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Maesurement

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Prof. Dr. Frese, Whitehead, Process and Reality IV. Buch V. Kapitel
Maesurement
SS 2001
Referent: Gerhard Gillhoff

Römische Zahlen geben die Sektion des fünften Kapitels an, arabische die
Absätze.

I,1 Zeitschnitt / duration wird als Grenze zwischen Vergangenheit und
Zukunft oder als Gleichzeitigkeit definiert.
I,2 Kein Ereignis kann zugleich in der Vergangenheit und Zukunft eines
Zeitschnitts sein.
Jede Folge von Ereignissen im Zeitverlauf mit Ereignissen aus der
Vergangenheit und Zukunft eines Zeitschnitts muß auch Ereignisse des
Zeitschnitts selbst enthalten.
I,3 Der Ort im Entwicklungsstrang strain-locus hängt vollständig von
seinen geometrischen Elementen ab: Dazu gehören
1. Die Punktmenge innerhalb des Volumens, das zum regionalen Standpunkt
eines Erfahrungsereignisses (erfahrenden Ereignisses) gehört.
2. Die Menge von Geraden, die durch alle Paare dieser Punkte definiert
werden. Diese Geraden bilden die Menge der Projektoren / projectors. Das
vollständige Gebiet, das durchdrungen wird, ist der strain-locus. Er wird
begrenzt
3. von zwei dreidimensionalen Hyperflächen. Untergeordnete Gebiete
können durch bestimmte Projektoren definiert werden. Sie werden als
Brennpunkt-Gebiete / focal regions bezeichnet.

I,4 Whiteheads Rede von der gegenwärtigen kosmologischen Epoche / present
epoch verstehe ich wie Spinozas Rede von den Attributen der einen Substanz
Gottes oder der Natur, von denen uns nur zwei ,Ausdehnung und Denken,
zugänglich sind. In beiden Fällen handelt es sich meiner Meinung nach um den
Versuch, eine Grenze von innen zu bestimmen, wie es für Mathematiker
alltäglich ist: So kann man sich der 1 ausgehend von ½ beliebig nähern,
indem man n in der Formel n/n+1 beliebig wachsen läßt, ohne die Grenze
jemals zu erreichen.

Hier sagt Whitehead nun für unsere Epoche, daß strain-loci uns als
wesentliche Bestandteile aller unserer Wahrnehmungen in der Weise
vergegenwärtigender Unmittelbarkeit begegnen. Für jeden Wahrnehmenden gibt
es nur einen Ort im Entwicklungsstrang.
I, 5 Bis hier hat Whitehead seine Theorie von duration und strain-loci
wiederholt. Er hebt die offensichtliche Disparatheit hervor: Aus diesen
Definitionen ist kein Grund ableitbar für ihre enge Verbindung. Es ist
lediglich eine empirische Tatsache, daß wir die vergegenwärtigte Welt immer
so interpretieren, als bestehe sie in einem Zeitschnitt. So nehmen wir die
gleichzeitige Welt über die Sinne wahr. Wenn die Divergenz zwischen
Zeitschnitt und Ort im Entwicklungsstrang für die bewußte Wahrnehmung
irrelevant sein kann, muß das für die wissenschaftliche Theorie keineswegs
gelten.
II,1 Wer Sinnesgegenstände als 'sekundäre Qualitäten' bezeichnet, trennt
grundsätzlich zwischen duration und strain-locus. Ein Ort im
Entwicklungsstrang ist vollständig durch den Wahrnehmenden bestimmt, es ist
sein Standpunkt. Die zugehörigen Projektoren sind Nexus, deren geometrische
Relationen Formen sind, die Bestandteile einer Empfindungs-Folge mit diesen
Nexus als Daten sind. D. h. geometrische räumliche Ordnung gehört zu den
Basisdaten jeder sinnlichen Empfindung. Jedes sensum (basic physical
feeling) wird mit den zugehörigen Projektoren auf eine äußere
Brennpunkt-Region projiziert.

II,2 Whitehead hebt hervor, daß seine Lehre von Unmittelbarkeit
gegenwärtiger Sinneswahrnehmung / presentational immediacy und vom Ort im
Entwicklungsstrang / strain-locus ganz auf seiner Definition gerader Linien
aus bloßer Ausgedehntheit beruht.

Überraschenderweise behauptet Whitehead nun, daß der Zustand des Gehirns und
seine systematischen geometrischen Relationen voll und ganz die Projektion
von Sinnesgegenständen in der vergegenwärtigenden Unmittelbarkeit bestimmen.
Dabei ist gleichgültig, ob das Gehirn über Auge, Ohr , Alkohol oder Hysterie
erregt wird, der Wahrnehmende wird ein bestimmtes gleichzeitiges Gebiet mit
den projizierten Sinnesgegenständen wahrnehmen. Gleichzeitige Wirklichkeiten
in der Umgebung sind völlig gleichgültig (Übersetzungsfehler: cannot be
exaggerated = kann nicht übertrieben werden, nicht : darf n. ü. w. ) So
gesehen könnte das Gehirn seine innersystemischen auch geometrisch
bestimmten Spiele treiben, ohne daß wir über Auge und Ohr Verbindung zur
Wirklichkeit um uns hätten. Als Glücksfall beschreibt Whitehead, daß wir als
Erfahrende und die gleichzeitige Wirklichkeit der Umgebung von einer g e m
e i n s a m e n Vergangenheit abhängen. Nur deshalb kann die
vergegenwärtigende Unmittelbarkeit uns die reale Ausgedehntheit der
gleichzeitigen Welt vermitteln. Ich denke, daß Whitehead sich die Annäherung
an den Zeitschnitt wie eine epsilon-Umgebung vorstellt. Das durchgängige
(zeitlich-räumliche) extensive System enthält und transzendiert den
Erfahrenden.
Könnten gerade Linien nur durch Messung definiert werden, z. B. als kürzeste
Verbindung zweier Punkte, bliebe die geometrische Theorie von physikalischen
Tatsachen abhängig. Es besteht aber eine logische Priorität für die
Definition gerader Linien. Ich könnte sonst den Maßstab nicht eichen. Er
selbst muß gerade sein, um die kürzeste Entfernung von allen anderen
unterscheiden zu können.
II,3 Die Lehre, von der der Common Sense ausgeht, faßt Whitehead so
zusammen: Vergegenwärtigende Unmittelbarkeit ist die Wahrnehmungsweise, in
der lebhafte Empfindungen von gleichzeitigen geometrischen Relationen in die
Erfahrung eingehen, und zwar mit besonderer Betonung von
Brennpunkt-Gebieten. Beispiel: Sehen wir eine farbige Gestalt, so ist sie
jedenfalls d a , gleichgültig ob als realer Mensch, Gespenst, Spiegelbild
oder Halluzination, und zwar in einem bestimmten Gebiet des äußeren Raums.
Für die Philosophie, sagt Whitehead, ist es von größter Bedeutung, sich vor
den interpretatorischen Unklarheiten der Sprache zu hüten!
Was sehen wir wirklich, wenn wir einen tausend Lichtjahre entfernten
Spiralnebel beobachten? Tausend Jahre zurück? Die Vergrößerungskraft des
Teleskops? Den kleineren Lichtfleck, den wir durch das Instrument vergrößert
haben?
Tatsächlich sehen wir den vergößerten Lichtfleck, und wissenschaftliche
Berechnung eliminiert später die instrumentelle Vermittlung.
Behauptungen über sog. Direkte Beobachtung sind also durch und durch
Interpretationen einfacher direkter Erfahrung.
Whitehead stützt mit seiner Theorie der geraden Linien Descartes
Beschreibung unserer Erfahrung als 'inspectio' der 'realitas objectiva' und
zusätzlich als 'juducium', das die Totalität unserer Erfahrung ins Spiel
bringt.
III,1 Diese Cartesische Lehre wird durch die moderne Lehre von privaten
psychologischen Feldern voll geleugnet. diese Lehre imliziert große
Interpretationsschwierigkeiten für die modernen Wissenschaften.
Descartes und Locke interpretieren die physikalische Welt als wesentlich
verschieden und unabhängig von der geistigen, lassen aber schlecht
definierte akzidentelle Beziehungen zueinander zu.
Descartes betrachtet res extensa und res cogitans als Substanzen. Für die
philosophy of organism sind physische und geistige Operationen wie
Zwillinge verbunden (vgl. Spinoza: beide sind bei ihm Attribute zu der einen
Substanz Deus sive Natura). Descartes und Locke geben die ralitas objectiva
für Sinnesgegenstände auf. Wenn Descartes den Farben trotzdem notwendige
Wahrheit zuschreibt, hält Whitehead das für einen unmöglichen Kompromiß, den
Berkeley und Hume mühelos beiseite fegen konnten.
III,2 Alle exakte Beobachtung und Messung findet nach der modernen Theorie
im privaten psychologischen Feld statt. Die 'impressions' sollen im Inneren
des Beobachters 'aus unbekannten Ursachen' entstehen und nur durch
Gewohnheit miteinander verknüpft sein.
III,3 Diese Hume'sche Darstellung der Erfahrung hält philosophy of organism
für 'unduely simplified' / unangemessen vereinfacht.
III,4 Folgerungen: Alle exakte Messung ist Wahrnehmung in
vergegenwärtigender Unmittelbarkeit. Solche Messungen betreffen nicht die
irrelevante gleichzeitige Wirklichkeit der Umgebung, sondern allein die
systematischen geometrischen Formen der Umgebung. Alle wissenschaftlichen
Messungen betreffen nur die systematische reale Potentialität, aus der die
Wirklichkeiten hervorgehen. Daher hat es die Physik einzig mit den
mathematischen Relationen in der Welt zu tun.
III,5 Diese mathematischen Relationen gehören zu der systematischen Ordnung
der Ausgedehntheit, die unsere kosmische Epoche bestimmen. Sie gehören
zugleich zur wahrgenommenen Welt wie zur Natur des Wahrnehmenden (z. B. zu
seinem Gehirn). Sie sind öffentliche Tatsachen u n d private Erfahrung.
III,6 Dieser mit mathematischen Relationen objektivierten Welt fehlen alle
Elemente der subjektiven Form wie emotionale, genießende oder zwecksetzende.
Insofern ist sie dürftig.
III,7 Andererseits ist von überwältigender Signifikanz, daß diese
Wahrnehmungsweise d e n Komplex systematischer mathematischer Relationen
enthüllt, der an allen Nexus unserer kosmischen Epoche teilhat. (Ebenso
beurteilt Hermann Schmitz das Verhältnis von subjektiven und objektiven
Tatsachen)
III,8 Diese Enthüllung des elementaren Systems macht intellektuelles
Begreifen des Universums möglich. Die systematische Rahmenkonstruktion
durchdringt alle relevanten Tatsachen. Sie ist der Bezugsrahmen für alle
unterschiedlichen, vielfältigen, unsteten, vergänglichen Einzelheiten in
einer überreichen Welt. Farben z. B. unterscheiden sich voneinander und von
Tönen und die wieder von dem rhythmischen Pulsschlag von Gefühlen oder
Schmerz, aber alle sind gleicherweise periodisch und haben räumliche
Beziehungen und Wellenlängen.
Die Entdeckung der wahren Relevanz der mathematischen Relationen, die in der
vergegenwärtigenden Unmittelbarkeit stecken, war der erste Schritt zur
intellektuellen Eroberung der Natur, die Geburt der exakten Wissenschaft.
Ohne diese mathematische Rahmenkonstruktion wäre die Wissenschaft ein von
einem Idioten erzähltes und von Verrückten geglaubtes Märchen.
Abschließend gibt Whitehead ein Beispiel dafür: Die Rotation unserer Galaxie
und die eines Kinderkreisels sind darstellbar und vergleichbar nur mit
diesem mathematischen Bezugsrahmen.

IV,1 Messen hängt von Zählen und Standhalten in der Zeit gegen Veränderung
ab. Ein Maßstab ist nur brauchbar, wenn er in seinen inneren Relationen und
in seiner externen Relation zur Geometrie der Welt beständig ist. Erste
Anforderung ist die Geradheit, daher hängt Messen von Geradheit ab, nicht
umgekehrt. Infinitesimale sind seit Weierstraß 'lediglich verkleidete
Behauptungen über eine Klasse von Finiten', nämlich epsilon-Umgebungen.
Messen kann daher kein Vergleich zwischen Infinitesimalen sein.
IV,2 Das Metermaß selbst wird an Geradheit angenähert. Ohne feste Bedeutung
von Geradheit ist eine Unterscheidung verschiedener gekrümmter Segmente
zwischen zwei Endpunkten nicht möglich.
IV,3 Gezählt werden kongruente nebeneinanderliegende Zentimeter, nie
koinzidente Zentimeter.
IV,4 Whitehead weist die Vorstellung zurück, Kongruenz sei die Möglichkeit
von Koinzidenz. Koinzident können die Zentimeter eines Maßstabs erst nach
seiner Zerstörung werden.
IV,5 Läßt sich Koinzidenz als Test für Kongruenz einsetzen? Das Verfahren
überträgt die Koinzidenz eines Maßstabs mit einem Körper auf einen anderen
(oder analoge Verfahren mit Wellenlängen)
IV,6 Es ist evident, daß alle solche Prüfungen von einer direkten Intuition
von Beständigkeit abhängen, einer Beständigkeit in Bezug auf Kongruenz für
die benutzten Instrumente. Es wird z. B. angenommen, daß der Maßstab
kongruent zu seinem Zustand bei der vorigen Messung ist. Verlangt wird
Selbst-Kongruenz. Das würde einen neuen Test erfordern und so ad infinitum.
Wir sind also auf direkte Urteile angewiesen.
IV,7 Soweit wir das Testen und Korrigieren der Meßinstrumente auch treiben,
letztlich bleiben wir auf die Intuition angewiesen, daß die relevanten
Umstände Bestand haben, unverändert sind, letztlich also auf einen Anschein.
Dieser Anschein ist immer eine Wahrnehmung von der Art einer
vergegenwärtigenden Unmittelbarkeit. Bliebe sie privat, dann beträfen
wissenschaftliche Messungen nur die private Psychologie des Beobachters.
IV,8 Das ist ein offener Widerspruch zur gemeinsamen Erfahrung der
Kommunikation zwischen realen Wirklichkeiten in einer öffentlichen Welt, die
der letzte Maßstab aller Wissenschaft und Philosophie ist. Die Theorie der
Privatheit ist damit ad absurdum geführt. Wissenschaft ist entweder
systematische Theorie, die Beobachtungen in einer gemeinsamen Welt
verknüpft, oder sie ist der Tagtraum eines einsamen Gehirns mit einer
Vorliebe für Veröffentlichung. Philosophie kann nicht zwischen beiden
Standpunkten hin und her springen.
V,1 Um die Bedeutung von Kongruenz als Relation zweier Elemente im
strain-locus zu untersuchen, beschränkt Whitehead sich auf zwei Segmente
gerader Linien.
V,2 Ein strain-locus wird allein durch Projektoren, die jedes endliche
Gebiet darin durchdringen, definiert. Die Definition stützt sich auf die
systematische Gleichförmigkeit der Geometrie eines Ortes im
Entwicklungsstrang.
V,3 Geraden haben vier relevante Eigenschaften:
1. ihre Vollständigkeit
2. die Tatsache, daß sie Punkte enthalten
3. ihre eindeutige Definition durch jedes Paar von enthaltenen Punkten
4. die Möglichkeit, sich wechselseitig in e i n e m e i n z e l n e
n Punkt zu schneiden. ( 3. und 4. gelten z. B. nicht für Großkreise auf
einer Kugel.)
Die Axiome, die die geometrische Theorie begründen, dürfen sich nicht auf
Länge und Kongruenz beziehen, weil diese Begriffe für die Messung aus der
Theorie abgeleitet werden sollen. Die Theorie darf sich nur auf das sich
Schneiden von Geraden und den Einschluß oder Ausschluß von Schnittpunkten
beziehen.
V,4 Whitehead greift nun drei Axiomensysteme heraus, die sich durch
Einfachheit und Übereinstimmung mit beobachteten Tatsachen auszeichnen.
(Gauß vermißt große Dreiecke zwischen drei trigonometrischen Punkten in der
Nähe Göttingens, um zu prüfen, ob für uns die euklidische Geometrie gilt,
die Winkelsumme also 180° ist.). Diese Übereinstimmung ist das Kriterium für
konkurrierende Theorien. Die drei Axiomensysteme sind die der elliptischen,
der euklidischen und der hyperbolischen Geometrie.
V,5 Um den wichtigsten Unterscheidungspunkt herauszuarbeiten, gibt
Whitehead zunächst eine Definition der Ebene, die in allen dreien gilt.
A,B,C seien drei nicht kolineare Punkte. AB, BC und CA definieren die drei
vollständigen Geraden, die die bezeichnenden Punkte jeweils enthalten.
Alle Geraden, die jeweils zwei verschiedene Punkte zweier Geraden schneiden,
enthalten alle Punkte einer Ebene, die so durch das vorgegebene Dreieck
aufgespannt wird. Die Eckpunkte müssen ausgespart werden, weil durch sie
alle übrigen Ebenen aufgespannt werde könnten, z. B. die senkrecht
stehenden.
V,6 Eine Ebene ist also der Ort aller Punkte, die einer so bestimmten
Familie von Geraden incident sind. Jede Gerade, die durch zwei Punkte der
Ebene geht, ist dieser Ebene vollständig incident. Ebenso folgt, daß eine
Gerade l und ein nicht kolinearer Punkt koplanar sind.
V,7 Die Unterscheidung der drei Geometrien bedient sich eines Punktes P,
einer Geraden l und einer Ebene Pi, in der P und l koplanar sind. Stellt man
sich alle Geraden in der Ebene vor, die P enthalten, dann schneiden
  • in der elliptischen Geometrie alle Geraden l
  • in der euklidischen Geometrie gibt es eine einzige Ausnahme: die
Parallele zu l
  • in der hyperbolischen Geometrie schneiden aus einer Klasse von
Geraden alle aus der anderen keine l.
Die euklidische Geometrie stellt den einfachsten Fall dar. In ihr sind
gegenüberliegende Seiten von Parallelogrammen gleich, d. h. sie sind
kongruent. Durch Drehung und Parallelverschiebung ist Kongruenz zwischen
zwei Segmenten von Geraden in jedem Fall überprüfbar. Also ist exakte
Messung möglich.
V,8 Daraus erklärt Whitehead das allgemeine Prinzip, das dem Begriff der
Kongruenz zugrunde liegt: Zwei Segmente sind kongruent, wenn zwischen ihren
Funktionen (gegenüberliegende Seiten) in einem systematischen Muster von
Geraden (Parallelogramm), das beide enthält, eine bestimmte Entsprechung (es
handelt sich um parallele Segmente zwischen Parallelen) besteht.
V,9 Damit ist Messung überall im extensiven Kontinuum möglich. Grundlage für
exakte Messung in einer Welt, in der die euklidische Geometrie gilt, ist
also, daß es zu einer gegebenen Geraden l und einem nicht kolinearen Punkt P
nur e i n e Parallele gibt. Nur deshalb ist punktgenaue Kongruenz
darstellbar, so sehr materielle Maßstäbe auch immer auf mehr oder weniger
angenäherte Geradheit und Konstanz angewiesen bleiben. Das Urmeter in Paris
als zehnmillionster Teil des Erdquadranten läßt sicher zu wünschen übrig.
VI,1 Nach Einstein werden Feldlinien zwischen zwei beliebigen Punkten im
raum-zeitlichen Kontinuum betrachtet, und die physikalischen Eigenschaften
des Feldes versucht man als Integral entlang der Linie auszudrücken.
VI,2 Die Bezeichnung eines infinitesimalen Elements dieses Integrals als
eines Elements der Distanz hält Whitehead für ganz und gar irreführend. Der
Fehler schreibe sich von Aristoteles und Kant her, von denen der erste
Quantität als Kategorie ansah und nicht zwischen extensiver und intensiver
Quantität unterschied, während Kant zwar unterschied, aber beide als
kategoriale Begriffe betrachtete. Whitehead sieht extensive Quantität mit
Cayley und v. Staudt als Konstrukt. Er möchte den Ausdruck 'Abstand'
zwischen zwei Punkten durch den Ausdruck 'Impetus' (von einem Punkt zum
anderen) in seiner physikalischen Bedeutung ersetzen.
VI,3 Whitehead hat nichts gegen die technische Behandlung grundlegender
physikalischer Gesetze in Gestalt eines differenzialgeometrischen Problems
einzuwenden.
Die ganze Theorie des physikalischen Feldes ist systematische Geometrie als
Kette und individuelle Besonderheiten wirklicher Ereignisse als Schuß.
VI,4 Zusammenfassung in sieben Thesen (S. 333 englisch, S. 600 deutsch)

Whitehead hat die hier entwickelten mathematischen Grundlagen des Messens
mit vielfach identischen Formulierungen auch im 16. (Geometrie) und 17.
(Größen) Kapitel seiner 'Einführung in die Mathematik' dargelegt.

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