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anwesend - abwesend.



Autor: Karen Scholz
anwesend – abwesend

Was mich an Kommunikation interessiert, ist ihre Möglichkeit, Erkenntnisse zu gewinnen: über mich selbst, über mein Gegenüber, über das Mensch-Sein ansich - in Lange Jahre bewegte ich mich - neben dem Leben im direkten Gegenüber-Sein - in intensiven Korrespondenzen. Halb versteckt, gelang es mir so, mit unterschiedlichen Facetten meines Seins auf sehr vergnügliche Weise zu spielen - oftmals eine Gratwanderung zwischen Wahrheit und Inszenierung, zugleich wahrer und imaginärer als das "wirkliche Leben". Dabei war die Zeit des Schreibens immer eine dem Leben entrückte - wie eine Ausstülpung aus dem Alltag, aber immer doch auf ihn bezogen, häufig getragen von Sehnsucht oder auch dem Wunsch, auf eine bestimmte vorgestellte Weise zu sein.

Mit Hans-Christian Dany habe ich z. B. über eine ganze Weile die verschiedenen Formen des Briefeschreibens erprobt. Wir kannten uns eigentlich nicht, wussten wenig bis nichts voneinander - eine wunderbare Voraussetzung, unbelastet von "persönlicher Beziehung", auszuprobieren was sich z. B. im Schreiben verändert, wenn wir mit der Hand schreiben oder mit der Maschine (das war noch in der "Vorcomputer-Ära"), was das Fax mit unserem Schreibwechsel macht oder ein Nachmittag auf der Wiese mit zwei Reiseschreibmaschinen an einem Tisch gegenüber (Schreiben in Anwesenheit des Empfängers).

Dies liegt jetzt mehr als 10 Jahre zurück und diese Art des Austauschs ist in meinem Leben langsam in den Hintergrund getreten. Da sich mein Berufsalltag heute zum grössten Teil am Computer vollzieht, hat auch das e-mailen als Nachfolger des Briefeschreibens für mich keine vergleichbar große Bedeutung mehr erlangt - es zieht mich nach der Arbeit einfach immer wieder vom Bildschirm weg ins Gespräch (oder in den Garten).

Heute liegt für mich der größte Reiz darin, den Moment zu erfassen, mich dem jeweiligen Gegenüber so weit wie möglich zu öffnen, mich nicht mehr zu verstecken - eine Gratwanderung auch dies, zwischen Authentizität und der Angst peinlich zu sein. Dabei tritt die Sprache als Medium mehr und mehr in den Hintergrund: wieviel Wahrheit finde ich z. B. in einem Blick, in einer Geste oder in der Stille. An dieser Stelle beginnt meine visavis-Affaire.


Karen Scholz
seit 1959 in Zwischenräumen unterwegs – Menschen, Orte, Berufe
Psychologie-Studium (Bremen)
Obdachlosenarbeit (Bremen/Köln)
Studium Visuelle Kommunikation (Köln/Hamburg)
therapeutische Ausbildungen (Westerwald/Freiburg/Köln)
im letzten Jahr Gastprofessur (Typografie) an der HFBK Hamburg
selbständig als Gestalterin und Beraterin









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