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Frank

Die Hochschule für bildende Künste Hamburg im Reformprozess
Was so im newsletter stehen könnte, aber nicht steht

Im Schatten der Einführung von allgemeinen Studiengebühren wird zur Zeit der Entwurf der neuen Bachelor-Studien- und Prüfungsordnung diskutiert. Während Studiengebühren mittels Ausschlussprinzip Kontrolle ausüben, bestimmen Studienordnungen die Kontrollmittel innerhalb des Studiums. Diesen Eindruck gewinnt man jedenfalls, wenn man einen Blick in das nun vorliegende Papier wirft. Von den Verzerrungen, die ein so sensibles Feld wie das der künstlerischen Praxis und Lehre durch überbordendes Verwaltungsdeutsch erfährt, abgesehen, nimmt die neue Studienordnung endgültig abschied von den künstlerischen Wertvorstellungen und Praktiken der letzten Jahre und positioniert sich ungefähr da, wo die klassische Akademie vor rund fünfzig Jahren gestanden hatte.

Diese revisionistische Grundhaltung zeigt sich beispielsweise darin, dass der Kunststudent sich bereits bei der Bewerbung einer Kunstgattung zugehörig fühlen muss: Ob Malerei, Bildhauerei, Film oder beispielsweise Digitales Kino, während seines ganzen Studiums bleibt er stets einem Studiengang zugewiesen. Diesen kann er zwar auch wechseln - aber wenn man diese Situation mit der aktuellen Praxis der HfbK vergleicht, wo in fast allen Künstlerklassen erfolgreich die unterschiedlichsten Formen bunt gemischt koexistieren, so fragt man sich, ob eine solche Struktur überhaupt realisierbar ist. Es war indes stets ein herausragendes Merkmal der HfbK in der deutschen Hochschullandschaft, dass Kunst als experimenteller Freiraum sich auch institutionell in einer fruchtbaren Unterstrukturierung niederschlug. Bekannte Muster und eingeübte "kreative" Verhaltensweisen hinter sich zu lassen, darf als notwendig für ein eigenständiges künstlerisches Arbeiten angesehen werden: Und gerade hier muss man befürchten, dass die neuen Modulstrukturen jeden Studierenden so unter Produktionsdruck setzen werden, dass eben dieses "Entleeren" nicht mehr stattfinden kann.

Schon der wesentlichen Frage "Ist Kunst (heute) überhaupt möglich?" und der darauf aufbauenden Fragen "Wie kann Kunst möglich sein?" und "Wie kann ich künstlerisch tätig sein?" ist kein Raum mehr gegeben. Gefördert werden soll, was schon ist, was schon klar ist. Und dies soll intensiv und ohne Pause geschehen. Schade, denn wir können uns fragen, ob ein Bachelor sich jene Frage nach der Möglichkeit und seiner eigenen Disposition noch mal stellen wird, wenn er oder sie, den Abschluss in der Tasche vor der harten Realität der existenziellen Notwendigkeiten stehen wird. Die Chance ist dann schon vertan. Welcher Ort wäre denn geeignet, solch fundamentale Probleme zu erörtern, wenn nicht eine Hochschule als Raum für Entdeckungen und Scheitern? Worauf die Hochschulleitung indes setzt, sind klar nach außen vermittelbare Werte und Strukturen, man liest von Berufsqualifikation und wissenschaftlichem Grundwissen. Das spezifisch Künstlerische muss unter den Tisch fallen, wenn es um eine Normierung der Abschlüsse, der Strukturen und der Kontrolle geht. Die HfbK ist somit Opfer des so genannten Bologna-Prozesses geworden, wie alle anderen Hochschulen auch, meint man sagen zu können. Aber ganz so einfach ist es nicht. In einer gemeinsamen Erklärung hat die Rektorenkonferenz der Kunsthochschulen in der Bundesrepublik Deutschlang am 18. Mai den Sonderstatus für Kunsthochschulen eingefordert, d.h. sich zunächst dagegen ausgesprochen, das Bachelor-Master-System zu übernehmen. Es hätte also auch für die HfbK die Möglichkeit gegeben, sich dieser sachfremden Strukturierung nicht zu unterwerfen.

Indes lesen wir im Entwurf der Prüfungsordnung unter "§19 Realisate": "Realisate sind künstlerische Produkte, die unter Vorgabe einer Idee, eines Planes, einer Spezifikation mit unterschiedlichen Realisationstechniken von den Studierenden hergestellt werden. Die Studierenden sollen über die Art und Weise der Realisierung einer Idee in Form eines Realisates ihre künstlerische Kreativität beweisen sowie den Umgang und die Anwendung verschiedener Realisationstechniken lernen." In einer Hochschule, in der Atelierräume von den Studierenden geräumt werden müssen, damit die Verwaltung sich ordentlich niederlassen kann, kann eine solche Sprache schon fast als konstitutiv angesehen werden. Die Außendarstellung wird heute generiert von einem jährlich wachsenden Stab in der Presse- und Kommunikationsabteilung. Früher genügten die regelmäßig präsentierten Arbeiten der Studenten völlig, um "in die Stadt zu wirken", wie es im Vorlesungsverzeichnis vollmundig heißt. Während bis vor wenigen Semestern die Notwendigkeiten der Studierenden im Vordergrund standen, hat man heute alle Gänge von "Gerümpel" befreit und erst ein mal alles neu geweißt. Als letzter Punkt sein darauf hingewiesen, dass es sich hier um keinen künstlerischen Diskurs handelt. Eine Hochschule handelt nicht künstlerisch. Sie handelt verantwortungsvoll. Im Idealfall.

Frank 23/12/2006



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