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Zenonsche Paradoxien

Materialseite.
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mirror.
quelle: http://schulen.eduhi.at/mam/wolfgang/4hak/zenon.htm




 




"Einst begegnete Achilles einer Schildkröte, deren Geist flinker war als ihre Beine. Sie forderte den athletischen Helden zum Wettlauf heraus, und er willigte belustigt ein. Die Schildkröte bat allerdings wegen ihrer sprichwörtlichen Langsamkeit um einen Startvorsprung. Den räumte Achilles ihr großzüig ein, und sie begann eifrig davonzukriechen; er aber ließ sich viel Zeit, schnürte seine Sandalen fester und lief ihr endlich nach. In kürzester Zeit überwand er die Entfernung, die ihn beim Start von derSchildkröte getrennt hatte. Zwar war auch das Tier unterdessen einkleines Stück weitergekommen, doch diesen geringen Abstand legte Achilles noch rascher zurück. Allerdings war die Schildkröte auch in dieser Spanne ein wenig vorangerückt, und während Achilles den neuenVorsprung einholte, war sie wiederum ein kleines Stückchen weiter. Mit einem Wort: Gleichgültig, wie schnell Achilles rannte, immer blieb die Schildkröte vorn – und so vermochte der berühmte Läufer das schwerfällige Reptil niemals zu überholen."

Diese Fabel von Achilles und der Schildkröte illustriert eine von 3 'Zenonschen Paradoxien'. Zenon (um 490 bis 430 v.Chr.) wollte die philosophischen Ideen seines Lehrmeisters Parmenides verteidigen, der, so schildert es Platon in seinem komplizierten Dialog 'Parmenides', der in den Schriften von Platons Schüler Aristoteles überliefert ist, behauptete, "das Seiende (die Wirklichkeit) sei eine ganzheitliche, unveränderliche, einheitliche Wesenheit." Die Welt sei gleichsam lückenlos und aus einem Stück. Insbesondere sei 'Bewegung' unmöglich.

Seit ca. 2500 Jahren bieten die Zenonschen Paradoxien Stoff für Debatten und Analysen. Erst heute ermöglicht eine neuartige, kaum 20 Jahre alte Formulierung der Differential- und Integralrechnung die Lösung der Zenonschen Paradoxien – behaupten jedenfalls William I. McLaughlin und Sylvia L. Miller. Aber zunächst zu den 3 Paradoxien. Oft werden sie nicht korrekt geschildert, d.h. die Argumente von Zenon treten nicht klar genug hervor.

"Die Fabel von Achilles und der Schildkröte illustriert (als erste von 3 Paradoxien) die sogenannte Dichotomie: Jede Entfernung, die ein bewegtes Objekt zurückzulegen hat, läßt sich durch fortgesetztes Halbieren (1/2, 1/4, 1/8 usw.) in unendlich viele Teilabstände zerlegen, wobei immer ein Abstand übrigbleibt, der noch zu überwinden ist. Darum behauptete Zenon, keine Bewegung lasse sich je vollständig ausführen, weil stets noch ein Wegstück fehle, wie klein es auch immer sei. (Es ist wichtig festzuhalten, daß er nicht sagte, unendlich viele Strecken könnten nicht zu einer endlichen Entfernung aufsummiert werden (ein Blick auf die Geometrie einer unendlich fein zerteilten Linie zeigt unmittelbar, ohne spitzfindige Berechnungen, daß eine unendliche Anzahl von Stücken ein endliches Intervall ergibt). Vielmehr zielt Zenons Einwand auf die Schwierigkeit, eine unendliche Anzahl von Einzelaktionen - das Durchqueren immer kleinerer Intervalle - hintereinander vollständig auszuführen.)

Einen zweiten Angriff auf die begrifflichen Grundlagen der Bewegung unternahm Zenon, indem er die erste Beweisführung gewissermaßen andersherum betrachtete. Dieses Paradoxon lautet so: Bevor ein Gegenstand – etwa ein Pfeil – die Hälfte seiner Flugbahn zurücklegen kann (das wurde im vorigen Falle immerhin zugestanden), muß er erst ein Viertel des Gesamtweges durchqueren. Wie beim ersten Einwand läßt sich diese Überlegung beliebig oft wiederholen und ergibt eine unendliche Regression – womit gezeigt wäre, daß eine Bewegung nicht nur nicht vollendet, sondern nicht einmal begonnen werden kann.

Zenons drittes Paradoxon verläuft ganz anders. Es behauptet, schon der Begriff 'Bewegung' sei inhaltsleer. Der Denker lädt uns ein, den Pfeil in einem beliebigen Moment während des Fluges zu beobachten. Zu diesem Zeitpunkt erfüllt der Pfeil ein Raumgebiet, das so lang ist, wie er selbst; dabei ist keinerlei Bewegung zu bemerken. Weil diese Beobachtung in jedem Moment wahr ist, kann der Pfeil niemals in Bewegung sein. Dieser Einwand ('Der fliegende Pfeil steht!') hat sich historisch für Zenons Widersacher als der unbequemste erwiesen.

Weiter: Internal Set Theory (Interne Mengenlehre)




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