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Sozialer Organismus

Nach André Leroi – Gourhan, `Hand und Wort Die Evolution von Technik, Sprache und Kunst` ( Kap.V., S.187ff. )


Schon die Menschen der Altsteinzeit (des Paläolithikums) schufen mit ihren temporären Feuerstellen kleine Inseln der Ordnung in der Wildnis.
Der Paläontologe Leroi – Gourhan beschreibt sie folgendermaßen:
Ein Zentralbereich mit Feuerstelle, darum ein Werkzeugbereich, der zugleich als Aufenthaltsbereich dient und schließlich ein Knochenwall, der die Insularität dieses Ortes unterstreicht.
Er nimmt an, dass bereits jene Menschen, um der Wildnis das bedrohliche zu nehmen, die Ordnung des Innen nach Außen projizieren, um sie daselbst als spirituelle Ordnung wiederzufinden, die auch das Innen umschließt und beschützt.
Dennoch kann nicht verhindert werden, dass sich die Kräfte des Chaos und des Bösen immer wieder bemerkbar machen. Offenbar gibt es eine `undichte` Stelle, durch die sie in die Wohnung der Kräfte des Guten und der Ordnung eindringen können: Es ist der Ort der Innen und Außen zugleich ist und daher keines von beiden – die am besten bewachte und zugleich verwundbarste Stelle.



Es lässt sich beweisen, dass das materielle, technische und ökonomische Gleichgewicht
die sozialen Formen und folglich auch die Art des Denkens unmittelbar beeinflusst.
Die Werte jedes Denkens sind durchschaubar, sofern sein Bezugssystem (zum Beispiel
die Lebensumstände) bekannt ist.



Die Anthropinen haben mit sämtlichen Primaten ein kurzes Gebiss gemein, dessen
Backenzähne zu Mahlzähnen ausgebildet sind.
Aufgrund seiner Organisation ist der Mensch auf den Verzehr von fleischlicher
Nahrung angewiesen.
Der Mensch ist der einzige Primat, der den Verzehr von tierischem Fleisch entwickelt hat.
Dieser Ernährungstyp setzt eine erste Bedingung für die Form der menschlichen Gruppe,
da die fleischliche Nahrung in der Natur spärlich vorhanden und wesentlichen Veränderungen im Jahresverlauf unterworfen ist. So sah sich der Mensch von Anfang an bestimmten Bedingungen der Gruppenbildung unterworfen.
( = Ausgangspunkt für die Untersuchung der menschlichen Gruppe )



Die Nahrungsbeschaffung ist an eine genaue Kenntnis der tierischen und pflanzlichen Lebensräume gebunden.
Das Territorium bietet Fixpunkte für Nahrung und Schutz.
Die primitive Gruppe ist in der Regel nomadisch, d.h. sie wandert im Rhythmus des Entstehens und Verschwindens ihrer Ressourcen. (Abhängig von der Jahreszeit )
Das Geflecht der sozialen Beziehungen wird durch das Verhältnis zwischen Territorium und Nahrung bestimmt. Das heißt, dass die Nahrungsdichte die Voraussetzung für die Anzahl der Nahrungsverbraucher bildet. Ebenso die Größe des Territoriums übt einen großen Zwang aus.


Bei den Primaten erfolgt die Nahrungssuche individuell und zeigt keine Spuren einer geschlechtsspezifischen Spezialisierung
In allen bekannten Gruppen der Primitiven, ist die Jagd in der Regel Sache der Männer, das Sammeln Aufgabe der Frauen. Diese Spezialisierung scheint auf physiologischen Eigenschaften zu basieren. Die stärker ausgeprägte Aggressivität der Männer und die eingeschränkte Mobilität der Frauen durch das langsame Heranwachsen der Kinder.



Damit die primitive Gruppe überleben kann, ist sie auf der engstmöglichen Basis aufgebaut, die dem Überleben dienende Symbiose ist auf das Paar beschränkt.
In jeder Gruppenart ist der Austausch von Lebensmitteln, Gegenständen und Rohstoffen, wie auch Leistungen eine Voraussetzung für das Funktionieren der Gruppe.
Bei allen Arten ist zum Überleben eine symbiotische Organisation einer hinreichend großen Anzahl von Individuen erforderlich. Sei es in vielen zusammenhängenden Gruppen ( bei den Arten, die über eine reiche Nahrungsgrundlage verfügen) oder sei es in der Form von Individuen, die sich auf benachbarte Territorien verteilen ( Arten mit spärlichen Nahrungsressourcen ).



Gegen Ende des Paläolithikums kommt es bei den um das Mittelmeer angesiedelten Gesellschaften zu einer radikalen Wende auf techno – ökonomischem Gebiet.
Zwischen 8000 und 500 vor unserer Zeit bilden sich Strukturen heraus, die auf Landwirtschaft und Viehzucht basieren.
Der Übergang von der primitiven Ökonomie der Sammler von wildem Getreide und der Jäger von Wildziegen zur Ökonomie der Getreideanbauern und Ziegenhirten.



Es bestehen bereits echte Dörfer und eine Organisation, die das Vieh in Kontakt mit dem festen Wohngebiet hält (zumindest periodisch). Daher kann man für den größten Teil des Jahres eine Sesshaftigkeit annehmen.
Die Sesshaftigkeit liegt jedoch erst in dem Augenblick vor, wenn das Vorhandensein des Nahrungsmittel – Reservoirs gesichert ist.
Die Folgen der bäuerlichen Sesshaftigkeit bestehen in der Bildung menschlicher Gruppen, die mehrere Dutzend Individuen zählen, um Nahrungsmittelreservoirs versammelt sind und sich gegen die natürliche Umwelt durch einen Verteidigungsapparat schützen. (Schutzbauten, Wällen, etc.)



Der Übergang zum Zeitalter der Metalle fällt mit der Entwicklung der Zivilisation zusammen. (Neolithikum)
Die Zivilisation kennzeichnet sich durch ein funktionelles Schema aus. Dieses Schema entspricht einer Gruppe von Dörfern, die sich organisch an ein Ballungsgebiet anschließen, welchem so die Rolle eines Hauptortes zukommt.
Die Zivilisation stützt sich auf den Handwerker. Durch das Auftreten des Handwerkers kam es zu der technischen Revolution. Seine Funktion innerhalb der Stadt nimmt unter den fundamentalen Funktionen eine Stelle ein, die noch mit der geringsten Ehre verbunden ist, verglichen mit der `Heiligkeit` des Priesters oder mit dem Ansehen des Redners.
Die Sesshaftigkeit führt zur Bildung hierarchisierter Gesellschaften und zur
Konzentration der Reichtümer.
Das Funktionsschema der Zivilisation ist folgendermaßen zusammengesetzt:
Oberhaupt, Hauptstadt, Kapital, Handwerker, bäuerliche Produzenten.



Ein Verteidigungsgürtel schließt sich um die Getreidevorräte und den Schatz.
Die Handwerker befinden sich im Inneren des städtischen Gebildes und sind tätig als
Waffenhersteller, Goldschmied; in zweiter Linie als Produzent von Werkzeugen.
Es folgt die Entstehung des Geldes und die Entwicklung in Richtung
einer Übersesshaftigkeit, welche die Folge der Herausbildung eines Kapitalismus mit sich
trägt. Der Kapitalismus ist wiederum die Konsequenz aus der Unbeweglichkeit im
Bereich der Getreidevorräte. Die Unbeweglichkeit führt zur Herausbildung eines
Verteidigungssystems, das ganz unvermeidlich eine soziale Hierarchisierung mit sich
bringt.

Die Entwicklung der ersten Städte fällt nicht nur mit der Erscheinung der Techniker
des Feuers zusammen, sondern auch mit der zeitgleichen Entstehung der Schrift und
der Metallurgie.

Mit der Schrift haben sich die agrarischen Gesellschaften ein symbolisches Ausdrucks-
Mittel geschaffen, das ihren Bedürfnissen entsprach.
Auch Instrumente des Zählens und Rechnens entstanden.

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