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3. Treffen mit Michael Kress

BITTE, DEN BERICHT NACH EIGENER MAßGABE ERWEITERN, KORRIGIEREN UND VERBESSERN !
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«Disputatorium/Ausstellung Social_Software_Künste»
Betreiber Kurd Alsleben und Antje Eske
Bericht über das Zwischenspiel )3)
bei Michael Kress
Künstlerhaus Frise, Altona
27. Februar bis 1. März 2009


Uploaded Image: ESKE_ALSLEBEN.jpg
Montage: Michael Kress
mit: Kurd Alsleben, Zorah Marie Bauer, Torsten P. Bruch,
Tanja Döring, Doris , Antje Eske, Richard Frenken, Goran,
Jan Holtmann, Michael Kress, Sabine Kullenberg,
Matthias Lehnhardt, Angelika Meyer, Christian 3Rooosen,
Heidi Salaverría, Andreas Schelske, Dodo Schielein,
Sylvia Schultes, Gabriele Schwark, Axel Sylvester,
Chrisdian Wittenburg, Bettina Wittenburg, Frank Wörler.


Die Mehrzahl der Beteiligten (am 3. Tag über 20) waren Künstler, was einen unmittelbaren, auch affektiven Umgang beförderte.
Ausser eigenen Laptops waren an dinglichen Medien parat:
Zum kooperativen Artikulieren°: Stecktafeln°°, Leporellos. _ Zum Präsentieren: Beamer, Vitrinen°°°. _ Zum Dokumentieren Foto, Swiki, Video und Handy-Video°°°°. _ Ferner natürlich die Medienformate Rede, Gesang, Schrift, Zeichnung, Videografieren usw. sowieso.


1. Tag
Über Visualisieren der inhaltlichen Interessen an einer Stecktafel bildeten sich zwei offene Gruppen in zwei Räumen:
Untergruppe ‘Social Web‘, Untergruppe ‘Austausch im Medienwechsel‘.

Untergruppe ‘Social Web‘,

sie thematisierte Fragen, die an das Lüneburger Zwischenspiel anschlossen und sich zusammengefasst wie folgt an der Stecktafel darstellten:

Mensch/Maschine-Kommunikation => +Mensch/Mensch-Austausch ____
Diese zögerliche Blickerweiterung scheint mit dem Social Web nun vollzogen zu sein, nachdem sie seit einigen Jahren auch im Unternehmensmanagement etabliert ist.
Kunstwerk => +Kunstaustausch ____
Der Kunstbegriff des Austausches ist für Kunstformen im Social Web, soweit zu erkennen, Voraussetzung.
Sozialitätssinn ____
Er ist über die sozialästhetischen Wörter°°°°° unschwer zu verstehen, und das Zusammenspielen aller Sinne auch keine Frage. Lasst ihn uns als Sinn gleich den anderen „fünf“ Sinnen verstehen.
Common Sense ____
Der Begriff beschäftigte alle drei Tage, wobei deutlich wurde, dass es allein in der Philosophie drei Unterteilungen für ihn gibt: Common Sense, kritischer Common Sense und Sensus Communis. Lasst ihn uns im Kunstkontext nicht übers Knie brechen.
Social Web ____
Emailen. Chats, Bilderchat,…. Blogs. Wikis, Swiki-Foren,…. Second Life, CSCW. Kontakt-Dienste, StudiVZ, YouTube, Facebook, MySpace,…
[Fotoalben, Bookmarking,… ist dort spezifisch Austausch möglich?]


Uploaded Image: Altar.jpg


Untergruppe ‘Austausch im Medienwechsel‘

In diesen Konversationen, die am ersten und dritten Tag des Zwischenspiels im Künstlerhaus Frise stattfanden und zwischen zeichnerischen und Austauschformen in Texten abwechselten, wurde versucht, Begriffen aus dem konversationellen Austausch der Runde, die auf Anhieb fremd erschienen, auf die Spur zu kommen, wie z.B. „omnimorph“ oder „auratisches Lesen“. Als Anregung dienten dabei diverse Übermittlungs- und Austauschformen, u.a. Texte singen, rückwärts lesen, quer lesen, darstellerisch verformen, schweigen.
Bericht von Heidi Salaverría zum anarchischen Potenzial des Common Sense/Common Nonsense/Noncommon Sense im Medienwechsel:

Besonders wohl gefühlt habe ich mich während der intermedialen Aktionen, in denen wir uns den Begriffen/Assoziationen „omnimorph“ und „auratisch“ im Bild-Schrift-Wechsel genähert oder auratisch Benjamin gelesen haben.
Worin besteht der Unterschied zum rein diskursiven Austausch? Ein wichtiger Unterschied besteht in einer anderen Geschwindigkeit: Mir scheint, dass wir sehr geübt und schnell sind im Begriffe verwenden, im Lesen, im scheinbaren Verstehen. Eigentlich zu schnell. Ich kann sagen: Widerstand, Gott, Wahrheit, Tod, und der Nächste sagt: Nein, Quadrat, Teufel, aha. Dann bleiben die Begriffe leer. In Debatten passiert das leicht. Die Begriffe werden gar nicht richtig ausgekostet und verdaut, sondern sie werden warenförmig, wir kaufen sie ein und werfen sie weg. Das ist Teil des herrschenden Common Sense. Der Andere spielt dann keine Rolle mehr.
Im Medienwechsel wird der kapitalistische Begriffskonsum gebremst. Mit Bildern und Tönen geht das nicht so schnell, wir haben darin nicht die gleiche Routine, jedenfalls nicht, wenn wir sie zeichnen, lesen, hören und darauf antworten wollen. Diese Fähigkeit wird im gängigen Common Sense (der ja eigentlich ein Common Nonsense ist) weniger geübt und praktiziert. Die fröhliche Antiroutine öffnet andere Kanäle: die Kommunikation wird anarchisch. Dadurch kann Neues und eine zwanglose Verbindung untereinander entstehen. Was ist das für eine Verbindung? Und wie kommt es, dass sie auch zwischen Fremden gelingen kann? Ich meine, das ist auch eine Art von Common Sense, die sich von dem herrschenden unterscheidet, vielleicht kritischer Common Sense oder kritischer Nonsense. Es ist wichtig, dass Gegenentwürfe, andere und neue Formen des Austauschs, der Gegenöffentlichkeiten und von mir aus auch des Widerstands nicht nur diskursiv gedacht und verstanden werden. Das geht mir zu schnell und berührt nur einen kleinen Bereich. Alle sinnlichen Ebenen des Sozialen sollten darin Platz haben. Dass es möglich ist, auf diesen unterschiedlichen Ebenen des Miteinander Dinge zu transportieren legt nahe, auf einen utopischen Sensus Communis zu hoffen: Ob das unsichtbare Fäden sind, die uns verbinden oder eine bestimmte Tonart von Auren, die zusammenschwingen oder eine ähnliche Windstärke der Gedanken, das weiß ich nicht.


2. Tag
Es wurden zwei Social Web Praxen präsentiert und disputiert:

‘Bilderchat‘ an Hand von frühen und aktuellen Mitschnitten.
Der Bilderchat°°°°°° findet seit 2001 regelmäßig ein Mal pro Woche statt. Die eingeladenen Chatterinnen tauschen sich in offiziöser Runde über eine Stunde anknüpfend in Bild und Wort aus und erreichen dabei (außer)gewöhnliche Assoziationsebenen, die die „Steigrohre des Unbewussten“ aktivieren.
Die spezielle Form der Bilder wurde erörtert. Ob und wie sich soziale Kompetenz in dem Chat entwickelt u.a. wurde thematisiert.

‘Second Life im Rollstuhl‘
Vor 2 Jahren hatte sich der Darstellende mit dem Avatar eines Rollstuhlfahrers im Second Life aufgehalten und nach einer Zeit des Langweilens das Virtuel Life wieder verlassen. Seit einem Vierteljahr hat er das Leben im Rollstuhl wieder aufgenommen und führte uns dort ein. Gemessen an der Kino- oder Videoerfahrung empfanden wir die leeren Areale als betrübend. Ein Austauschmedium ist dieser Dienst auf jeden Fall. Es gab mit schließlich doch angetroffenen Anwesenden schriftliche Gespräche. Einer entpuppte sich als Vampir, der beißen wollte, was uns, die wir uns offenbar identifiziert hatten, stark affektierte.



3. Tag
Uploaded Image: alle.jpg
(von links): M. Kress, unbek., R. Frenken, H. Salaverría, Doris, S. Kullenberg, K. Alsleben, Z.M. Bauer, A. Meyer. F. Wörler, T.P. Bruch, S. Schultes, D. Schielein, A. Eske

Der 3. Tag, der als Abschluss“Präsentation“ veröffentlicht war, sollte in kleineren Gruppen ohne monologische oder dialogische Form an die Besucher anschliessen, was gut gelang. Es ereigneten sich ausgiebiges Befragen, Beantworten, Medienwechsel und Besucher zeigten ihre Social-Web-Praxen: einer einen analog konstruierten Avatar; ein anderer einen sozialen Dienst.
Die Abschlussrunde der drei Tage war eine anregend Orientierung suchende, einander anerkennende Konversation und Affaire. Man widersprach sich spielerisch, nicht im besserwisserischen Habitus. Bericht von Kurd Alsleben und Antje Eske


°Den heute Common Sense bildenden Wortgebrauch ‘kollaborieren‘ hat Geert Lovink als die Zusammenarbeit aus reinem Eigeninteresse, ohne verbindende Idee gekennzeichnet. Lovink ist diese Unterscheidung zur ‘freien Koopertation‘ wichtig, um abschliessend schreiben zu können “Uns auf Zusammenarbeit vorbereiten, das ist alles, was wir tun können.… Die Kunst der Zusammenarbeit lernen.… Zusammenarbeit braucht Vertrauen.“ Lovink, G.: Zero Comments. transcript, Bielefeld 2008. S. 265, 283 u.a.
°°Stecktafeln, wie sie Eberhard und Telse Schnelle eingeführt haben.
°°°In den Vitrinen lagen unsere eigenen Bücher von der ‘Ästhetischen Redundanz‘ bis zu ‘27 Bremer Netzkunstaffairen‘, sowie Bücher aus den letzten 5 Jahrzehnten, die unsere Entwicklung direkt beeinflusst haben.
°°°°Zum Ende des 2. Tages wurde uns der eigene Mediengebrauch bewusst. Eine lfd. Videodokumentation, wie sie zunächst stattfand, themetisierte, dass Kunstaustausche Offenheit, also Unbeobachtetheit durch Aussenstehende, verlangen. Hinzu kommt, dass totale Videodokumentation Videoüberwachung habitualisiert. Auch wirft es die Fragen auf, was uns totalitäre Mitschnitte bedeuten (Bense, Begriff der Mitwelt), auch was es bedeutet, wenn Personen abwehren, gezeichnet oder fotografiert zu werden.
°°°°°Frontispiz in Alsleben/Eske (Hg.): NetzkunstWörterBuch. kuecocokue, Hamburg und BoD, Norderstedt 2001 und 2003
°°°°°°Der Bilderchat wurde 2001 von Antje Eske u.A. entwickelt. Seine Wurzeln reichen, in der Tradition konversationeller Spiele, bis in die Renaissance. Durch den anknüpfenden Austausch in Bild und Wort lassen sich (außer)gewöhnliche Assoziationsebenen erreichen, die die „Steigrohre des Unbewussten“ aktivieren und so den Bilderchat mit Dada und Surrealismus verbinden.



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