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ostfriesische nachrichten, 03.04.2001, seite 3







"Mickey-Mouse-Ohren" in Tannenhausen

werden nun dem Erdboden gleichgemacht

Konversion bedeutet für Aurich die optische Wiederherstellung des dortigen Landschaftsschutzgebietes



Von Manfred Galka
Aurich. Die Aufgabe frühe-
rer Bundeswehr- und NATO-
Liegenschaften beinhaltet ei-
nerseits Chancen wie neue
innerstädtische Wohn-, Ge-
werbe-, Universitäts-' oder
Parkflächen in vielen davon
betroffenen Städten. Bundes-
wehr-Altlasten können aber
auch zu einer Last werden, wie
nicht nur das Beispiel der
Fehnkaserne Wiesmoor au-
genscheinlich macht.
Im Bereich der Stadt Aurich
hat die Bundeswehr die bisher
von der NATO genutzte Richt-
funkstation im Ortsteil Tan-
nenhausen im Jahre 1996 auf-
gegeben und die Immobilie
nach dem Ende des militäri-
schen Betriebs zunächst an die
Standortverwaltung Aurich
und im Jahre 1997 an das Bun-
desvermögensamt in Wil-
helmshaven übergeben.
Die Stadt hatte nun ein In-
teresse daran, dass der Bund
diese wegen der überdimen-
sionalen Antennen in Form von
Parabolspiegeln im Volks-
mund "Mickey-Mouse-Ohren"
genannte ehemalige Richt-
funkstation demontiert und
das dortige Landschafts-
schutzgebiet damit optisch
wieder herstellt. Die Stadt be-
trachtete die Anlage also als
erhebliche "Altlast".
Erste Gespräche mit der
Bundesvermögensstelle stie-
ßen nach Auskunft des Ersten
Stadtrates Felix Becker und
von Stadtbaurat Hans Rogalla
dort auf wenig Gegenliebe,
was angesichts der zu erwar-
tenden nicht unerheblichen
Abrisskosten denn auch kein
Wunder war.

Zunächst musste die Frage
geklärt werden: Wer ist ver-
antwortlich für den Rückbau
einer solchen Anlage, wer
muss bezahlen - die betroffene
Kommune oder der Bund als
Veranlasser der Planung?
Zu der Zeit bemühte sich
anfangs die Standortverwal-
tung und dann auch die Bun-
desvermögensstelle, das um
die 5 ha große Gelände zu ver-
äußern.
Die Stadt machte deshalb
darauf aufmerksam, dass im
Außenbereich - und erst recht
im Landschaftsschutzgebiet -
nur ein privilegiertes Bauvor-
haben zulässig sei, also zum
Beispiel eine landwirtschaftli-














che Nutzung, aber keine
Wohnnutzung.

Und gleichzeitig erließ die
Stadt wegen Wegfalls der Pri-
vilegierung - auch Anlagen
der Landesverteidigung sind
als privilegierte Bauvorhaben
im Außenbereich zulässig - ei-
ne bauordnungsrechtliche Ab-
rissverfügung, befristet bis
Ende 2001. Stadtbaurat Ro-
galla erläuterte den ON hier-
zu, dass der Bund - wie auch
jeder andere privilegierte Bau-
herr, dieses Vorrecht verliere,
wenn die Nutzung nicht mehr
gegeben sei. Damit erlische
auch der Bestandsschutz.

Angesichts der zu erwarten-
den hohen Kosten hoffte die
Stadt nun, dass der Bund sich
nicht mit dem Argument der
Verhältnismäßigkeit vor ei-
nem Ruckbau drücken könne -
wie das, durchaus vergleich-
bar, beim Erhalt eines Bau-
denkmals der Fall sein kann.

Das Oberverwaltungsge-
richt Lüneburg hat aber im Ja-
nuar in einem vergleichbaren
Fall entschieden, dass der
Bund die Kosten tragen muss.
Dabei ging es um eine Bunker-


anlage bei Goslar; die Beseiti-
gungsverfügung der Kommu-
ne sei rechtmäßig und ver-
hältnismäßig, sagten die Lü-
neburger Richter. Zwar stün-
den die Kosten des Abbruchs
außer Verhältnis zum Wert des
Grundstücks, herangezogen
werden müsse hier aber der
Wert der militärischen Anla-
gen während der Nutzung für
die Landesverteidigung in den
vergangenen Jahrzehnten.
Im Wissen um dieses Grund-
satzurteil hat die Bundesver-
mögensstelle denn auch formal
Widerspruch gegen die
Abrissverfügung der Stadt
Aurich eingelegt, nach dessen
gut begründeter Zurückwei-
sung durch die Bezirksregie-
rung aber auf den Klageweg
verzichtet, da keinerlei Aus-
sicht auf Erfolg besteht.

Bei einem gemeinsamen
Ortstermin haben Vertreter
der Stadt und des Bundesver-
mögensamtes vor etwa drei
Wochen die Anlagen in Tan-
nenhausen in Augenschein ge-
nommen, dabei auch Vertreter
des Staatshochbauamtes, das
den Rückbau koordinieren
soll. Derzeit läuft die Aus-



schreibung. Die Stadt legt auch
Wert darauf, dass der jetzige
Zustand der Zufahrtstraßen
dokumentiert wird, insbeson-
dere der Brücke über den Abe-
litzschloot, damit später fest-
gestellte Schäden den Verur-
sachern in, Rechnung gestellt
werden können.

Kernstück der Anlage in
Tannenhausen sind die vier
Reflektoren, von der auch der
Name "Mickey-Mouse-Ohren"
stammt. Sie sollen aus der
Landschaft ebenso wieder ver-
schwinden wie das Technik-
Gebäude, die Werkstatt, der
Verwaltungstrakt, die Gara-
gen, die zwei massiven Hunde-
zwinger und das Wachgebaü-
de im Eingangsbereich. Auch
die Wege- und Platzbefesti-
gungen werden in dem Zusam-
menhang aufgebrochen und
wieder entsiegelt.

Der etwa 5 x 10 m große
Bunker soll allerdings nur bis
etwa einen halben Meter unter
dem Oberflächenniveau abge-
brochen und anschließend mit
Erdreich verfüllt werden. Ein
weiter gehender Rückbau wä-
re aus wirtschaftlichen Grün-
den nicht vertretbar gewesen.



Das gilt auch für die knapp
aus dem Boden ragenden mas-
siven Fundamente der Para-
bol-Antennen, die später von
der Natur überwuchert wer-
den sollen. Und auch eine Tra-
fo-Station der EWE muss dort
bestehen bleiben, weil über sie
weiterhin einige Bauernhöfe
in der Umgebung versorgt
werden müssen.

Nach der Bestandskraft der
Abrissverfügung, die Ende Fe-
bruar eingetreten ist, hat das
Bundesvermögensamt nun
sechs Monate Zeit für den
kompletten Rückbau, so dass
davon auszugehen ist, dass im
Herbst in Tannenhausen wie-
der eine offene Landschaft
anzutreffen sein wird.

Da aber allein der Verzicht
auf den Prozessweg durch das
Bundesvermögensamt der
Stadt eine Verzögerung der
Angelegenheit von mehreren
Jahren erspart hat, will man
nun auch nicht kleinlich sein
und einer eventuell erforderli-
chen Terminverlängerung zu-
stimmen. "Die Natur denkt
auch in andere Zeiträumen",
sagt hierzu Stadtbaurat Hans
Rogalla.



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