sich jetzt nicht mehr auf die Tastatur. Ich bin kurz aufs Klo und als ich zurückkam hatte sie 30.000 Zeichen geschrieben, den Buchstaben W.


Dienstag, 30.12.2003
Als ich gestern abend nach Hause kam, war meine Katze ganz aufgewühlt. Sie rannte aufgeregt umher und kam immer wieder aus der Küche gerannt. Ich hatte ein instinktives Gefühl, als wäre da noch jemand im Haus. Wie im Sommer, als ich im Schlafzimmer irgendwann eine kleine Fledermaus auf dem Schrank entdeckte.

Ich folgte meiner Katze in die Küche und wollte ihr Essen geben. In ihrem Fressnapf saß ein Igel. Da ich nicht wußte was ich mit einem Igel im Winter machen sollte, befragte ich das Internet. Es gab zwei Fraktionen von Ratgebern, die einen reihten minutiös auf wie ab jetzt mit der Überwinterung eines Igels zu verfahren sei, von Tierarzt, Spiegelei und Katzenfutter. Die andere Fraktion stellte wenigstens zur Diskussion, dass es sich um ein Wildtier handelt, bei denen besonders Jungtiere oft erst Ende Dezember in den Winterschlaf fallen und letztendlich die Natur die Population von Igeln reguliert.
Ich entschied mich für die harte Fraktion. Zuvor sollte er sich aber noch den Bauch ordentlich mit Katzenfutter vollstopfen. Ich stellte zwei Fressnäpfe auf, und meine Katze und der Igel speisten Seite an Seite.
Am nächsten Morgen trug ich dann den Igel, der immer noch in seinem Fressnapf saß, hinaus. Gerade als ich ihn zwischen den Büschen am Bach verschwinden sah, tauchte auf der Strasse eine Musikkapelle auf und postierte sich vor meinem Haus. Sie spielten ein Ständchen zum neuen Jahr. Das ist eine Tradition, von der ich auch wußte, nur hätte ich nicht gedacht, dass sie extra nach Grünbach kommen, wo es hier doch nur 15 Häuser gibt, die nicht einmal alle bewohnt sind.
Das ganze war natürlich sehr surreal, weil es mir vorkam, als spielten sie ein Abschiedsständchen für meinen Igel.
Nachdem sie ihr Lied gespielt hatten, wünschten mir alle und dann auch noch jeder einzeln ein Prost Neujahr. Ich holte Schnaps und schenkte ihnen von meinem Kalten Feld Geist aus. Ich wollte, dass sie nochmals spielen, damit ich sie vor meinem Haus fotografieren konnte. Zum Schluß wollten sie noch alles mögliche über mich wissen. Warum ich hier leben würde und was ich beruflich mache und ob das hier überhaupt geht. Und ob mir das Leben hier nicht zu langweilig würde. Ich fand es lustig, dass gerade sie das fragen, wo sie doch selber in der Provinz leben.


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